Corona-Symptome Covid-19: Die Haut schlägt Alarm
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24. März 2021, 19:10 Uhr
Weisen Veränderungen auf der Haut auf Covid-19 hin? Zu Beginn der Pandemie hatten vereinzelt Studien mit einer sehr kleinen Datenmenge Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von ungewöhnlichen Hautveränderungen und einer Covid-19-Infektion angedeutet. Ein britisches Forschungsteam zeigt jetzt: 17 Prozent der infizierten Menschen berichteten von Hautveränderungen als erstem Symptom, und 21 Prozent sogar als einzigem sichtbaren Hinweis auf die Infektion.
Britische Forscher sind nicht die ersten, die auf einen Zusammenhang zwischen einer Sars-CoV-2-Infektion und Veränderungen an der Haut hinweisen. Aber das Forschungsteam des King's College in London ist das erste, das in großem Umfang Daten und Fotos ausgewertet hat, die einen Zusammenhang zwischen krankhaften Veränderungen am größten menschlichen Organ und dem neuartigen Coronavirus aufzeigen. Anhand der Daten und Fotos, die nun ausgewertet wurden, sagt Studienhauptautor Mario Falchi: "Die Hautsymptome zu erkennen, könnte helfen, die weitere Ausbreitung zu minimieren. Indem man sich also nicht nur auf die Identifizierung der 'Kernsymptome' verlässt." Die Forscher haben dazu in Großbritannien eine spezielle App benutzt, über die Nutzer eigene Fotos hochgeladen haben.
Rückblick: Die Haut hatte man 2020 im Blick
In China waren 2020 erstmals Hautveränderungen im Zusammenhang mit Covid-19 aufgefallen, genau wie in Italien. Allerdings steckte da die Covid-19-Forschung noch komplett in den Kinderschuhen, die Studien operierten mit wenigen Fällen und Daten. In Europa schlugen die Dermatologenverbände erst in Frankreich, im April, und im Mai in Spanien Alarm. Die Spanische Akademie für Dermatologie und Venerologie (AEDV) veröffentlichte ihre Studie "COVID-Skin" zunächst mit einem kleinen Katalog mit Bildern, der die fünf häufigsten beobachteten Hautveränderungen zeigte.
Großbritanniens Forschung wartet jetzt mit einem ganzen Katalog an Bildern auf, die Hautveränderungen im Zusammenhang mit Covid-19 zeigen (Hier kann man sich sich die Bilder ansehen). Grundlage dafür waren zum einen Daten und Fotos, die mit der App "Covid Symptom Study" im Vereinigten Königreich gesammelt worden waren. Die App ermittelte anfänglich nur Daten über Alter, Geschlecht, Ethnie, Angaben zu Gesundheitsfaktoren wie Gewicht, Größe, chronischen Krankheiten oder auch Medikamentennutzung. Ab Mai 2020 wurden auch Daten zum täglichen Gesundheitszustand erfragt – neben den damals bereits bekannten Covid-19-Anzeichen auch Hinweise auf Hautveränderungen: Hauterhöhungen, juckende Quaddeln oder Schwellungen im Gesicht, an den Lippen oder anderswo am Körper; genau wie rote/violette Wunden oder Blasen an den Füßen oder Zehen.
Die Datengrundlage der Forschung
Von 336.847 Menschen meldeten zwischen 7. Mai und 22. Juni 2020 per App insgesamt 6.403 auffällige Symptome auf der Haut. Zusätzlich erhielten die Forscher aus einer Online-Umfrage Umfrage mit 11.544 Menschen noch 2.328 Bilder mit Hautveränderungen. Diese wurden von Expertinnen und Experten des britischen Dermatologie-Verbandes systematisch ausgewertet.
Corona und die Haut – Ergebnisse aus App und Online-Umfrage
Die Daten der App zeigten: Von Menschen mit Covid-Symptomen, die einen positiven Viren-Abstrich gemacht hatten, schilderten 8,8 Prozent Hautschädigungen und 5,4 Prozent der Menschen mit negativem Abstrich. Bei den Menschen aus der Online-Umfrage meldeten 17 Prozent der positiv Getesteten Hautsymptome, bevor "klassische" Covid-Symptome auftraten und bei 21 Prozent der Positiv-Getesteten waren Hautveränderungen die einzigen Symptome. Pustelausschläge wurden mit 41 Prozent am häufigsten gemeldet, gefolgt von Nesselsucht – 30 Prozent der Meldungen – und 23 Prozent Meldungen von Hautschäden an Händen oder Füßen.
Die Haut als Indikator unterschätzt – ja oder nein?
"Als die medizinische Gemeinschaft während der ersten Welle von den verschiedenen Manifestationen von SARS-CoV-2 erfuhr, wurden Berichte über die Bedeutung von Hautausschlägen verzögert. Im Gegensatz zu anderen klinischen Anzeichen wie Fieber halten die Hautveränderungen länger an und können von Patienten leicht erkannt werden", schreibt Mario Falchi in einer Email an MDR WISSEN.
Die Haut wurde als Indikator für eine Infektion unterschätzt.
Der britische Forscher sagt deshalb, vor allem das medizinische Fachpersonal und die Öffentlichkeit sollte man für diese potenziellen frühen Anzeichen sensibilisieren.
Jenaer Spezialist: "Sehr interessante Studie"
Und wie reagiert die Wissenschaft in Deutschland auf die britische Untersuchung? "Eine sehr interessante Studie", schreibt Professor Peter Elsner, Dermatologe an der Universität Jena auf Anfrage von MDR WISSEN.
Sie unterstützt die Vermutung, dass sich die Covid-19-Erkrankung in einem Teil der Fälle zuerst und ausschließlich an der Haut zeigen kann.
Allerdings hat sie aus Sicht des Jenaer Spezialisten methodisch einen Haken: "Bei den Fotos von App-Nutzern konnte die Validität nicht überprüft werden." Darauf weisen die Forscher in ihrer Arbeit ebenfalls selbst hin. Aber wie ist der Erkenntnisgewinn aus der Studie an sich nun einzuordnen: Ist die Haut, obwohl sie ja unser größtes Organ ist, am Ende nicht mehr als ein nebensächlicher, "kleiner" Covid-19-Anzeiger?
Die Covid-19-Erkrankung ist eine Multisystemerkrankung. Dabei steht bezüglich des möglicherweise akut lebensbedrohlichen Verlaufs meist die Lungenbeteiligung im Vordergrund. Es können aber auch andere Organsysteme, Herz-Kreislauf, Gehirn, Haut betroffen sein.
Deshalb ist Professor Peter Elsner zufolge die interdisziplinäre Kooperation in der Betreuung dieser Patienten wichtig. Jeder Facharzt müsse die Erscheinungsformen in seinem Fachgebiet kennen und diagnostizieren können.
Deutschland: Hautveränderungen nicht unter der Lupe
Wie sieht es konkret in Deutschland aus – gibt es hier eigentlich ähnliche Beobachtungen wie in Italien, Frankreich oder Großbritannien, oder Studien? Die Dermatologie verfolgt zwar die Berichte aus anderen Ländern. "Eine Covid-19-App, mit der Betroffene Hauterscheinungen unter Covid-19 dokumentieren können, existiert in Deutschland nicht," weiß Professor Elsner. Und bezogen auf die bisherigen Studien sagt er: "In der Mehrzahl der in der Literatur berichteten Fälle sind die Hautveränderungen Begleiterscheinungen."
Das Thema Hautveränderung im Zusammenhang mit Covid-19 hat die deutsche Dermatologie Elsner zufolge bereits aufgegriffen: "Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft hat zu Beginn der Pandemie eine Covid-Taskforce aus Kliniken und Niedergelassenen etabliert, die hier kontinuierlich berät und Empfehlungen veröffentlicht." Die Seite bietet für Medizinpersonal und Covid-19-Erkrankte mit Hauterkrankungen Behandlungsansätze, sowie Links auf Patientenumfragen zu spezifischen Hauterkrankungen und Erfahrungen im Zusammenhang mit Covid-Erkrankungen. Der Dermatologe verweist auf den April 2021: "Bei der DDG-Tagung im April wird Covid-19 ein wichtiges Thema sein."
Generell gilt dem Mediziner zufolge: Patienten könnten sich in Deutschland jederzeit kurzfristig persönlich oder teledermatologisch an Dermatologen wenden und eine Beratung zu ihren Hautveränderungen erhalten.
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