Illustration zur Magnetosphäre der Erde
Die Magnetosphäre der Erde ist eine magnetische Blase, die unseren Planeten umhüllt und vor den meisten geladenen Teilchen schützt, die von unserer Sonne kommen. Wenn jedoch solare Teilchen auf die Magnetosphäre treffen, können sie die Magnetfeldlinien und das Plasma um die Erde wie die gezupften Saiten einer Harfe in Schwingung versetzen und Wellen mit sehr niedrigen Frequenzen erzeugen. Bildrechte: Martin Archer (Imperial College London), Emmanuel Masongsong (UCLA), NASA

Citizen Science fürs Weltall Der Sound des Universums: Ein Wissenschaftsprojekt für Zuhause

23. April 2023, 12:00 Uhr

Das Universum ist ein fast perfektes Vakuum. Einen Schrei würde dort niemand hören. Jedoch gibt es auch da draußen ultraniedrige Frequenzen und diese wurden von einem Forschungsteam in Schallwellen umgewandelt. Schülerinnen und Schüler haben daraus eine Symphonie komponiert. Und genau das können auch Sie! Falls Sie nicht so musikalisch sind, gibt es aber auch andere spannende Citizen-Science-Projekte, denen Sie bequem von Zuhause aus nachgehen können.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie das Universum klingt? Für den Urknall hätten wir da eine Idee. Es gibt dort draußen zwar keine Luft und deswegen kann sich Schall nicht ausbreiten, da das Weltall ein fast perfektes Vakuum ist – demnach muss es dort draußen also still sein. Jedoch spielen Erde und Sonne in ultraniedrigen Frequenzwellen eine Symphonie von Klängen, die wir eigentlich nicht hören können. 

Wir können diese Klänge aber umwandeln und daraus Töne machen, die für das menschliche Ohr wahrnehmbar ist. So wie bei dem von der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa finanzierten Bürgerforschungsprojekt Harp (Heliophysics Audified: Resonances in Plasmas; zu deutsch: Heliophysik zum Anhören: Resonanzen in Plasmen). 

Heliophysik: Was ist das? Die Heliophysik beschreibt die Physik der Sonne und ihrer Verbindung mit dem Sonnensystem. Die Nasa beschreibt diesen Wissenschaftszweig als (1) den umfassenden neuen Begriff für die Wissenschaft von der Verbindung zwischen Sonne und Sonnensystem.

Sie dient (2) der Erforschung, Entdeckung und dem Verständnis der Weltraumumgebung der Erde. Dabei vereint sie (3) alle miteinander verbundenen Phänomene im Kosmos in Bezug auf ihren Stern – in unserem Sonnensystem kann dies beispielsweise die Verbundenheit der Sonne mit der Erde oder irgendeinem anderen Himmelskörper beschreiben. 

"Was mich am meisten an dem Harp-Projekt begeistert, ist die Möglichkeit für Bürgerwissenschaftler, durch Audioanalyse neue Entdeckungen in der heliophysikalischen Forschung zu machen", erklärt Michael Hartinger. Er ist der Leiter des Projekts und Heliophysiker am Space Science Institute in Colorado. 

Stellare Harfen-Musik: Das Plasma der Sonne bringt die Magnetfeldlinien zum Schwingen

Nun mag man meinen, dass der Raum zwischen Erde und Sonne ziemlich leer ist. Klar, manchmal kreuzen sich die Bahnen von Venus und Merkur oder unser Mond steht in einer Linie zwischen uns und der Sonne. Doch es ist kein leerer Raum, sondern eine Suppe aus geladenen Teilchen: dem Plasma. Das Plasma der Sonne wird stetig von ihr ausgestoßen und wandert dank dem Sonnenwind durch unsere Galaxis

Wenn dieses Sonnenplasma auf die Erde trifft, versetzt es die Magnetfeldlinien und das Plasma um die Erde herum in Schwingungen wie die gezupften Saiten einer Harfe und erzeugt dabei ultraniedrige Frequenzwellen. Genau dieses Phänomen wurde von dem Nasa-Satelliten Themis (Time History of Events and Macroscale Interactions during Substorms; zu deutsch: zeitlicher Verlauf von Ereignissen und makroskaligen Wechselwirkungen bei Substürmen) erfasst.

Illustration eines Satelliten, der um die Erde kreist
Künstlerische Darstellung: Im Jahr 2007 startete die NASA fünf Satelliten im Rahmen der Mission THEMIS (Time History of Events and Macroscale Interactions during Substorms). Verteilt über die Magnetosphäre untersuchten die THEMIS-Sonden, wie Plasma und Energie, die sich durch die Erdumgebung bewegen, verschiedene Arten von Polarlichtern (Nord- und Südlicht) auslösen. Im Jahr 2010 wurden zwei Sonden zur Erforschung der Mondumgebung eingesetzt, während die anderen drei weiterhin die Magnetosphäre der Erde und Polarlichter untersuchen. Bildrechte: Nasa, Goddard Space Flight Center Conceptual Image Lab

"Themis kann die gesamte 'Harfe' abtasten und er ist schon lange da draußen, so dass er eine Menge Daten gesammelt hat", sagt Hartinger. Damit das menschliche Ohr die stellare Harfen-Musik wahrnehmen kann, hat das Harp-Team die Frequenzen der Wellen beschleunigt. Dadurch wurden sie zu Schallwellen umgewandelt und genau die können wir Menschen auch hören. 

Schüler und Schülerinnen erzeugen eine Symphonie aus Weltraumdaten

"Der menschliche Gehörsinn ist ein erstaunliches Werkzeug", sagte Martin Archer. Er arbeitet am Imperial College London und gehört zum Harp-Team. "Wir sind im Grunde von Geburt an darauf trainiert, Muster zu erkennen und verschiedene Schallquellen herauszufiltern. Wir können von Natur aus ziemlich verrückte Analysen durchführen, die sogar einige unserer fortschrittlichsten Computeralgorithmen übertreffen." 

Doch alleine können Hartinger und sein Team all die Daten nicht auswerten. Deshalb ruft er alle zum Mitmachen auf: "Wir brauchen Ihre Hilfe, um komplexe Muster in der erdnahen Weltraumumgebung zu verstehen." Was dabei herauskommt, zeigt das nun veröffentlichte Stück, das mit der Hilfe von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten aus London erstellt wurde. Sie waren in der Lage, "ein komplexes, aber wiederholbares Muster im Ton zu erkennen, das den automatischen Methoden entging".

Die Umwandlung von Daten in Musik wird übrigens Datensonifikation genannt. Mit ihr können Menschen "die natürlich vorkommende Musik des Kosmos zu schätzen lernen. Wir hören Klänge, die buchstäblich nicht von dieser Welt sind,", sagt Robert Alexander – ein weiteres Mitglied von Harp und Mitarbeiter am Auralab Technologies in Michigan. 

Wenn Sie die Seite vom Space Science Institute besuchen, können Sie an dem Citizen Science-Projekt "Harp" teilnehmen (mit ihrer Email-Adresse einfach kostenlos registrieren) und sich vielleicht selbst vielleicht später für das ein oder andere Musikstück auf die Schultern klopfen. 

Lust auf mehr Wissenschaft? Hier sind noch weitere Bürgerprojekte, die Sie interessieren könnten.

Asteroiden jagen: So können Sie nach Asteroiden Ausschau halten

Vielleicht wollen Sie sich im All verewigen? Dann gehen Sie doch auf Asteroiden-Jagd. Der Entdecker oder die Entdeckerin eines Asteroiden darf diesem nämlich einen Namen geben. Sie brauchen jetzt aber nicht in den nächsten Laden laufen und ein teures Teleskop besorgen. Asteroiden können sie bequem vom heimischen Bildschirm aus jagen. 

Wir können Ihnen zwei Citizen Science-Projekt empfehlen, an denen Sie ganz leicht teilnehmen können: "Active Asteroids" und "Hubble Asteroid Hunter". Zunächst müssen Sie sich kostenlos mit ihrer Email-Adresse registrieren, aber dann kann es auch schon losgehen. 

Falschfarbenbild des Himmelausschnitts, in dem Leondardo Amaral den bislang unbekannten Asteroiden 2020 Qu6 entdeckt hat. Der Asteroid ist hier mit einem blauen Fadenkreuz markiert.
Falschfarbenbild des Himmelausschnitts, in dem Leondardo Amaral den bislang unbekannten Asteroiden 2020 Qu6 entdeckt hat. Der Asteroid ist hier mit einem blauen Fadenkreuz markiert. Bildrechte: Leondardo Amaral

Anhand von kleinen Bildausschnitten wird Ihnen bei Active Asteroids eine Vielzahl von dunklen Punkten auf grauen Hintergrund angezeigt. Bei Hubble Asteroid Hunter sind es weiße Punkte auf dunklem Hintergrund. Wenn einer der dicken Punkte einen Schweif aufweist, haben Sie womöglich einen aktiven Asteroiden entdeckt. Bei einer Entdeckung klicken sie einfach auf "ja" und "fertig". Falls sie keinen Schweif erkannt haben, dann klicken Sie auf "nein" und das nächste Bild erscheint. Und vielleicht sind Sie es, der oder die schon bald den nächsten Asteroiden entdecken wird.

Werden Sie Sonnenbeobachterin oder -beobachter

Sonnenstürme, das Weltraumwetter und die Sonne schlechthin sind für die Wissenschaft immer noch ein großes Rätsel. Wenn die Astronomie Ihr Hobby ist, wäre vielleicht das Projekt "Solar Jet Hunter" zur Sonnenbeobachtung vom Solar Dynamics Observatory der Nasa genau das Richtige.

Illustration - Sonnensturm löst Teilchen aus Mars-Atmosphäre
Illustration - Sonnensturm löst Teilchen aus Mars-Atmosphäre Bildrechte: IMAGO / piemags

Damit dokumentieren Sie zum einen die Ereignisse, die von der Sonne ausgehen und in ihrem Umfeld zu sehen sind – denn es geht um die Suche nach Plasma-Jets, die von der äußeren Sonnenoberfläche ins Weltall geschleudert werden. Erst vor Kurzem konnte ein solcher hinausgeschleuderte Jet in einer hochauflösenden Aufnahme festgehalten werden. Neben der Dokumentation helfen Sie aber auch bei der Entwicklung eines Computerprogramms, mit dem Sonneneruptionen später automatisch erkannt werden sollen. 

Auf der Suche nach Schwarzen Löchern und neuen Galaxien

Wenn Ihnen Asteroiden zu klein sind, sie müde vom Blick auf die Sonne werden und keine Lust mehr auf Musik aus dem All haben, könnte das nachfolgende Bürgerinnen- und Bürgerprojekt eine spannende Ablenkung sein. Bei "Radio Galaxy Zoo: LOFAR" gehen Sie auf die Suche nach supermassiven Schwarze Löchern und sternbildenden Galaxien. Dafür suchen Sie die Bilder nach Radioquellen ab. Im nachfolgenden Tutorial wird der Vorgang genau erklärt.

Dieses Projekt ist etwas komplexer als die Jagd nach Asteroiden oder die Beobachtung der Sonne. Dafür können Sie den Forscherinnen und Forschern dabei helfen, zu verstehen, welche Wirts-Galaxien die aufgenommenen Radiosignale verursachen, wie stark diese sind und wie riesige Mengen an Material mit bisher unbekannten Energiemengen in den Weltraum geschleudert werden.

Welches Citizen Science-Projekt gefällt Ihnen am besten? Haben Sie bereits mit einem der vorgestellten Projekte Erfahrungen gesammelt? Oder möchten Sie uns ein anderes Bürgerinnen- und Bürgerprojekt empfehlen?

Links

Die Citizen Science Projekte noch einmal im Überblick

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Wie klingt der Urknall? | 20. Januar 2019 | 22:20 Uhr

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