Esa-Raumsonde Jupiter-Sonde Juice ist erfolgreich gestartet
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17. April 2023, 11:42 Uhr
Europa fliegt zum Jupiter: Die europäische Raumfahrtbehörde Esa bricht zu den Jupitermonden Callisto, Ganymed und Europa auf. Dabei wird sie auch einen Abstecher zu dem vierten Galileischen Mond Io machen. Aber warum besucht die Raumsonde Juice überhaupt die Monde des Gasriesen? MDR WISSEN hat mit der Esa und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR gesprochen und zeigt, wie Sie den Start live verfolgen können.
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Update 14.4. 14:20 Uhr: Start erfolgreich
Juice ist unterwegs. Pünktlich um 14:14 Uhr MESZ ist die Ariane 5 Rakete der Esa vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guayana aus gestartet. Ziel: Der Jupiter und seine Monde. Es ist die erste Mission der Esa zum Jupiter und Juice ist der größte Satellit Europas, der so tief ins Sonnensystem aufbricht und nach Bedingungen für Leben sucht. Nach einer Verschiebung gestern waren die Wetterbedingungen besser, außer für die Beobachter vor Ort, denn es regnete leicht und war bewölkt, so dass die Rakete bereits nach wenigen Sekunden vom Boden aus nicht mehr zu sehen war.
Update 13.4. 14:10 Uhr: Start wird um einen Tag verschoben
Nur wenige Minuten vor dem Start hat die Esa den Countdown für die Jupiter-Mission Juice abgebrochen. Alles war auf Grün, so Stephan Israel von Arianespace, nur das Wetter nicht. Es gibt zwei Gründe, wegen des Wetters nicht zu starten, so Israel, Wind und Blitze. "Das Risiko für Blitze war zu hoch." Deswegen wurde der Start um fast genau 24 Stunden auf Freitag den 14.4. um 14:14 Uhr unserer Zeit verschoben.
Für die Raumfahrt ist der April ein besonderer Monat. Seit 2011 feiern wir weltweit den 12. April als den Tag der bemannten Raumfahrt, in Gedenken an Juri Gagarins Flug im Jahr 1961. Europa kann sich in diesem Jahr aber nicht lange mit den Feierlichkeiten aufhalten. Denn die Europäische Raumfahrtbehörde Esa beginnt bereits zwei Tage später am 14. April eine der wichtigsten Missionen des Jahres. Die Esa-Raumsonde Juice startet, um das Jupitersystem und seine Eismonde zu erkunden und vielleicht sogar Spuren von Leben zu entdecken. Leben auf Monden? Ganz recht. Denn die Gasriesen unseres Sonnensystems haben einige Monde, von denen ein paar mit dicken Eispanzern überzogen sind, unter denen Leben verborgen sein könnte.
MDR WISSEN hat unter anderem mit Christian Chlebek vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR über die Mission gesprochen: "Die Eismonde von Jupiter sind vielleicht die Orte in unserem Planetensystem, für die – neben der Erde – die größte Wahrscheinlichkeit besteht, dass dort Leben existiert. Wasser in flüssiger Form unter den Eispanzern der Planeten könnte hierfür eine gute Voraussetzung sein."
Der Esa geht es aber nicht primär darum, außerirdisches Leben zu finden. "Ich möchte ganz stark betonen, dass wir nicht nach Leben suchen werden", sagte Nicolas Altobelli in der deutschsprachigen Pressekonferenz zur Juice-Mission am 6. April 2023. "Wir wollen verstehen, wie vernünftig die Idee ist, dass Eismonde um einen Gasriesenplaneten – so wie Jupiter – eine Umgebung darbieten könnte, wo erdähnliches Leben entstehen könnte. Es geht nicht darum, dass man nach Leben sucht", führt der Leiter der Juice-Mission fort.
Nicht in der bewohnbaren Zone und dennoch voller Wasser
"Wir kennen die Zutaten für erdähnliches Leben. Wir brauchen kohlenstoffhaltige Moleküle, wir brauchen eine Energiequelle, wir brauchen natürlich Zeit und flüssiges Wasser als Lösungsmittel. Und dieses Wissen hat die bisherige Definition der habitablen Zone eines Sonnensystems geprägt", erörtert Altobelli.
Die habitable und somit bewohnbare Zone des Sonnensystems erstreckt sich von der Umlaufbahn der Venus bis zum Orbit des Mars. Wobei sich beide Planeten an dessen Grenzen befinden und die Lebensbedingungen auf ihnen dadurch nicht so gut sind wie auf der Erde – dem einzigen Ort im Universum, von dem wir nachweislich wissen, dass es Leben gibt.
Dabei muss sich ein lebensfreundlicher Mond nicht einmal in der habitablen Zone seines Sterns befinden. Jupiter ist dafür viel zu weit weg. Seine Monde unterliegen jedoch einer anderen Wärmequelle, damit das Wasser auf ihnen flüssig bleiben kann. Es sind die Gezeitenkräfte, die durch ihren Wirtsplaneten Jupiter hervorgerufen werden.
Mit Juice wollen die Forschenden die Erweiterung dieser bewohnbaren Zone verstehen, so Altobelli. Es soll herausgefunden werden, ob flüssiges Wasser und andere Voraussetzungen für die Entstehung von Leben auch "jenseits der Frostlinie – also wo flüssiges Wasser auf der Oberfläche eines Körpers nicht mehr vorkommen kann – bestehen".
Deswegen vermuten Forschende auch große Wasserreservoirs unter den dicken Eisschichten von Ganymed, Europa und Callisto. "Messungen der Oberfläche von Ganymed lassen Rückschlüsse auf die gezeitlichen Veränderungen und auf die Dicke der Eispanzer und der darunter liegenden Schicht mit flüssigem Wasser zu", sagt Chlebek.
Aufbruch zum Jupiter: Hier können Sie live dabei sein
Die Jupiter-Eismonde-Erkunder-Mission Juice (Jupiter Icy Moons Explorer) bricht nun leicht verspätet am 14. April 2023 um 14:14 Uhr (MESZ) vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana ins All auf. Die Raumsonde befindet sich an Bord der Trägerrakete Ariane 5. Es ist der 117. und vorletzte Start dieses Trägerraktenentyps aus Europa. Der Nachfolger Ariane 6 soll Ende des Jahres für seinen Jungfernflug ins All startbereit sein.
Der Launch der Juice-Mission wird Live auf Esa-Web-TV und Youtube übertragen. Der Stream für den Start, den Sie im folgenden Youtube-Fenster live sehen können, soll um 13:45 Uhr beginnen.
Für die Reise zum Gasriesen wird Juice fast acht Jahre benötigen. Dabei nutzt die Raumsonde die Gravitationskräfte mehrerer Planeten und holt beispielsweise bei einem Vorbeiflug an der Erde im August 2024 noch einmal Schwung. Ein Jahr darauf, im August 2025, initiiert die Raumsonde einen Vorbeiflug an der Venus, bevor zwei weitere Begegnungen mit der Erde im September 2026 und Januar 2029 folgen.
Schwung am Mars holt sich die Raumsonde zwar nicht, aber seine Bahn wird mehrfach von Juice gekreuzt. Das klingt umständlich, ist aber nötig, da die Raumsonde ansonsten den Gasriesen verfehlt oder in seiner Atmosphäre gegrillt wird. Schließlich soll Juice den Jupiter im Juli 2031 erreichen.
Bis 2034 stehen dann 35 Vorbeiflüge an den Eismonden an, bevor die Raumsonde im Dezember 2034 in die Umlaufbahn von Ganymed einschwenkt. Juice wird sich neun Monate lang in dessen Orbit befinden, bevor der gezielte Absturz auf dem Eismond eingeleitet wird. Im September 2035 soll die Mission dann enden. Eventuell wird der Absturz hinausgezögert, jedoch liegt das auch an den Startbedingungen der Mission. Die Sonde kann nämlich nur eine begrenzte Menge an Treibstoff transportieren.
Ganymed, Callisto und Europa: Wie kann hier Leben gefunden werden?
Io, Ganymed, Callisto und Europa sind Astronomen schon lange bekannt. "Anfang des 17. Jahrhunderts hat Galileo Galilei die nach ihm benannten Galileische Monde entdeckt und damit das Weltbild beeinflusst. Er hat dabei eine damals neue Technologie benutzt, ein Teleskop", erklärt Chlebek. Mit der Juice-Mission wird auch nun die neuste Technologie verwendet. Einige Instrumente sind dabei in Deutschland mit entwickelt und gebaut worden.
Mit dem Laser-Höhenmesser Ganymed Laser Altimeter (GALA) kann beispielsweise die Entfernung zwischen Juice und Ganymed gemessen werden, um die Topografie und Gezeitenverformung im Laufe der Zeit aufzuzeichnen. Mit der Bestimmung der Struktur und insbesondere der zeitlichen Veränderungen der Oberfläche der Eisplaneten ergeben sich Rückschlüsse auf die Vorkommen von flüssigem Wasser, was als Grundvoraussetzung für die Entstehung und Entwicklung von Leben gesehen wird.
"Im Rahmen der Juice-Mission kommt erstmals ein Laseraltimeter als hochgenaue Metalloptik zur Erforschung des Jupiter-Eismondes Ganymed zum Einsatz", erklärt Stefan Risse in einer Pressemitteilung. Er ist der Leiter der Abteilung Präzisionsoptische Komponenten und Systeme am Jenaer Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF. Das Spiegelteleskop für das Laseraltimeter der Raumsonde wurde in Jena entwickelt.
Ein weiteres Instrument aus Deutschland ist das Submillimeter Wave Instrument (SWI). Hiermit werden Temperaturstruktur, die interne Struktur Jupiters, Dynamik und Zusammensetzung der verschiedenen Schichten der Jupiteratmosphäre, deren Wechselwirkung untereinander sowie die äußerst dünnen Atmosphären und Oberflächen der Galileischen Monde untersucht.
Mit Ausnahme von Io. Denn der innerste der Galileischen Monde ist kein Eismond. Auf ihm wüten Vulkane mehr als an jedem anderen Ort in unserem Sonnensystem. Dennoch möchte die Esa Daten über die dünne Atmosphäre dieses Mondes sammeln, aber auch über seinen Vulkanismus, die Wechselwirkung durch das Gravitationsfeld von Jupiter und zeitabhängige Variationen in der Aktivität von Io, die durch die Gezeitenkräfte ausgelöst werden, erklärt Altobelli.
Wie will man Wasser unter dicken Eisschichten erkennen?
Viel wichtiger sind die Eismonde. Dort könnten die Bedingungen für Planetenentstehung sowie die Entwicklung von Leben im Universum vielleicht am besten untersucht werden. Doch wie können die Forschenden durch die Eisschichten schauen, die von Mond zu Mond unterschiedlich dick sind?
Das verbaute Radar Rime (Radar for Icy Moons Exploration) kann mindestens in neun Kilometer Tiefe blicken. Vielleicht sogar bis zu 20 Kilometer – wobei sich das erst noch vor Ort zeigen wird. "Bei neun Kilometer erreichen sie natürlich nicht den Ozean. Bei Europa beginnt er vielleicht bei zehn, fünfzehn Kilometer – je nach Modell", erklärt Altobelli.
Die Forschenden wollen mit dem Radar die obere Eisschicht erforschen: "Insbesondere deren Aufbau und physikalischen Eigenschaften. Weil das die Schicht ist, bei der die Ausstrahlung der Wärme der Monde stattfindet. Und das ist ganz wichtig, um die thermale Evolution der Monde zu verstehen." Eventuell findet das Radar auch lokale Wasserquellen oder warmes Eis, das im Eispanzer eingeschlossen ist.
Statt in die Tiefe zu blicken, fällt der Blick auf die Oberfläche
Bis zum Ende der Eisschicht zu blicken, ist gar nicht so wichtig. "Ganymed ist ein sehr großer Körper. Obwohl die Schmelztemperatur des Wassers mit höherem Druck niedriger wird, ist der Druck irgendwann so hoch, dass man zwangsläufig eine Hochdruckeisschicht hat – die womöglich eine Verbindung zwischen dem Gesteinskern und dem Ozean bildet", so der Projektleiter. Bisher sind sich Forschende nicht einig, wie Material aus dem Kern in den Ozean gelangen kann.
"Europa ist kleiner und dort sollte es laut bisherigen Modellen einen Kontakt zwischen Wasser und Gestein geben." Um jedoch die Wechselwirkung zwischen Gestein und Ozean zu identifizieren, wird die Oberfläche der Eisschichten untersucht. Die Forschende halten Ausschau nach Material, das seinen Weg durch die feste Eisschicht gefunden hat. Und tatsächlich wurden auf der Eisschicht Europas Salze entdeckt.
Bei Ganymed gibt es Beweise für frühere tektonische Aktivitäten. Deswegen nehmen die Forschenden an, dass auch hier irgendwas an die Oberfläche gelangt ist. Vielleicht sind auch hydrothermale Quellen wie auf dem Saturnmond Enceladus dafür verantwortlich. Doch um dies herauszufinden, müssen alle Instrumente bei Juice zusammen spielen.
Wenn wir ganz klare Beweise für einen Ozeankontakt mit Kerngestein haben und wir die chemischen Elemente und die Spuren dieser Wechselwirkung im Inneren des Mondes finden, dann haben wir gute Voraussetzungen für Leben, wie wir es kennen.
Die Möglichkeiten sind vielfältig und es wird sich zeigen, wie lebensfreundlich Jupiters Eismonde tatsächlich sind. Wenn Sie wissen wollen, warum der Leiter des neu eröffneten Planetariums in Halle die Juice-Mission so spannend findet, können wir Ihnen unser Interview mit Dirk Schlesier empfehlen.
Links/Studien
- Webseite der Esa über die Juice-Mission
- Das Gala-System wurde unter Leitung des DLR-Instituts für Planetenforschung entwickelt und gebaut. Neben HENSOLDT Optronics GmbH aus Oberkochen in Baden-Württemberg und dem Fraunhofer IOF aus Thüringen sind weitere Partner aus Deutschland, aber auch Japan, der Schweiz und Spanien beteiligt. Hier die Mitteilung des IOF.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 14. April 2023 | 15:00 Uhr
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