Monheim am Rhein Mit Lidar und Co: Deutschlands erste (fast) autonom fahrende Buslinie
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28. Dezember 2021, 17:57 Uhr
Hier ist das autonome Fahren schon Wirklichkeit: Die Kleinstadt Monheim am Rhein betreibt Deutschlands erste autonome Buslinie im Regelbetrieb. Ganz ohne Fahrer funktioniert das aber noch nicht.
Technische Revolutionen beginnen oft klein. Deutschland erste Eisenbahnlinie etwa verband im Jahr 1835 gerade mal die unmittelbar nebeneinanderliegenden Städte Nürnberg und Fürth miteinander. Fast 200 Jahre später probiert die zwischen Köln und Düsseldorf gelegene Stadt Monheim am Rhein erstmals eine neue Technologie aus, die eines Tages den öffentlichen Nahverkehr zuverlässiger und sicherer machen soll. Auf gerade mal etwa drei Kilometern Strecke fahren seit Anfang 2020 auf der Linie A01 zum ersten Mal autonom fahrende Kleinbusse im Linienbetrieb.
Autos mit Warnblinker auf der Straße: Ohne Fahrer geht es noch nicht
Die Fahrzeuge des Typs Easymile EZ 10 sind bereits in einigen Städten unterwegs. Auch in Magdeburg werden sie in einem Modellprojekt getestet, hier sind sie zwischen Seumestraße und Heinrich-Heine-Platz unterwegs. In Monheim verbinden sie den Busbahnhof mit der angrenzenden Altstadt. Beim diesjährigen virtuell stattfindenden Chaos Communication Congress (RC3) hat Frank Niggemeier-Oliva von den Bahnen Monheim die ersten Erfahrungen mit der Technologie geschildert.
Zunächst: Völlig autonom sind die Busse noch nicht unterwegs. In jedem Fahrzeug muss immer noch ein Fahrer – hier wird er Operator genannt – mitfahren, der zur Not mit einem Joystick eingreifen und den Bus um ein unerwartetes Hindernis herum steuern kann. Solche Hindernisse können Beispielsweise andere Autofahrer sein, die mit Warnblinker auf der Straße stehen. An solchen Situationen muss der Autopilot bisher passen.
Höchstgeschwindigkeit: 16 Kilometer pro Stunde
Ist der Weg allerdings frei, dann orientieren sich die elektrischen Fahrzeuge anhand der vorher eingemessenen Wegdaten. Dazu nutzen sie einerseits GPS und andererseits Lidar. Diese Technologie, eine Kombination aus Laser und Radar, gleicht die Umgebung des Fahrzeugs mit den vorgegebenen Daten ab, um zu erkennen, ob sich das Fahrzeug tatsächlich an der Stelle des Wegs befindet, an der es laut den mitgespeicherten Bewegungen der Räder sein müsste.
Schnell geht das nicht: Zwar könnten die Motoren die Busse auf bis zu 45 Kilometer pro Stunde beschleunigen. Aber das würde die Sensoren der Fahrzeuge überfordern, die dann häufiger mit Notbremsungen reagieren würden. Optimal sei daher eine Geschwindigkeit von etwa 16 Kilometern pro Stunde.
Die Akkus reichen für 15 Stunden Betrieb – solange die Heizung nicht läuft
Die Busse brauchen auch regelmäßige Aufladepausen. Die Akkus mit rund 31 Kilowattstunden Leistung reichen für etwa 15 Stunden Betrieb, das entspricht etwa 30 Runden der Linienstrecke. Wenn im Winter mit dem Strom auch noch eine Heizung betrieben wird, verkürzt sich die maximal zurücklegbare Strecke aber um etwa die Hälfte. Das kalkulieren die Betreiber für alle Tage ein. Zwei Fahrzeuge sind in der Regel gleichzeitig im Einsatz, ein drittes steht als Reserve bereit, die übrigen laden in dieser Zeit.
"Wenn wir die Akkus komplett leer fahren würden, was eigentlich gar nicht geht, dann bräuchten wir rund sechs Stunden zum Laden. Meistens sind wird aber in drei bis vier Stunden voll geladen", sagt Niggemeier-Oliva.
Längere Tunnel schaffen die Busse nicht
Auch an anderer Stelle schränken die technischen Möglichkeiten den Einsatz noch stark ein. Neben ungeplanten Hindernissen hat die Fahrzeugsteuerung auch mit längeren Tunneln noch ein Problem. Nur etwa 50 Meter kann der Bus ohne Kontakt zu den GPS-Satelliten zurücklegen, danach hält das System das Fahrzeug an. Auch bei starkem Schneefall muss der Betrieb auf der Linie eingestellt werden.
Aus Sicherheitsgründen sind die Fahrzeuge strikt vom Internet abgekoppelt. Updates der Software müssen per Kabelanschluss von einem Laptop eingespielt werden. Sie dauern in der Regel einige Stunden und stellen laut Niggemeier-Oliva bislang eines der größten technischen Hindernisse dar. Denn oftmals werden Fehler in der Software erst beim Betrieb in der Praxis entdeckt. Ohne den Support des Busherstellers könnten die Monheimer Bahnen die Busse nicht betreiben.
Alle Unfälle von autonomen Bussen wurden von Unfallgegnern verursacht
Trotzdem lohnt sich der Aufwand, glaubt Niggemeier-Oliva. Es gehe nicht darum, die Kosten für die Fahrer zu sparen. "Unser wichtigstes Ziel ist: Wir wollen den Verkehr sicherer machen. Wenn man die Statistik anschaut, dann ist an den meisten Unfällen der Faktor Mensch schuld", sagt er. Ein autonomer Bus gehe abends nichts trinken und er werde auch nicht krank, sagt der Projektleiter. Und im Zweifelsfall halten die Fahrzeuge einfach an.
Bislang gibt ihm die Statistik recht. Unfälle gab es zwar, es kamen aber keine Personen zu Schaden. "Wir fahren etwa 65.000 Kilometer im Jahr, da kommt das schon Mal vor", sagt Niggemeier-Oliva. Und: Bei allen Fällen, in die die autonomen Shuttles verwickelt waren, waren die Unfallgegner Schuld.
Der Vortrag zum Nachschauen
- RC3, Relive: "Die Altstadtstromer" - Autonome Shuttles in Monheim am Rhein, R3S
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