In der Mitte von zahlreichen farbigen Sternen im Universum leuchtet eine runde Form, um die herum eine Art Haloschein strahlt.
Bildrechte: ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, image processing by J.-C. Cuillandre, T. Li

Zufallsfund "Seltenes Phänomen": Euclid-Teleskop entdeckt vollständigen Einsteinring

10. Februar 2025, 14:30 Uhr

Forschende haben mit dem Weltraumteleskop "Euclid" – mit Technik aus Jena – eine besondere Entdeckung gemacht: Sie fanden einen vollständigen Einsteinring im Universum, also ein ringförmiges Leuchten einer weit entfernten und bisher unbekannten Galaxie, und das nur durch Zufall auf einem Testbild. Die Europäische Weltraumagentur Esa spricht von einem "extrem seltenen Phänomen".

Der sogenannte Einsteinring wurde der Esa zufolge in einer eigentlich gut bekannten Galaxie entdeckt. NGC 6505 sei mit 590 Millionen Lichtjahren nicht sehr weit von der Erde entfernt. Im kosmischen Maßstab sei das ein Steinwurf, die Galaxie wurde schon 1884 entdeckt. "Die Galaxie ist Astronomen schon sehr lange bekannt. Und doch wurde dieser Ring noch nie zuvor beobachtet", sagte die Esa-Euclid-Projektwissenschaftlerin Valeria Pettorino.

Testbild verbirgt nahezu perfekten Ring

Und so hatte auch niemand erwartet, in einer Aufnahme der Galaxie etwas so Seltenes wie einen Einsteinring zu finden. Die Forschenden haben ihn nämlich nur zufällig in einem Testbild entdeckt, dass eigentlich gar nicht für wissenschaftliche Zwecke gedacht gewesen ist, sondern Teil der Erprobung der Sonde war, um festzustellen, dass auch alles korrekt funktioniert.

Eine leuchtende Lichtkugel, um die herum mit etwas Abstand ein leuchtender Kreis verläuft.
Der nahezu perfekte Einsteinring liegt in der Galaxie NGC 6505 Bildrechte: ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, image processing by J.-C. Cuillandre, T. Li

Esa-Archiv-Wissenschaftler Bruno Altieri war jedoch bei einem verschwommenen Bild stutzig geworden. Bei einer genaueren Analyse erkannten die Fachleute dann die typische ringförmige Struktur des sogenannten Einsteinrings. "Schon bei der ersten Beobachtung konnte ich ihn sehen, aber nachdem Euclid weitere Beobachtungen des Gebiets gemacht hatte, konnten wir einen perfekten Einsteinring erkennen", sagte Altieri.

Extrem seltene Entdeckung

Die Esa betont, dass es sich bei der Entdeckung um ein äußerst seltenes Phänomen handle. Denn das ringförmige Leuchten stamme von einer weit entfernten Galaxie. Die war bisher unbekannt und sei 4,42 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Einen Namen habe die neu entdeckte Galaxie bisher noch nicht.

Zwischen dieser Galaxie und der Erde liegt noch die die Galaxie NGC 6505, die auch für den Ring sorgt. Denn die Schwerkraft dieser Galaxie ist so stark, dass sie den Raum um sich herum krümmt. Das Licht der Galaxie dahinter wird deshalb um NGC 6505 herumgebogen. Und das sieht dann eben aus wie ein kreisrunder Lichtring um die Galaxie herum, so die Esa. Dieses Phänomen hat Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagt, daher natürlich auch der Name.

Auf einer Infografik ist erklärt, wie der Einsteinring entsteht: Wenn wir mit unserem Teleskop eine weit entfernte Galaxie beobachten, kann ihr Licht auf dem Weg zu uns auf eine andere Galaxie treffen. Die Vordergrundgalaxie wirkt wie eine Vergrößerungslinse und krümmt die Lichtstrahlen aufgrund ihrer Schwerkraft. Dies wird als Gravitationslinseneffekt bezeichnet. Wenn die Hintergrundgalaxie, die Linsengalaxie und das Teleskop perfekt ausgerichtet sind, erscheint das Bild als Ring – ein sogenannter Einsteinring.
Infografik: Wie entsteht der Einsteinring? Bildrechte: ESA

Ein reichhaltiges Labor

"Ein Einsteinring ist ein Beispiel für einen starken Gravitationslinseneffekt", erklärt Erstautor Conor O’Riordan vom Max-Planck-Institut für Astrophysik. "Alle diese Gravitationslinsen sind etwas Besonderes, weil sie so selten sind, und sie sind unglaublich nützlich für die Wissenschaft. Diese hier ist sogar ganz besonders, weil sie so nah an der Erde und sehr schön ausgerichtet ist."

Die Esa-Forschenden betonen, dass solche Einsteinringe ein reichhaltiges Labor für die Wissenschaft seien. Denn an ihnen ließen sich Gravitationseffekte untersuchen, die dabei helfen könnten, mehr über die Expansion des Universums zu lernen und die Auswirkungen unsichtbarer dunkler Materie und dunkler Energie zu erkennen. Es könne außerdem auch diese neue Galaxie im Hintergrund sowie die dunkle Materie zwischen ihr und der Erde untersucht werden.

Blick in die Vergangenheit des Universums

Eine Weltraum-Kollage mit Dirk Schlesier, dem Leiter des Planetariums in Halle (Saale), im Vordergrund. 9 min
Eine Weltraum-Kollage mit Dirk Schlesier, dem Leiter des Planetariums in Halle (Saale), im Vordergrund. Bildrechte: MDR, Planetarium Halle/Dirk Schlesier, Nasa, SpaceX

Euclid war Anfang Juli 2023 an Bord einer Rakete des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX ins All gestartet. Ziel ist die Erforschung der großen Unbekannten unseres Universums: Dunkle Materie und Dunkle Energie. Vom sogenannten Lagrange-Punkt 2 in 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde soll Euclid in den kommenden Jahren bis zu zwei Milliarden Galaxien vermessen und die bisher größte und genaueste 3-D-Karte des Universums erstellen. Herzstück der Sonde ist ein hochauflösendes Teleskop. Es ist mit einer Kamera für den sichtbaren Wellenlängenbereich und einer zweiten Kamera für den Nah-Infrarotbereich ausgestattet. Die optischen Filter, die helfen, das einfallende Licht zu analysieren, stammen aus Thüringen. Eine Jenaer Firma hat die nötigen Beschichtungen entwickelt, die auch bei minus 170 Grad funktionieren müssen.

Weltraumteleskop Euclid 1 min
Bildrechte: ESA
1 min

Ein optisches Instrument des neuen Esa.Weltraumteleskops Euclid wird von einer dünnen Eisschicht behindert.

MDR AKTUELL Di 19.03.2024 14:00Uhr 00:47 min

https://www.mdr.de/wissen/audios/euclid-weltraumteleskop-eis-100.html

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Links/Studien

O’Riordan, Conor et. al.: Euclid: A complete Einstein ring in NGC 6505. In: Astronomy & Atrophysics. Volume 694, February 2025. DOI: https://doi.org/10.1051/0004-6361/202453014.

(kie)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 07. Februar 2025 | 19:00 Uhr

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