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Digitalisierung Mal kurz zum Mittag auf die Akropolis: Uni Jena erstellt digitale Zwillinge des europäischen Kulturerbes
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23. Februar 2025, 05:00 Uhr
Kurz in der Mittagspause auf der andalusischen Stadtburg Alhambra flanieren, die Akropolis besteigen oder den Blick über das römische Kolosseum schweifen lassen – möglich wird das durch ein Projekt der Uni Jena. Mit "3DBigDataSpace" lassen sich sogar Orte erkunden, die längst verschwunden sind.
Wie lassen sich die Kulturerbestätten Europas digital erschließen? Wie können deren digitale Zwillinge dauerhaft gesichert und nutzbar gemacht werden? Um diese Fragen kreist das Projekt "3DBigDataSpace“ im Auftrag der Europäischen Kommission. Forschende der Uni Jena erstellen dafür jetzt digitale Zwillinge des Unesco-Kulturerbes, systematisieren und sichern diese und machen sie in einer Zeitmaschine nutzbar. Das gerade gestartete Projekt läuft bis Mitte 2026 und wird mit knapp zwei Millionen Euro gefördert.
Einheitliche europäische Digitalinfrastruktur
"Das ehrgeizige Ziel lautet, die inzwischen große Zahl an dreidimensional digital erfassten Monumenten und Kulturobjekten zu sichern und europaweit zugänglich zu machen", sagt Sander Münster, Juniorprofessor für Digital Humanities der Universität Jena. "Wir wollen diesen Datenschatz kartieren und für den im Aufbau befindlichen europäischen Datenraum für Kulturerbe als einheitliche europäische Digitalinfrastruktur nutzbar machen.“
3D-Spaziergänge und digitale Zeitreisen
Die Anwendungsmöglichkeiten für 3D-Formate sind den Forschenden zufolge immens. So ließen sich historische Bauwerke per VR-Brille oder Smartphone virtuell in 3D erkunden. Man könnte auch mit Hilfe von historischen Rekonstruktionen virtuelle Zeitreise unternehmen. "Touristen, die sich beispielsweise Jena anschauen, hätten sogar die Möglichkeit, nicht mehr erhaltene Orte nacherleben", sagt Münster. "Selbst ein einfacher Stadtrundgang kann so zu einer spannenden Zeitreise durch dreidimensionale Räume werden."
Bis jetzt: Viele Server, keine einheitliche Katalogisierung
Schon jetzt sind Münster zufolge zahlreiche Kulturstätten in 3D digital verfügbar. Das Problem sei allerdings, dass die Datensätze auf unterschiedlichen Servern liegen, nicht einheitlich und zumeist unzureichend katalogisiert sind. Dies erschwere die Nutzung. "In einem ersten Schritt wollen wir deshalb 3D-Inhalte in bestehenden Datenpools digital aufbereiten und speichern", erläutert Münster. "Wir nutzen dafür Zenodo, welches als europäischer Forschungsdatenspeicher durch das CERN in der Schweiz betrieben wird.“
Ziel: Zeitmaschine mit einer digitalen Spiegelwelt
Koordiniert wird das Vorhaben von der Time Machine Organisation (TMO), einer internationalen Allianz aus über 700 Partnern aus dem Kultur- und Technologiebereich, zu denen auch das Jenaer Team von Münster gehört. Gemeinsam arbeiten die Forschenden an der Entwicklung einer offenen, digitalen "Time Machine“ – einer digitalen Spiegelwelt, in der Geschichte dynamisch in Zeit und Raum erlebbar wird.
Fehlende Schlagworte im Datenpool finden
"Die TMO treibt Innovationen im digitalen Kulturerbe voran und fördert interdisziplinäre Forschung und Strategien, die mit dem Fokus auf raumzeitliche Daten den Zugang zu historischen Ressourcen und deren Wiederverwendbarkeit stärkt“, erklärt Münster. Im Projekt "3DBigDataSpace“ unterstütze die TMO dabei, Lücken im Datenpool zu finden, wenn zum Beispiel fehlende Schlagworte eine Identifikation des Gegenstands erschweren.
Ehemalige Wegstationen am Jakobsweg sichtbar machen
"Um solche Lücken zu schließen, entwickeln wir verschiedene digitale Werkzeuge, welche aus verschiedenen Datenquellen und unter Nutzung künstlicher Intelligenz solche Informationen anreichern können“, sagt Sander Münster. Dadurch sollen beispielsweise auf Pilgerpfaden wie dem Jakobsweg auch nicht mehr erhaltene Wegstationen digital sichtbar werden. Für andere Nutzungen der Datensätze gibt es vielfältige Ideen. So sollen die Inhalte auch in musealen Schulprojekten zum Einsatz kommen und Wissen über historische Handwerksarbeiten erlebbar machen.
Von kommerziellen Anbietern unabhängig machen
Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt des Projekts: Eine eigene europäische Dateninfrastruktur erlaubt es, sich von Anbietern im Ausland und rein kommerziell orientierten Plattformen zu emanzipieren und damit auch langfristig einen Datenzugang zu gewährleisten, betont Sander Münster.
Das UNESCO-Welterbe in Europa umfasst 491 Welterbestätten (Stand 2023):
- Zum UNESCO-Weltkulturerbe in Europa zählen 438 Stätten.
- Das UNESCO-Weltnaturerbe in Europa besteht aus 44 Stätten.
- Das gemischte UNESCO-Welterbe in Europa umfasst 9 Stätten, die sowohl Weltkultur- als auch Weltnaturerbe sind.
- Auf der Roten Liste des bedrohten Welterbes in Europa stehen vier Kulturerbestätten (in Österreich, Rumänien, Serbien und Ukraine).
- Europa ist der einzige Kontinent mit aberkannten Weltkulturerbestätten (Dresden und Liverpool).
Links/Studien
Time Machine: https://www.timemachine.eu/introducing-3dbigdataspace-transforming-the-future-of-3d-digital-cultural-heritage/
(tomi/ Interview von Katrin Tominski mit Sander Münster)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 16. Februar 2025 | 09:50 Uhr
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