Coronavirus Neandertaler-Gene senken Risiko für schwere Covid-19-Erkrankung
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17. Februar 2021, 20:00 Uhr
Eine Gengruppe, die ein großer Teil der Menschheit von den Neandertalern geerbt hat, senkt laut einer Studie das Risiko für schwere Covid-19-Verläufe. Die Gene aktivieren Enzyme, die die Genome eindringender Viren wie Sars-Cov-2 zerstören. Einer der Studienautoren ist Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Eine Gengruppe, die das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung um mehr als 20 Prozent vermindert, hat die Hälfte der Menschen außerhalb Afrikas von den Neandertalern geerbt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die der Evolutionsbiologe Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und der Neurowissenschaftler Hugo Zeberg vom Karolinska Institut Schweden in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht haben.
Gene für Enzym-Aktivierung
Die beiden Professoren fanden heraus, dass die als Schutz gegen schwere Covid-19-Verläufe identifizierte Variante fast identisch mit einer bei drei Neandertalern in Kroatien und Südsibirien nachgewiesenen Gengruppe ist. Konkret geht es um einen Abschnitt auf Chromosom 12. Das Forscherteam konnte nachweisen, dass drei Gene dieses Abschnitts namens OAS (Oligoadenylatsynthetase) der Code für die Aktivierung bestimmter Enzyme sind. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Zerstörung der Genome von Viren wie etwa dem Coronavirus SARS-Cov-2.
Das Studienergebnis von Pääbo und Zeberg legt nahe, dass es durchaus einen Unterschied macht, ob diese Anti-Viren-Enzyme von einer Neandertaler-Genvariante aktiviert werden oder nicht. "Es scheint, dass die Enzyme, die von der Neandertaler-Variante aktiviert werden, effizienter sind, was die Wahrscheinlichkeit schwerer Folgen von SARS-CoV-2-Infektionen verringert", erklärt Pääbo.
Starke Ausbreitung im vergangenen Jahrtausend
Die Studienautoren konnten auch nachweisen, dass die vor 60.000 Jahren von Neandertalern an moderne Menschen weitergegebene Genvariante erstmals nach der letzten Eiszeit vor 11.700 Jahren verstärkt auftrat. Im letzten Jahrtausend hat sie dann noch ein zweites Mal deutlich an Häufigkeit gewonnen. Die Neandertaler-Genvariante kommt heute bei etwa der Hälfte der außerhalb von Afrika lebenden Menschen vor.
"Der Anstieg der Häufigkeit dieser schützenden Neandertaler-Variante deutet darauf hin, dass sie auch in der Vergangenheit von Vorteil gewesen sein könnte, vielleicht bei anderen Krankheitsausbrüchen, die durch RNA-Viren verursacht wurden", sagt Pääbo.
Neandertaler-Erbe "ein zweischneidiges Schwert"
Die neuste Studie von Pääbo und Zeberg ist noch in anderer Hinsicht äußerst bemerkenswert. Es waren genau diese beiden Forscher, die im vergangenen Jahr nachgewiesen hatten, dass ein bekannter genetischer Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe auf Chromosom 3 ebenfalls von den Neandertalern an uns heutige Menschen vererbt wurde.
"Das zeigt, dass unser Erbe von den Neandertalern ein zweischneidiges Schwert ist, wenn es um unsere Reaktion auf SARS-Cov-2 geht. Sie haben uns Varianten gegeben, für die wir sie sowohl verfluchen als auch ihnen danken können", sagt Studienautor Zeberg. Und sein Kollege Pääbo ergänzt: "Es ist auffällig, dass zwei von den Neandertalern vererbte genetische Varianten die Covid-19-Verläufe in entgegengesetzter Richtung beeinflussen. Offensichtlich beeinflusst ihr Immunsystem uns heute sowohl in positiver als auch in negativer Weise."
(dn)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL Radio | 10. Juli 2020 | 08:41 Uhr
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