Wissen-News Neandertaler und Frühmenschen hatten ähnlichen Stress in der Kindheit
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28. Mai 2024, 14:01 Uhr
Tübinger Forschende haben Hinweise auf schwierige Phasen bei Kindern vor zehntausenden Jahren anhand von Zähnen untersucht. Das Ergebnis: Neandertaler und Frühmenschen hatten Stress durch Krankheiten und Mangelernährung.
Kinder von Neandertalern, die bis vor rund 40.000 Jahren lebten, und moderne Menschen der jüngeren Altsteinzeit vor 50.000 bis 12.000 Jahren waren wahrscheinlich vergleichbaren Belastungen ausgesetzt, jedoch lag die jeweilige höchste Intensität in verschiedenen Entwicklungsphasen. Das hat die Untersuchung von Zähnen an der Uni Tübingen ergeben, deren Struktur Stressphasen etwa durch Krankheiten und Mangelernährung während der frühen Lebensjahre widerspiegelt. Die Forschenden vermuten, dass die modernen Menschen möglicherweise bessere Strategien hatten als die Neandertaler, die Belastungen für ihre Kinder während schwieriger Abschnitte der Entwicklung zu verringern.
Unterschiedliche Verteilung der Zahnschmelzdefekte
Die Expertinnen untersuchten 867 Zähne, davon stammten 423 von 74 Neandertalerindividuen und 444 von 102 Individuen moderner Menschen aus der jüngeren Altsteinzeit. Die Zähne wurden an 56 verschiedenen archäologischen Stätten im westlichen Eurasien gefunden. Sowohl die Milchzähne als auch die bleibenden Zähne der Menschen werden bereits in der Kindheit gebildet. "Wenn die Kinder Infektionen oder andere Krankheiten durchmachen oder die Ernährungslage schlecht ist, kommt es zu Fehlbildungen im Zahnschmelz. Da die bleibenden Zähne später nicht weiterwachsen, können wir solche Defekte auch noch an den Zähnen Erwachsener erkennen", erklärt die Studienautorin Sireen El Zaatari. Die reguläre Schmelzbildung der Zähne ermöglicht es, solche Ereignisse mit bestimmten Entwicklungsstufen der Kinder in Verbindung zu bringen.
Insgesamt seien die Neandertaler und die modernen Menschen aus der jüngeren Altsteinzeit in ihrer frühen Kindheit Belastungen in vergleichbarem Ausmaß ausgesetzt gewesen, stellen die Forscherinnen fest. "Wir beobachten jedoch eine unterschiedliche Verteilung der Zahnschmelzdefekte auf die Entwicklungsphasen der Kinder: Bei den modernen Menschen traten die Schmelzdefekte mit größerer Wahrscheinlichkeit in dem Alterszeitraum auf, in dem die Kinder abgestillt wurden", sagt Laura Limmer, eine weitere Studienautorin. Bei den Kindern der Neandertaler hätten sich Schmelzdefekte zwar ebenfalls vermehrt zum Zeitpunkt des vermutlichen Beginns des Abstillens gezeigt, jedoch habe die Spitzenbelastung durch physischen Stress in einer Entwicklungsphase nach diesem Zeitraum gelegen. Die Forscherinnen nehmen an, dass die Kinder der Altsteinzeit durch das Abstillen vermehrt Stress ausgesetzt waren, weil ein steigender Energiebedarf im Wachstum mit dem steigenden Risiko von Mangelernährung zusammentraf.
Links/Studien
Die Studie "Differences in childhood stress between Neanderthals and early modern humans as reflected by dental enamel growth disruptions" ist im Fachjournal "Scientific Reports" erschienen.
cdi/pm
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 02. Mai 2024 | 16:00 Uhr
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