Montag, 23.09.2024: Brückenlücken
Vorletzte Woche war mein Wohnort Dresden wieder bundesweit in den Nachrichten vertreten: Aus heiterem Nachthimmel war plötzlich die Carolabrücke eingestürzt. Damit ist eine zentrale Elbquerung im Dresdner Zentrum für lange Zeit unterbrochen.
Dieser unvermittelte Einsturz hat viel Verwunderung hervorgerufen. Wie kann es sein, dass ein bis dahin uneingeschränkt genutztes Bauwerk jäh in sich zusammenfällt? Wie ist es möglich, dass wenige Minuten vorher noch eine Straßenbahn problemlos darüberfuhr? Warum fällt ein dauerbelastetes Bauwerk gerade in belastungsfreiem Zustand ins Wasser?
Auch ich habe mich sehr darüber gewundert. Vor allem aber habe ich mich über das Wunder gefreut, dass dabei niemand zu Schaden kam. Der Landesbischof unserer Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Sachsen, Tobias Bilz, schrieb unmittelbar darauf dankbar in den sozialen Netzwerken: "Gott ist gnädig mit uns und hat uns bewahrt! Zugleich frage ich mich heute auch in einem übertragenen Sinne: Wo sind Verbindungen zwischen uns Menschen brüchig geworden?
Was trägt trotzdem? Welche Brücken müssen neu gebaut werden? Und was kann ich selbst dafür tun? Denn mich erschreckt ein Gedanke: Was würde es bedeuten, wenn wir nicht mehr auf das andere Ufer kämen?
Diese Fragen treiben auch mich um. Wenn die Architektur unserer Gesellschaften nur aus Mauern, Zäunen und Grenzen besteht, aber keinerlei Bewegungsmöglichkeiten zu anderen Orten, Menschen und Meinungen mehr bestehen, bleiben wir rechthaberisch und bitter zurück. Alle in ihrer Welt, alle auf dem je eigenen Stand-Punkt.
Wir alle aber sind Architekten unserer von Gott geschenkten einen Welt. Bei allen Abgrenzungen sollten wir darum nicht vergessen, dass es zum Aufeinanderzugehen zwischen Jung und Alt, Stadt und Land, Nahen und Fremden, Glaubenden und Zweifelnden auch tragfähige und belastungsstarke Brücken braucht. Die sind heute wichtiger denn je. Denn wenn eine Brücke einstürzt, bleibt man am Ufer zurück.