Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 16.-21.09.2024
Hauptinhalt
Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Pastor Sven Tiesler, am Sonntag Katrin Hutzschenreuter.
Sonnabend, 21.09.2024: Die Hütte
In unserem Garten steht eine alte Hütte. Auf den ersten Blick ist sie nichts Besonderes. Ein bisschen windschief an einem Apfelbaum gelehnt, etwas in die Jahre gekommen, mit bröckelnder Farbe und knarrender Tür. Doch wenn wir die Tür öffnen, entdecken wir, dass sie gefüllt ist mit allem, was wir brauchen, um unseren Garten zu pflegen und zu gestalten. Da sind die Werkzeuge: die Schaufel, der Rechen, die Gießkanne. Aber auch Dinge, die wir schon lange nicht mehr gebraucht haben, sammeln sich dort an - alte Eimer, zerbrochene Blumentöpfe, und so manches Stück, das wir vergessen haben, aber doch aufbewahren, "für den Fall, dass wir es noch einmal brauchen könnten".
Die Hütte ist ein Ort der Möglichkeiten, aber auch ein Ort des Gerümpels. Sie ist eine Mischung aus Nützlichem und Unnötigem, aus Vergangenem und Zukünftigem. In ihr sehe ich auch ein Bild für mein Leben. Mein Leben ist wie diese Hütte - gefüllt mit guten Erinnerungen, Fähigkeiten und meinem Wesen, aber auch meinen Sorgen, Ängsten und Verletzungen.
Wie in der Hütte in unserem Garten gibt es Dinge, die ich regelmäßig nutze – meine Gaben, mein Wissen, meine Zuwendung zu anderen Menschen. Und dann gibt es das Gerümpel: die zerbrochenen Blumentöpfe, die mich an das erinnern, was zerbrochen oder verletzt wurde. Alte Werkzeuge, die zu ihrer Zeit gut und richtig waren, nun aber kaum noch zu gebrauchen sind. Eimer, die halfen Wichtiges zu transportieren, stehen rostig und verbeult in der Ecke.
Ich merke, dass es gut ist, die Hütte des Lebens von Zeit zu Zeit einmal aufzuräumen, um sich von Nutzlosem zu trennen und Nützliches zu behalten. Es ist gut, wenn ich mich von alten Gewohnheiten trenne oder das Zerbrochene betrauere. Dabei vertraue ich auf Gott, der den Inhalt meiner Lebenshütte besser kennt als ich. Er weiß, was ich wirklich brauche, um zu wachsen und zu gedeihen, und was mich eigentlich nur belastet.
Gott hilft mir, mein Leben in Ordnung zu bringen, indem ich mich von dem trenne, was mich nicht weiterbringt. Und wenn ich Neues dazustelle, dann füllt er mich mit Hoffnung, Frieden und Freude.
Freitag, 20.09.2024: Der japanische Steingarten
Ein japanischer Steingarten ist etwas Faszinierendes. Beim Betrachten des Gartens spüre ich sofort, die Stille und Harmonie die über diesem Ort liegt. Alles sieht geordnet und strukturiert aus. Jeder Stein ist sorgfältig platziert, jeder Kiesel wird behutsam geglättet und geharkt. Die Linien im Sand symbolisieren das Fließen des Wassers, die Steine stehen oft für Berge oder Inseln. Alles ist in perfekter Balance, jede Form und Linie scheint durchdacht und gewollt. Ich soll mich an die Schönheit der Ordnung erfreuen und mir bewusst werden, wie wohltuend es sein kann, wenn mein Leben geordnet ist, wenn ich Struktur und Klarheit habe, wenn alles seinen Platz hat. Der Steingarten zeigt aber nur eine Momentaufnahme - ein Stillleben.
Es gibt Zeiten der Ordnung aber auch Zeiten des Chaos und des Wildwuchses. Diese Zeiten sind mir genauso wichtig, denn sie sind es, die mich wachsen lassen. In ihnen lerne ich, flexibel zu sein und mit Veränderungen umzugehen. Ein Garten, der nie wuchert, der niemals dem Wachstum freien Lauf lässt, wird irgendwann leblos und langweilig. Ich mag auch Gärten mit bunten Blumen auf einer Wiese und Bäumen, die sich im Wind wiegen. Alles wirkt hier so lebendig.
Auch solch ein Garten ist mein Leben, wo es Chaos, Herausforderungen und unerwartete Wendungen gibt. Sie fordern mich heraus, um neue Wege zu finden und kreativ zu werden. Der japanische Steingarten zeigt mir die Spannung zwischen Kontrolle und Loslassen. Der Gärtner gestaltet, ordnet und harkt, aber er weiß auch, dass er nicht alles kontrollieren kann. Der Wind wird den Sand verändern, der Regen seine Spuren hinterlassen. Es gibt Dinge, die außerhalb meiner Kontrolle liegen. Dankbar kann ich mich in diesen Zeiten Gott anvertrauen. Denn mein Leben in seiner Fülle umfasst beides: die Ordnung des Steingartens und den Wildwuchs des ungebändigten Lebens.
Beide Zeiten haben ihren Platz in meinem Leben. Es geht darum, in beiden Zeiten – in der Ordnung und im Chaos - Gottes Gegenwart zu suchen und zu finden. Damit ich beides annehmen kann: die Harmonie und die Unordnung, das Glatte und das Wilde. Denn in beidem ist Gott am Werk, und in beidem finden ich seine Führung und seine Liebe.
Donnerstag, 19.09.2024: Das Gras
Ich sitze im Garten und schaue den Rasen an und denke, der müsste mal wieder gemäht werden. Das Gras sprießt in Büscheln und Wiesenkräuter strecken sich der Sonne entgegen. Ich betrachte das Gras genauer und bin von dieser unscheinbaren Pflanze fasziniert. Da trete ich so oft gedankenlos auf das Gras und obwohl ich es immer wieder mähe, überlebt und wächst es. Diese Pflanze gibt nicht auf. Jedes Mal, wenn sie geschnitten wird, wächst sie zurück, manchmal sogar kräftiger als zuvor. Warum ist das so?
Die Stärke des Grases liegt nicht nur in den Halmen, sondern vor allem im Unsichtbaren, im Verborgenen - in seinen Wurzeln. Die Wurzeln des Grases verzweigen sich tief in die Erde, suchen Halt und Nahrung, auch wenn oben der Halm gekürzt wird. Das Wurzelwerk hält die Pflanze fest und gibt ihr was sie braucht, um immer wieder neu auszutreiben. In unserem Leben geht es oft um die Balance zwischen dem, was sichtbar ist, und dem, was verborgen bleibt. Der sichtbare Teil des Grases – die Halme, die im Wind tanzen - mag schön und wichtig sein, aber ohne die Wurzeln, die tief in der Erde Halt finden, wäre es nichts.
In meinem Leben gibt es auch diese Balance. Die sichtbaren Erfolge, die Momente des Glücks und der Freude - sie sind wie die Halme des Grases, für alle sichtbar. Doch was mich wirklich hält und stark macht, sind die Wurzeln, die tief in meinem Herzen und meiner Seele liegen: Liebe, Vertrauen, Glaube. Es sind meine Überzeugungen, meine Beziehungen zu anderen Menschen und mein Glaube an Gott. Diese Wurzeln nähren mich, geben mir Kraft und lassen mich auch in schweren Zeiten standhaft bleiben. Das Gras auf unserer Wiese zeigt mir, dass es nicht darauf ankommt, wie oft wir geschnitten oder niedergetrampelt werden, sondern darauf, wie tief unsere Wurzeln reichen. Damit ich mich in den schwierigen Zeiten des Lebens wieder aufrichten kann, stärker und fester als zuvor. Bin ich tief verwurzelt, kann ich stark wachsen und das Leben feiern – so wie das Gras, das trotz aller Widerstände immer wieder neu erblüht.