Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 26.08. - 01.09.2024

Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Elisabeth Schwope, am Sonntag Daniel Schmidt.

Sonnabend, 31.08.2024: Bilanz ziehen

Was hast du mir gebracht, August? So oder so ähnlich gibt es in den letzten Tagen Aufforderungen in den sozialen Netzwerken, Fotos zu posten. Natürlich werden die schönsten Impressionen ausgewählt, echte Highlights zum Bewundern. Die besten Momente eines Monats eben. Alles schillernd, ohne Patzer und Pannen.

Elisabeth Schwope 3 min
Bildrechte: Elisabeth Schwope
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gesprochen von Elisabeth Schwope

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Sa 31.08.2024 08:50Uhr 02:40 min

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Ja, in 31 Tage passen eine Menge Erfahrungen. Für uns sind es als Familie auch so einige Highlights gewesen: ein Schulstart, ein näher rückender Umzug, die erste Klassenfahrt, viele neu gefüllte Marmeladengläser, genauso wie neue Stundenpläne und veränderte Alltagsabläufe. Nach den Ferien hieß es wohl auch für die meisten Familien wieder im Alltag ankommen, sich nach dem Urlaub in die Routine einzufinden und möglicherweise einige Neuanfänge zu begleiten. Ich glaube, am Ende zählen nicht die großen Highlights eines Monats. Mein August hatte noch mehr zu bieten. Momente, die sich nicht in schillernden Bildern ausdrücken lassen. Ich blicke dankbar auf viele Nachrichten und Grüße zum Geburtstag zurück, auf Begegnungen bei einem Kaffee und lange Gespräche. Ein langer Brief einer Freundin, Freundschaften, die mich über Jahre halten und mich stärken. Auf Menschen, die unterstützen und helfen, wenn gerade die eigene Kraft nicht ausreicht. Mir fällt auf, wie selbstständig unser Schulkind mit den ersten Wochen im Schuljahr geworden ist. Ich sehe Freundschaften weiter wachsen und neue Projekte werfen ihre Schatten voraus. Das ist alles echt und sehr lebendig. Auch ohne Fotoabdruck. Es tut gut, regelmäßig Bilanz zu ziehen. Nicht erst nach zwölf Monaten zu Silvester. Sondern auch am Monatsende, am Wochenende oder am Tagesende. Manchmal bekommen Sternstunden so ihren Glanz und leuchten noch etwas stärker. Kleine Situationen bekommen ihre Bedeutung meist erst rückblickend. Auch ohne Foto hinterlassen jene Momente einen Abdruck in meinem Herzen. Sie sind nicht benennbar oder beschreibbar.

Denn meist sind es Nebenschauplätze, die im Rückblick sichtbar oder deutlich werden. Viele Menschen sehen die morgige Wahl auch als eine Art Bilanz. Es wird über die zukünftige Regierung abgestimmt. Ich finde, das hat wenig mit einem Rückblick zu tun. Für mich ist die Landtagswahl eine Chance der Gestaltung. Für eine Zukunft, in der Kinder zu mündigen Erwachsenen sich entfalten können. Eine Zukunft, die nicht von Hass und Angst geprägt wird. Für eine Zukunft, in der ich viele kleine Momente des Miteinanders sammeln kann. Und eine Zukunft, in der ich täglich am Ende des Tages dankbar für unsere demokratischen Werte sein kann und ich in meiner Bilanz von Freiheit und Gerechtigkeit im Kleinen und Großen reden kann. Ich habe morgen die Wahl. Für alle Menschen und mit Herz und Verstand

Freitag, 30.08.2024: Danke sagen

Regelmäßig ertappe ich mich dabei, einem Kind zu sagen: "Und was sagt man?" - und damit das entsprechende "DANKE" einzufordern. Es sind meist Situationen mit anderen Menschen, die Kleinigkeiten überreichen. Und sich danach ein erwartungsvolles Schweigen ausbreitet.

Elisabeth Schwope 3 min
Bildrechte: Elisabeth Schwope
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gesprochen von Elisabeth Schwope

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Fr 30.08.2024 05:45Uhr 02:43 min

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Meinem Sohn merke ich bei solchen Geschenken oder Überraschungen an, dass er so fasziniert und staunend erst einmal alles begutachtet. Reden hat da keinen Platz. Staunende Augen sind eigentlich Aussage genug. Doch in die künstliche Pause hinein flüstere ich ihm dann doch manchmal ins Ohr, dass man sich bedanken kann.

Völlig anders war ein Gespräch zu zweit über eine Anmeldung zu einer Kinderveranstaltung. Nach einer kurzen Stille kam plötzlich ganz leise von ihm "Danke, Mama". Ich hätte es im Straßenverkehr beinahe nicht gehört. In den leisen Tönen war so viel Freude und Zufriedenheit zu spüren, dass ich nur mit "Bitte" antworten brauchte.

Dankbarkeit ist scheinbar weniger eine Erwartung, sondern ein Gefühl. Und Gefühle lassen sich weder lernen noch steuern oder einstudieren. Natürlich lassen sich Werte durch Vorleben und im Miteinander weitergeben. Dazu gehören sicher auch die Worte bitte und danke. Für mich haben diese beiden Worte im Alltag selbstverständlich ihren Platz. Dazu gehören aber noch viel mehr Worte, die von Respekt und Anerkennung zeugen. Denn meiner Meinung nach sind es keine Zauberwörter. Zaubern heißt für mich, dass es einen Automatismus, ein Herbeizaubern bestimmter Dinge wäre. Für einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe erscheint mir das aber ein merkwürdiges Bild. Verzaubere ich die andere Person?

Bei einem Liebespaar mag dieses sprachliche Bild ja romantisch anmuten. In einem Gespräch zwischen Fremden klingt das aber auch anmaßend und schnell übergriffig. Keine Gefühle, die ich mit Dankbarkeit verbinden möchte. Stelle ich den Artikel 1 des Grundgesetzes in den Fokus, verändert sich meine Erwartungshaltung. "Die Würde des Menschen ist unantastbar." (GG 1). Mit diesen Worten schreibt das Gesetz allen Menschen eine gleiche Würde zu.

Würde heißt für mich auch, einen Freiraum zu lassen für eigene Wahrnehmungen und Empfindungen. Und ich sehe die Würde auch aus einer Perspektive des Glaubens: Als Abbild Gottes geschaffen, ja als Ebenbild. (Gen 1,27). Mit voller Würde ausgestattet, brauche ich keine Zauberei, keine Erwartungen. In einem Miteinander kann so viel Dankbarkeit erwachsen und bedeutet dabei mehr als das Wort im richtigen Moment. Für jedes Gespräch und alle Begegnungen wünsche ich mir heute diese Haltung. Auf die Frage "Wie heißt das Zauberwort?" kann ich ganz einfach sagen: Respekt. (vgl. Susanne Mierau)

Donnerstag, 29.08.2024: Ausgebremst

In den Sommermonaten fällt es mir deutlich leichter, morgens mit dem Rad zu starten. In Dresden liegt der Große Garten direkt auf meinem Arbeitsweg. Und ich genieße den Weg durch das schöne Grün der Bäume und Wiesen. Grün war letztens aber auch eine spontane Mitfahrgelegenheit. Auf meinem Arm landete ein Grashüpfer und krabbelte langsam nach unten in Richtung Lenker. Ich freute mich über den Gast und war sicher, dass er bald abspringen würde. Das Gegenteil war allerdings der Fall. Er fand an der Gangschaltung einen guten Halt und blieb einfach sitzen. Der Fahrtwind störte scheinbar nicht. Nach dem ersten Schmunzeln fühlte ich mich langsam ausgebremst von ihm. Während der Fahrt konnte ich aus Rücksicht nicht mehr schalten und fuhr immer langsamer. Aber ihn vom Lenker zu werfen, kam mir unmöglich vor.

Elisabeth Schwope 3 min
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gesprochen von Elisabeth Schwope

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Do 29.08.2024 05:45Uhr 02:44 min

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Ich glaube ja, solche Mitfahrer kenne ich auch aus anderen Situationen. Vielleicht nicht auf dem Fahrrad oder im Auto. Aber manche Menschen kreuzen einfach auf und werden ein Teil meines Weges. Sie begleiten mich ein Stück und brauchen vielleicht Unterstützung und meine Kraft. Möglicherweise auch nicht freiwillig. Das fühlt sich dann manchmal auch nervig an, dass ich aufgehalten oder ausgebremst werde. Möglicherweise halten mich Menschen im Arbeits-Team auf oder hilfesuchende Personen an der Bushaltestelle. Mir bleibt die Wahl, es zu ignorieren oder mich darauf einzulassen. Persönlich bin ich aber überzeugt, dass eine Gemeinschaft nur mit Rücksicht auf die Schwächeren funktionieren kann. Manches geht dadurch langsamer voran als gewünscht. Das will ich nicht leugnen.

Umgangssprachlich wird oft davon gesprochen: Die Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Mich spricht die Perspektive des Religionsphilosophen Martin Buber mehr an: "Alles wirkliche Leben ist Beziehung". Wir brauchen die anderen Menschen, es braucht gegenseitige Hilfe, um persönlich überhaupt wachsen zu können. Berühmt wurde Buber mit dem Satz "Der Mensch wird am Du zum Ich". Für mich ist das "Du" dabei nicht auf eine Person zu reduzieren. Täglich begegnen mir viele Mitmenschen. Im Flur, beim Einkaufen, in der Straßenbahn. Ich sehe Menschen, die gerade ein tröstendes Wort brauchen, eine Familie, die ihre Wohnung verlassen muss, Menschen, die einsam sind. Wie begegne ich ihnen? Lasse ich Vorurteilen oder Interesse aneinander den Vorrang? Möglicherweise halten mich andere Personen auf meinem Weg auf. Aber ich glaube, es ist eine Chance für ein Wachsen und neue Beobachtungen.

Mein Grashüpfer übrigens sprang nach fünf Minuten selbst ab. Ich konnte in der Zeit mit mehr Ruhe meine Umgebung genießen. Und kam letztlich nur eine Minute später ans Ziel als gedacht.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Elisabeth Schwope
Bildrechte: Elisabeth Schwope

Kurzbiografie Elisabeth Schwope

Elisabeth Schwope

geboren 02.08.1990 in Löbau /Sachsen | 2010-13 Studium der Religionspädagogik in Freiburg/Breisgau | 2013-14 Berufspraktisches Jahr in Zwickau | seit 2014 Schulseelsorgerin am Bischöflichen Maria-Montessori-Schulzentrum in Leipzig | 2014-16 Gemeindeassistentin in Leipzig-Grünau | seit 2016 Gemeindereferentin in Leipzig Nord | seit Herbst 2017 in Elternzeit | wohnhaft in Dresden, verheiratet, zwei Kinder

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.