Montag, 03.02.2025: Zukunftsaussichten

Mein Großvater - Jahrgang 1928 - hat nach der 8. Klasse die Volksschule beendet. Ostern 1942. Dann war er zwei Jahre an einer "Pflichtberufsschule für Jungen". "Führung und Haltung: sehr gut" steht auf dem vergilbten Zeugnis. Aber auch "Allgemeines Rechnen: 4".

Klassenlehrer Schulze hat fein säuberlich unterschrieben. Daneben prangt der Schulstempel mit Reichsadler und Hakenkreuz. Ostern 1944 schließt mein Opa endgültig die Schule ab. Gerade 16 Jahre alt. Ein knappes Jahr vor Ende des 2. Weltkriegs wird er eingezogen. Ein Granatsplitter verletzt ihn am Arm. Aber er überlebt. Wird Eisenbahner. Viele Jahre arbeitet er auf einem Stellwerk nahe des Dresdner Hauptbahnhofs.

Rundfunkbeauftragte der sächsischen Landeskirche 3 min
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gesprochen von Mira Körlin

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mo 03.02.2025 05:45Uhr 02:34 min

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Inzwischen sind meine Söhne in ähnlichem Alter wie mein Großvater vor 80 Jahren: 15 und 18. Und ich nehme wahr, wie sich gerade jetzt ihre Gefühle überschlagen: Wenn das Ende der Schulzeit in Sichtweite rückt. Wenn sich Interessen und Talente zeigen.

Aber auch Zweifel kommen: Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich? Wo wird einmal mein Platz sein? In dieses Suchen und Fragen mischen sich Ängste. Die Jungs sorgen sich: Werden wir künftig in Frieden leben können? Werden wir gar kämpfen müssen? Auch mein Herz krampft sich bei diesen Fragen zusammen.

In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Jo. 16,33) Jesus sagt das seinen Freunden, kurz bevor er verhaftet wird. Er spricht damit eine Erfahrung an, die Menschen immer schon kennen. Sei es durch persönliche Krisen, gesellschaftliche Unsicherheiten oder globale Herausforderungen.

Mir scheint es ist wichtig, solche Ängste in Worte zu fassen. Mit Vertrauten darüber zu reden. Und zu beten. Gott zu fragen: "Was kann helfen? Was kann ich tun, hier, heute, jetzt?"

Mein Großvater lässt mich hoffen: Er durfte erfahren, dass es jeden Tag weitergeht. 92 Jahre lang.