Dienstag, 04.02.2025: Feine Antennen
Heute vor 119 Jahren wird Dietrich Bonhoeffer geboren. Er und seine sieben Geschwister wachsen auf mit Musik, Sport und Spiel, Kinderfesten und Büchern. Mutter und Vater empfangen die unterschiedlichsten Gäste. Gemeinsam wird diskutiert über Politik und Gesellschaft, Gott und die Welt. In der Familie erwarteten die Eltern Rücksicht, Bescheidenheit, Klarheit. Aufschneiderei, Überheblichkeit sind verpönt.
Nach dem Abitur studiert Dietrich Theologie. Anschließend geht er nach Barcelona und begeistert dort die Jüngsten der Gemeinde. Ein Studienjahr in New York schließt sich an. Er erlebt schwarze Kirchgemeinden und wie sich Christen für bessere, menschenwürdigere Verhältnisse einsetzen. Zurück in Berlin arbeitet er mit Konfirmanden aus Brennpunktstadtteilen.
In diesen Jahren muss es gewesen sein, dass Bonhoeffer in besonderer Weise zuzuhören beginnt. Obwohl er selbst einer privilegierten Familie entstammt, lässt er sich bedingungslos ein auf seine Gegenüber - auch, wenn sie völlig anders leben und "ticken" als er. - gänzlich offen - der Weltsicht seiner Gegenüber aus.
Wer Ohren hat, der höre (Offb 2,7), heißt es in der Bibel.
"Wirkliches Zuhören ist anstrengend", sagt der Kommunikationsexperte Bernhard Pörksen. "Es kann die Karriere kosten, in den Burn-out treiben oder in die Verzweiflung. Wirkliches Zuhören kann das eigene Leben umstülpen." Pörksen weist zudem auf unsere feinen Antennen beim Zuhören hin. "Wir bemerken Heucheleien, Angebereien, Vernebelungsversuche."
So vermag Bonhoeffer sich nicht nur in andere Lebensläufe, andere Milieus, andere Ansichten hineinzuversetzen. Er erkennt in den Reden Hitlers auch den Blender. In einer Radiopredigt zwei Tage nach der Machtergreifung warnt der junge Theologe vor dem "Führer". Doch die Übertragung wird vorzeitig abgebrochen.
Heute gilt Dietrich Bonhoeffer als einer der bedeutendsten Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Womöglich auch deshalb, weil er zuhören konnte.