Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 27.01. - 02.02.2025
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Guido Erbrich, am Sonntag Katrin Hutzschenreuter.
Sonnabend, 01.02.2025: Tauschgeschäfte
Zwei Pfarrer aus zwei Ländern und eine verrückte Idee: Sie wollen einfach mal ihre Pfarreien tauschen. Für elf Tage. Der eine ist Miroslav Martiš aus dem tschechischen Stříbro und der andere Bertram Wolf aus Gera. Das Ziel: Den kirchlichen Alltag im jeweils anderen Land besser kennenlernen und dabei grenzüberschreitend neue Impulse für die eigene Arbeit sammeln. Nicht ganz unwichtig dabei: Beide Pfarrer sprechen ein wenig die Sprache des anderen.
Der eine bietet eine große barocke Kirche - natürlich ist das die tschechische, der andere bekommt dafür elf Tage lang einen sehr modernen Bau in Gera. Dort kann er dann mal sehen, wie es sich ohne Engel an dem Decken und Figuren an jeder Säule lebt, mag sich der deutsche Kollege denken.
Der tschechische gibt zu, dass er das eigentlich braucht und sagt selbst schon im Vorfeld: "In eurer modernen Kirche fehlen mir Bilder und die Atmosphäre unserer barocken Kirchen, wo alle Sinne angesprochen werden. Aber ich freue mich, die Gottesdienste mit den Menschen hier zu feiern und besser zu verstehen, wie es bei euch ist."
Bertram Wolf freut sich dagegen auf den Barock, gibt allerdings zu. Lange habe ich mit Barock nichts anfangen können. Bis ich dann fünf Jahre lang an der Dresdner Hofkirche Kaplan war. So eine Kirche sieht jeden Tag anders aus. Es waren geniale Baumeister, die mit Licht und Formen spielten. Und die Kirche ist mir dann fünf Jahre lang nicht eine Sekunde langweilig geworden.
Natürlich haben beide Erwartungen und Vorstellungen, gewiss auch manch Vorurteile, über die Situation im jeweils anderen Ort. Dem tschechischen Pfarrer scheint die Kirche in Deutschland viel zu liberal zu sein. Aber was heißt das? Gerade deswegen ist er neugierig darauf.
Sein deutscher Kollege weiß, dass das Bistum Pilsen, in das er geht, gerade eine Synode abgehalten hat. "Pfarrer halten häufig nicht allzu viel von solchen Prozessen", lacht er. Aber jetzt kann ich ja mal mit ein paar Leuten sprechen, die da mitgemacht haben und nicht Pfarrer sind.
Gespannt sind beide auf die Ökumene, also die Zusammenarbeit mit anderen Konfessionen vor Ort. Beide freuen sich darauf mal ein paar Tage Kirche anders zu erleben. Ihren Horizont zu erweitern und mit anderen Menschen in anderer Sprache und Tradition zum gleichen Gott zu beten. Und von den Stärken des anderen zu lernen.
Und wie werten sie es nach elf Tagen aus? Wahrscheinlich mit Pilsner Bier, Thüringer Rostbratwürsten und vielen neuen Erkenntnissen im Rucksack.
Freitag, 31.01.2025: Verwandlung
Welches Wort passt am besten zu Chemnitz? Verwandlung, würde ich sagen. Den diese Stadt musste sich schon ein paar Mal neu erfinden.
Chemnitz war lange Zeit eine der reichsten Städte in Deutschland. Das lag vor allem an der florierenden Textilindustrie. Der Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges zerstörte vieles davon.
In der DDR wurde sie als sozialistische Musterstadt neu aufgebaut und ihr 1953 der Name Karl-Marx-Stadt verliehen. Das es keinerlei Bezug von Karl Marx zu Chemnitz gibt machte den SED Oberen dabei nichts. Sie ließen einfach einen riesigen Karl-Marx-Kopf in die Stadt bauen.
60 Tonnen schwer, die zweitgrößte Büste der Welt. im Volksmund "der Nischel", genannt. Ein sächsischer Begriff für Kopf oder Schädel. Kein Wunder, dass der Ort des Denkmals zu DDR-Zeiten hinter vorgehaltener Hand auch "Schädelstätte" genannt wurde. Was sicher provokant gemeint war, ist es doch eine Anspielung auf den Ort der Kreuzigung Jesu.
Den Golgotha hat Martin Luther in seiner Bibelübersetzung Schädelstätte genannt. Dabei folgt auf den Tod Jesu am Kreuz die Auferstehung. Es ist der hoffnungsvolle und auch trotzige Glauben, am Ende siegt das Leben über den Tod.
1990 bekam die Stadt wieder ihren ursprünglichen Namen Chemnitz: Der Nischel steht immer noch.
Über Chemnitz gibt es bisher viele Vorurteile: farblos, politisch gefährlich und ästhetisch uninteressant. Wie sieht das Ulrike Lynn vom Team der Kulturhauptstadtkirche?
Ulrike Lynn: Für den, der nicht genau hinschaut, mag das so aussehen. Stimmen tut es nicht. Chemnitz ist eine Stadt voller Brüche und Risse - eine verwundete Stadt. Eine Stadt, die sich nach Heilung sehnt, nach Versöhnung, nach Selbstvertrauen und Wertschätzung.
Eine im Reigen sächsischer Großstädte ungesehene Stadt, ein Aschenbrödel, das aber vielleicht ja zur Prinzessin werden könnte? Chemnitz hat unglaublich viel Potential, hier ist noch alles möglich - eine offene Zukunft, eine Gestaltung, die nicht vorgegeben ist, Raum für viele Innovationen und neue Ideen.
Die Kulturhauptstadt ist eine Chance für Chemnitz, auch diese Verwandlung hinzubekommen.
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