Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Frage nach "wirklicher" Herkunft bei Polizeikontrolle ist diskriminierend

25. Mai 2024, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Fitnessstudio-Kette darf Beiträge nicht per "Drehtür" erhöhen

Landgericht Bamberg (Az. 13 O 730/22)

Kreta Kreuzheber* ist Mitglied im Fitnessstudio einer großen Kette. Beim Besuch des Studios fällt ihr eines Tages ein Aufsteller vor der Drehtür auf. Darauf ist zu lesen, die Beiträge sollen angepasst werden. Mit dem Betreten des Studios stimme man dem neuen Tarif automatisch zu. 'Geht doch gar nicht', denkt sich die Sportlerin im Vorbeigehen und will sich erst einmal auf ihr Training konzentrieren. Bis sie die Abbuchung des nächsten Monatsbeitrags auf ihrem Konto entdeckt und feststellen muss: Der fällt plötzlich höher aus. Frau Kreuzheber wendet sich an die Verbraucherzentrale.

Der Fall landet am Landgericht Bamberg. Das bestätigt die Auffassung der Verbraucherzentrale und untersagt dem Betreiber der Fitnessstudios die so wörtlich "aggressive Geschäftspraxis": "Die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher:innen wird damit unzulässig beeinflusst. Indem das Passieren des Drehkreuzes als Zustimmung zu einer Preiserhöhung des Mitgliedbeitrags gewertet wird, stehen die Mitglieder vor der Entscheidung, die Preiserhöhung mit dem Betreten des Studios zu akzeptieren oder nicht trainieren zu können."

Der Betreiber muss der Klägerin die zu viel gezahlten Beiträge zurückerstatten und trägt die Kosten des Rechtsstreits.


Frage nach "wirklicher" Herkunft bei Verkehrskontrolle ist diskriminierend

Amtsgericht Berlin-Mitte (Az. 21 C 252/23)

Student Karim Khalil* ist mit seinem Fahrrad in Berlin unterwegs. Weil die Sonne blendet, zieht er sein schwarzes Brillenetui aus der Tasche. Prompt wird er von zwei Polizisten angehalten und verwarnt. Die unterstellen ihm, er habe telefoniert. Von einer Richtigstellung der Situation wollen die Beamten nichts wissen und stellen dem jungen Mann ein Verwarngeld über 55 Euro aus.

Dafür nehmen sie dann auch die Personalien des Deutschen mit tunesischen Wurzeln auf und fragen unter anderem nach dessen Wohn- und Geburtsort. Als der erklärt, er sei in Bochum geboren, fragt einer der Polizisten, woher er "wirklich" komme. Khalil legt Beschwerde beim Land Berlin ein, kommt damit aber nicht durch.

Das Amtsgericht Berlin-Mitte sieht aber eindeutig eine Diskriminierung: "Durch die erneute Nachfrage wird der Kläger weniger günstig behandelt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Sie lässt erkennen, dass der Polizist die bisherige Antwort für unwahr gehalten hat. Der Beamte scheint den Kläger als Person mit Migrationshintergrund wahrzunehmen und schreibt ihm rassistischen Merkmale zu."

 Das Land Berlin muss dem Kläger 750 Euro Entschädigung zahlen.


Jäger beim Zerlegen eines Tieres verletzt – kein Arbeitsunfall

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (AZ: L 3 U 62/23)

Fabian Fangmann* ist Jäger. Auf dem Revier eines Bekannten im Spreewald schießt der 44-Jährige einen Hirsch. Gemeinsam wollen die beiden das Tier nun zerlegen. Dafür begeben sich Herr Fangmann und der Revierpächter in die Kühlkammer. Beim Versuch, dem Hirsch das Fell abzuziehen, stürzt der von der Decke, wo er vorher am Haken festgemacht war.

Herr Fangmann wird dabei schwer verletzt. Er will den Unfall bei der Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Die lehnt aber ab und begründet, der Kläger stehe als Jagdgast nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigt die Entscheidung: "Obwohl sich der Unfall außerhalb des Jagdreviers ereignet hat, ist der Kläger nicht als "wie-Beschäftigter" versichert gewesen. Die Tätigkeit des Zerlegens hat im Zusammenhang mit seiner persönlichen Jagdleidenschaft gestanden und nicht mit einer betrieblichen Tätigkeit.

 Der Jäger hat damit keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. Mai 2024 | 08:23 Uhr

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