Ein Reisebus auf der Straße. 4 min
In unserem ersten Urteil geht es um Toilettenpausen bei Busreisen. Hören Sie das Audio "Urteile der Woche". Bildrechte: imago images / Arnulf Hettrich

Urteile der Woche Kein Schmerzensgeld wegen fehlender Toilettenpause bei Busreise

10. August 2024, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Kein Schmerzensgeld wegen fehlender Toilettenpause bei Busreise

Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-24 / 62/21)

Wasili Werner hat eine Busreise nach Polen gebucht. Es ist 2021 und wegen Corona dürfen die Toiletten in dem Fahrzeug nicht genutzt werden. Der Reiseveranstalter hat stattdessen regelmäßige Toilettenpausen eingeplant. Der Bus gerät allerdings in diverse Staus, sodass gut vier Stunden lang kein Halt möglich ist. Im Hotel angekommen hat Herr Werner starke Beschwerden beim Toilettengang. Der örtliche Reiseleiter besorgt ihm einen Termin beim Arzt, der ihm Medikamente verschreibt.

Weil es dem Urlauber auch in den folgenden Tagen nicht bessergeht, fährt er auf eigene Kosten nach Deutschland zurück und lässt sich im Krankenhaus behandeln. Gegen den Reiseveranstalter geht er vor Gericht und verlangt mindestens 3.000 Euro für Rückreise und Schmerzen.

Und so hat das Landgericht Frankfurt am Main in dem Fall entschieden: "Staus bei Bus- oder Autofahrten fallen in den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos. Zwar ist ein Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden, welcher sich wegen gesundheitlichen Beschwerden in Schwierigkeiten befindet, angemessen Beistand zu leisten. Den Transport in ein polnisches Krankenhaus hat der Kläger aber nicht gewünscht."

Herr Werner geht damit leer aus.

Eine Person schnallt sich an. 4 min
Bildrechte: picture alliance / dpa | Hendrik Schmidt

Feiertagszuschläge richten sich nach dem regelmäßigen Beschäftigungsort

Bundesarbeitsgericht Erfurt (Az.: 6 AZR 38/24)

Ronny Röntgen ist Techniker an einem Klinikum in Nordrhein-Westfalen. Dort ist Allerheiligen ein Feiertag. Herr Röntgen muss Anfang November aber eine mehrtägige Fortbildung in Hessen machen, wo der Feiertag nicht gilt. Bei seinem Arbeitgeber pocht der Beschäftigte auf den Feiertagszuschlag – schließlich galt die Fortbildung als Arbeit. Das Klinikum schreibt ihm zwar zehn Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gut, aber keinen Zuschlag. Also geht die Sache vor Gericht und wird zur Grundsatzentscheidung für den öffentlichen Dienst.

In dritter Instanz entscheidet das Bundesarbeitsgericht in Erfurt: "Wer im öffentlichen Dienst arbeitet, hat auch dann Anspruch auf Feiertagszuschlag, wenn er am fraglichen Datum in einem anderen Bundesland arbeitet, in dem der Feiertag nicht gilt. Für den Anspruch kommt es auf den regelmäßigen Arbeitsort an."

Das Klinikum muss seinem Mitarbeiter den Feiertagszuschlag zahlen.


Verletzung durch Angriff einer betreuten Person ist Arbeitsunfall

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (Az. L 6 U 19/23)

Bernhard Behr lebt mit seinem erwachsenen Sohn Benjamin in einer gemeinsamen Wohnung. Der ist 38 Jahre alt. Wegen einer geistigen Behinderung muss er betreut werden. Das übernimmt sein Vater im Ehrenamt. Herr Behr ist damit auch versichert. Eines Tages eskaliert ein Streit ums Aufräumen: der 38-Jährige zerschlägt in seiner Wut mit einem Hammer eine Tür. Herr Behr ruft sofort Notruf und Polizei.

Der Streit geht aber weiter und endet erst, als Benjamin seinem Vater eine Vase auf den Kopf schlägt. Was zurückbleibt, ist eine tiefe Platzwunde. Die zuständige Unfallkasse weigert sich, die Verletzung als Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen.

Herr Behr klagt deshalb und bekommt Recht vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt. "Der Schlag mit einer Vase gegen den Kopf eines ehrenamtlichen Betreuers kann ein Arbeitsunfall sein – und zwar auch, wenn Betreuer und Betreuter Familienangehörige sind. Da der Vater bereits vor dem Schlag mit der Vase den Notruf gewählt hat, um ärztliche Hilfe für seinen Sohn herbeizurufen, ist die Situation dem Bereich der Gesundheitsfürsorge zuzuordnen, die zu der Betreuungstätigkeit des Vaters gehöre."

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 10. August 2024 | 06:39 Uhr

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