Urteil Fluggesellschaft muss bei Verspätungen keinen Alkohol erstatten
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22. April 2023, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Bei Verspätungen: Fluggesellschaft muss Alkohol nicht erstatten
Amtsgericht Hannover (Az. 513 C 8538/22)
Herr und Frau Palmenwind* befinden sich auf dem Weg nach Hause von Miami nach Hannover. Wegen einer ungeplanten Umbuchung müssen die beiden eine Zwischenlandung hinnehmen, auf der sie sage und schreibe viereinhalb Stunden Verspätung haben. Laut der Fluggastrechteverordnung müssen Luftfahrunternehmen in einem solchen Fall "Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit" anbieten. Darauf besteht die Familie auch: Sie verlangt im Nachhinein neben dem Essen auch die Kosten für zwei "Aperol Spritz" zurück – zum Preis von jeweils 17 Euro. Dabei habe es sich wegen der hohen Temperatur um ein völlig angemessenes Erfrischungsgetränk gehandelt.
Am Amtsgericht Hannover sahen die Richter das völlig anders: "Bei alkoholischen Getränken wie "Aperol Spritz" handelt es sich nicht um Erfrischungen im Sinne der Fluggastrechteverordnung. Ganz im Gegenteil dürfte deren Wirkung im Regelfall gegenteilig sein. Grundsätzlich sind Airlines bei Verspätungen oder Annullierungen von Flügen auch nicht verpflichtet die Kosten für alkoholische Getränke zu erstatten."
Reservierungsgebühr für Immobilie muss bei Nichtkauf zurückgezahlt werden
Bundesgerichtshof (Az. I ZR 113/22)
Familie Wartenbach* hat ihr Traumhaus gefunden – die Finanzierung allerdings steht noch nicht. Mit ihrem Makler hat sie vereinbart, dass das Haus einen Monat reserviert wird. In dieser Zeit darf das Haus anderen Interessenten nicht gezeigt werden. Dafür werden 4.200 Euro fällig, die laut Vertrag auch dann nicht zurückgezahlt werden, falls der Kaufvertrag nicht zustande kommt. Und tatsächlich: Die Familie findet keine Bank, die den Kauf finanziert. Vor Gericht verlangt sie dennoch die Reservierungsgebühr zurück. Steht ihr die zu?
Ja, sagte der Bundesgerichtshof: "Die Kaufinteressenten hatten hier ein verständliches Interesse an der Reservierung der Immobilie. Die schriftliche Reservierungserklärung allein ist aber nicht ausreichend, um die Gebühr zu rechtfertigen. Denn der Grundstückseigentümer kann nach Ablauf der Frist das Haus trotzdem an einen anderen Interessenten verkaufen."
Die Reservierungsgebühr muss hier also an die Familie zurückgezahlt werden.
Eigentümerin muss Feuerwehreinsatz an gesunkener Jacht in Rheinland-Pfalz zahlen
Verwaltungsgericht Koblenz (Az. 3 K 906/22.KO)
Sandra Sandicke* besitzt eine kleine Jacht, die bei einer Überfahrt auf Grund gelaufen ist. Die zuständige Rettungsleitstelle alarmiert daraufhin die Feuerwehr. Ein achtstündiger Bergungsversuch bleibt erfolglos. Die Motorjacht wird deshalb von einem Privatunternehmen in den Schutzhafen abgeschleppt. Die Gemeinde verlangt nun von Frau Sandicke 5.800 Euro für den Feuerwehreinsatz. Doch die lehnt ab, sie habe die Feuerwehr ja nicht verständigt. Der Einsatz sei auch gar nicht nötig gewesen, denn einen Wassereinbruch oder Ölaustritt habe es nicht gegeben. Vielmehr sei durch die Bergungsversuche ein Totalschaden an der Jacht entstanden. Das Abschleppunternehmen anzurufen hätte völlig ausgereicht.
Die Richter am Verwaltungsgericht Koblenz hatten für diese Argumentation kein Verständnis: "Von der Feuerwehr mussten Vorkehrungen getroffen werden, um einen möglichen Schaden zu minimieren. Dabei kam es auf die Beurteilung zum Einsatzzeitpunkt an. Denn bei der Alarmierung der Feuerwehr hat die Wahrscheinlichkeit bestanden, dass das auf Grund gelaufene Boot durch die starke Strömung jederzeit hätte abtreiben und in die Fahrrinne gelangen können."
Auch wenn die Jachtbesitzerin die Feuerwehr nicht gerufen hat – zahlen muss sie für den Einsatz trotzdem.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. April 2023 | 06:00 Uhr