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Urlaub statt Arbeit: So bekommen Sie fünf Tage mehr Urlaub dieses Jahr. Mit Bildungsurlaub bekommen Arbeitnehmer bezahlten Sonderurlaub. Reporterin Madelaine klärt welche Kurse angeboten werden und was das kostet.

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Weiterbildung und Erholung Tipp Bildungsurlaub: Zusätzliche Urlaubstage – und das Gehalt läuft weiter

02. April 2024, 08:50 Uhr

Nur wenige nehmen Bildungsurlaub in Anspruch. Viele wissen gar nicht, dass ihnen diese zusätzlichen Urlaubstage zustehen. Doch gilt das nicht in allen Bundesländern. Was zu beachten ist, haben wir Lara Körber von der Online-Plattform "Bildungsurlauber.de" gefragt. Hier gibt es Tipps zu den Anträgen und zur Kursvielfalt für die gesetzlich geregelte Weiterbildungsmöglichkeit.

Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?

Lara Körber: In Deutschland haben die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate in einem Unternehmen beschäftigt sind, Anspruch auf Bildungsurlaub. Das heißt, fünf bis zehn Tage bezahlte Freistellung von der Arbeit für als Bildungsurlaub anerkannte Weiterbildungen – von Sprachkurs bis Burnout-Prävention. Wichtig ist, dass das Seminar, welches man besuchen möchte, in dem Bundesland anerkannt ist, in dem man arbeitet. Es zählt immer der Hauptarbeitsort – nicht der Wohnort.

In Sachsen-Anhalt und Thüringen können auch Auszubildende Bildungsurlaub beantragen. In Sachsen allerdings gibt es noch keinen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub. Um das zu ändern, läuft aktuell – zusammen mit DGB, ver.di und vielen anderen – der Volksantrag "Bildungszeit - Zeit für Sachsen". Bis Mai 2024 müssen 40.000 Unterschriften gesammelt werden. (Anmerkung der Redaktion: Keinen Anspruch auf Bildungsurlaub haben derzeit nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den zwei Bundesländern Sachsen und Bayern.)

Wie sieht es aus mit Selbstständigen?

Leider haben Selbständige keinen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub. 

Wie viel Anspruch hat man jährlich?

Das kommt ganz auf das Bundesland an. In Thüringen haben Arbeitnehmende beispielsweise nur Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr. Lediglich, wenn der Arbeitgebende den beantragten Bildungsurlaub abgelehnt oder seine Zusage zum Bildungsurlaub zurückgenommen hat, kann der Anspruch auf das nächste Jahr übertragen werden. Sachsen-Anhalt hingegen ermöglicht es Arbeitnehmenden, ganz unkompliziert zehn Tage Bildungsurlaub innerhalb von zwei Jahren wahrzunehmen. (Anmerkung der Redaktion: Keinen Anspruch auf Bildungsurlaub haben derzeit nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den zwei Bundesländern Sachsen und Bayern.)

Worauf muss ich bei der Antragstellung achten?

Wenn man sein Seminar gefunden hat, dann muss man eigentlich nur noch die Beantragungsfrist einhalten. In Thüringen muss der Bildungsurlaubsantrag acht Wochen vorher eingereicht werden. In Sachsen-Anhalt sind es sechs Wochen. Wir empfehlen vorher jedoch immer beim Arbeitgebenden abzuklopfen, was ein guter Zeitraum für den Bildungsurlaub ist. Denn auch wenn man den Anspruch hat, muss die Planung zum Beispiel ja in die gesamte Urlaubsplanung des Kollegiums passen.

Wo beantrage ich Bildungsurlaub?

Bei der Personalabteilung, sofern in der Firma vorhanden. In manchen Firmen gibt es dafür auch einen eigenen Antrag. Ansonsten geht man mit seinen Unterlagen zur Chefin oder zum Chef. Den Antrag kann man zum Beispiel auf den Seiten der Bundesländer finden und dann selbst ausfüllen.

Sollte ich den Kurs schon verbindlich buchen, auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich von meinem Chef oder meiner Chefin freigestellt werde?

Lara Körber
Lara Körber von der Online-Plattform "Bildungsurlauber.de" erklärt, dass es je nach Bundesland verschiedene Antragsfristen für Bildungsurlaube gibt. Bildrechte: Lydia Gorges

Am besten stimmt man erstmal gemeinsam einen guten Zeitraum ab, der passen würde. Dann sucht man sich ein Seminar und stellt die Antragsunterlagen zusammen. Mit denen geht man dann zum Arbeitgebenden. Viele Kursanbietende reservieren in dieser Zeit bereits auch den Seminarplatz. Nach der Beantragung hat der Arbeitgebende eine Antwortfrist. In Thüringen muss eine schriftliche Ablehnung unter Angabe von Gründen spätestens vier Wochen nach Antrag vorliegen. In Sachsen-Anhalt hat der Arbeitgebende tatsächlich die gesetzliche Freiheit, erst drei Tage vor Beginn der Veranstaltung über den Antrag zu entscheiden – das kommt aber selten vor.

Muss der Bildungsurlaub fachlich mit meinem Beruf zu tun haben?

Nein. Es ist nur wichtig, dass das Seminar offiziell vom jeweiligen Bundesland als Bildungsurlaub anerkannt ist. Dafür werden Seminare von den Ministerien geprüft, unter anderem im Hinblick auf Lernziele oder Didaktik. Das Tolle ist, dass Bildungsurlaub super fortschrittlich ist und auch körperliche und mentale Gesundheit als beruflicher Mehrwert verstanden werden, weil sie die Leistungsfähigkeit und Motivation von Arbeitnehmenden erhalten und fördern. Das heißt beispielsweise auch ein Yoga-Seminar mit Fokus auf Rückengesundheit und Resilienz kann Bildungsurlaub sein. Ich finde das großartig.

Das Tolle ist, dass Bildungsurlaub super fortschrittlich ist und auch körperliche und mentale Gesundheit als beruflicher Mehrwert verstanden werden.

Lara Körber

Darf mein Chef oder meine Chefin mitreden, welchen Kurs ich mache?

Nein, das ist die freie Entscheidung des Arbeitnehmenden, welches Seminar sie oder er wählen möchte. Allerdings ist es so, dass manche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Angst haben, beispielsweise ein Seminar zu mentaler Gesundheit oder Resilienz zu beantragen, weil man ein Stigma daraus fürchtet. Das ist schade und zeigt oftmals auf, in welchem Arbeitsumfeld man sich befindet. Ich kann nur empfehlen, offen über die Seminarwahl zu sprechen und auch mitzuteilen, was man sich vom jeweiligen Kurs für die Zukunft verspricht.  Dabei darf man nicht vergessen: Weiterbildung darf Spaß machen! Lernen und eine gute Zeit dabei haben, schließt sich nicht aus – im Gegenteil.  

Wer trägt die Kosten für den Kurs?

Die Kosten für das Seminar tragen die Arbeitnehmenden selbst – jedoch wird die Weiterbildung ja dank des bezahlten Sonderurlaubs durch das Unternehmen indirekt gefördert. Gut zu wissen ist, dass sich ein Bildungsurlaubsseminar in vielen Fällen auch als Werbungskosten von der Steuer absetzen lässt.

Darf der Antrag auf Bildungsurlaub auch abgelehnt werden von Chef oder Chefin?

Jein. Bildungsurlaub kann nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben werden. Gründe für ein Verschieben des Bildungsurlaubs sind beispielsweise, wenn zum Zeitpunkt des Seminars eine wichtige Projektfrist ansteht oder Kolleginnen oder Kollegen schon Urlaub eingetragen haben. In Sachsen-Anhalt sind zudem Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitenden vom Bildungsurlaubsgesetz ausgeschlossen. Und in Thüringen gibt es Höchstgrenzen für die Anzahl an Bildungsurlaubern, je nach Betriebsgröße.  

Eine junge Frau neben einem Globus
Ein Bildungsurlaub muss nicht zur fachlichen Weiterbildung genutzt werden. Auch Gesundheitsangebote können genutzt werden, wenn sie die gesetzlichen Bestimmungen für einen Bildungsurlaub erfüllen. Bildrechte: Colourbox.de

Was hat der Arbeitgeber davon, wenn seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Bildungsurlaub nehmen?

Bildungsurlaub ist eine Win-win-Situation für Unternehmen und Beschäftigte. Nehmen wir das Beispiel Krankentage: Aktuell sind rund 30 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage auf Rückenleiden und mentale Beschwerden wie Burnout zurückzuführen. Das heißt, Bildungsurlaub ist hier im Endeffekt eine Ergänzung zum eigenen betrieblichen Gesundheitsmanagement – was man seinen Arbeitnehmenden zur Verfügung stellt, damit diese fit und stark auf der Matte stehen bei der Arbeit. Außerdem fördert Bildungsurlaub die Unternehmenskultur, die Motivation, die Mitarbeiterzufriedenheit und die eigene Attraktivität als Arbeitgeberin und Arbeitgeber. 

Das Gespräch führte Madelaine Meier.

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