Interview Wie Sie von der Gaspreisbremse profitieren können
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11. Oktober 2022, 16:30 Uhr
Die Energiepreise steigen seit Wochen. Viele Hausbesitzer und Mieter haben bereits Rechnungen mit neuen Abschlägen und Preisen bekommen. Für viele Menschen ein Schock, für manche existenzbedrohend. Eine unabhängige Kommission hat hat für die Bundesregierung Vorschläge erarbeitet, wie die Gaskosten für Verbraucher gesenkt werden können. Ob und wie das helfen soll, erklärt Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen.
Inhalt des Artikels:
- Worum geht es?
- Was müssen Verbraucher tun, damit sie im Dezember keinen Gas- oder Fernwärmeabschlag zahlen müssen?
- Ab wann sind Gas und Fernwärmepreise gedeckelt?
- Warum gelten im kalten Januar und Februar die reduzierten Preise nicht?
- Wie sieht der Preisdeckel ab März ganz praktisch aus?
- Was empfehlen Sie den Verbrauchern jetzt?
- Bekommen Menschen mit Öl- oder Flüssiggasheizungen auch Hilfen?
- Lohnt es sich überhaupt zu sparen bzw. weniger zu heizen, wenn ohnehin ein Verbrauch aus vergangenen Zeiten Grundlage der Berechnungen sein wird?
- Was bringt eine weitere Einmalzahlung in diesem Dezember, wenn doch viele Nebenkostenabrechnungen je nach Zeitraum erst 2024 die eigentliche Dimension offenbaren werden?
- Wer Mieter ist, hat auf den Vertrag mit dem Gasanbieter meist gar keinen Einfluss. Was raten Sie Mietern, wenn diese wissen wollen, was sie ungefähr für die Gaspreise veranschlagen müssen?
- Was ist mit der von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigten parallelen Strompreisbremse?
Worum geht es?
Hermann-Josef Tenhagen: Am Montag hat die unabhängige Kommission "Gas und Wärme" einen Zwischenbericht vorgelegt, wie die Bundesregierung die Bevölkerung und die Wirtschaft bei den hohen Gas- und Wärmepreisen unterstützen kann. Der Bericht enthält für Verbraucherinnen und Verbraucher zwei wesentliche Punkte:
- Den Dezember-Abschlag, den die Bundesregierung zur Verfügung stellen soll.
- Und ab 1. März sollen 80% der Verbrauchskosten des Vorjahres bei Gas zu 12 Cent brutto je kWh abgerechnet werden. Wird mehr verbraucht, muss der vertraglich vereinbarte Preis gezahlt werden.
Was müssen Verbraucher tun, damit sie im Dezember keinen Gas- oder Fernwärmeabschlag zahlen müssen?
Nach dem Plan der Kommission: nichts, das machen die Anbieter – sie sollen nichts von den Verbraucherinnen und Verbrauchern kassieren und stattdessen eine Rechnung an die Bundesregierung stellen. Wenn ihr Vermieter die Abrechnung mit dem Gasanbieter macht, muss er die Ersparnis an seine Mieter weitergeben.
Ab wann sind Gas und Fernwärmepreise gedeckelt?
Die Deckelung soll ab 1. März 2023 greifen.
Warum gelten im kalten Januar und Februar die reduzierten Preise nicht?
Bis Januar ist die technische Umsetzung kaum möglich, weil unter anderem Abrechnungsprogramme bei Energie-Anbietern und Wohnungsverwaltungen aktualisiert werden müssen. Und es sind noch viele Details offen, deren Klärung einfach etwas Zeit braucht.
Wie sieht der Preisdeckel ab März ganz praktisch aus?
12 Cent brutto pro kWh Gas für 80 Prozent des Vorjahres-Verbrauchs. Man will sich bei der Berechnung des persönlichen Verbrauchs an der Abrechnung, die im September 2022 ins Haus flatterte, orientieren. September deshalb, damit nicht die ganz Schlauen noch fix ihren Abschlag erhöhen, um mehr Energie zum 80%-Preis zu beziehen. Zahlt man für den September z.B. für 1000 kWh 200 Euro für Gas, so bekommt man ab März 2023 jeweils 800 kWh zum ermäßigten Tarif.
Beispielrechnung:
Ein Verbrauch von 12.000 kWh im Jahr für aktuell 21 Cent pro kWh kostet in Leipzig 2.520 Euro.
80 Prozent des Verbrauchs (9.600 kWh) gibt es ab 1. März für 12 Cent brutto pro kWh = 1.152 Euro, die restlichen 2400 kWh für 21 Cent = 504 Euro.
Das ergibt in Summe 1.656 Euro.
Es werden 864 Euro gespart.
Was empfehlen Sie den Verbrauchern jetzt?
Sparen, sparen, sparen und wenn eine Erhöhung kommt, versuchen, in die Grundversorgung des örtlichen Versorgers zu wechseln.
Bekommen Menschen mit Öl- oder Flüssiggasheizungen auch Hilfen?
Bis jetzt noch nicht. Aber die Kommission will sich bis Ende Oktober auch mit - Zitat - "dem Umgang mit Härtefällen wegen Preissteigerungen bei nicht erdgas-basierten Wärmetechnologien" auseinandersetzen.
Lohnt es sich überhaupt zu sparen bzw. weniger zu heizen, wenn ohnehin ein Verbrauch aus vergangenen Zeiten Grundlage der Berechnungen sein wird?
Ja, auf jeden Fall. Denn im Januar und Februar muss man seinen reellen Verbrauch zu hohen Preisen bezahlen. Und es muss das Ziel sein, spätestens ab März 20 Prozent im persönlichen Verbrauch einzusparen und seinen übrigen Verbrauch dann zum günstigeren Preis zu bekommen.
Was bringt eine weitere Einmalzahlung in diesem Dezember, wenn doch viele Nebenkostenabrechnungen je nach Zeitraum erst 2024 die eigentliche Dimension offenbaren werden?
Es geht letztlich bei der Einmalzahlung im Dezember nur darum, für alle Verbraucherinnen und Verbraucher eine Entlastung in Höhe eines aktuellen Monatsabschlages zu bekommen.
Wer Mieter ist, hat auf den Vertrag mit dem Gasanbieter meist gar keinen Einfluss. Was raten Sie Mietern, wenn diese wissen wollen, was sie ungefähr für die Gaspreise veranschlagen müssen?
Eigentlich steht alles in der Nebenkostenabrechnung. Auch, welcher Gasverbrauch für die Wohnung zu welchem Preis zugrunde gelegt wird. Wenn sie wissen, dass sich der Preis verdoppelt hat, wissen sie auch, dass die Nebenkostenabrechnung für Gas entsprechend steigt.
Was ist mit der von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigten parallelen Strompreisbremse?
Dazu gibt es innerhalb der EU noch Abstimmungsbedarf und noch keine konkreten Pläne.
Quelle: MDR um 4
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 11. Oktober 2022 | 17:00 Uhr