Gaza-Stadt Israelische Armee findet Waffen in Al-Schifa-Krankenhaus
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16. November 2023, 07:44 Uhr
Fund bei medizinischem Gerät: Das israelische Militär zeigt gefundenen Waffen im Al-Schifa-Krankenhaus in einem Video. Ministerpräsident Netanjahu kündigt weiter Härte im Kampf gegen die islamistische Terrormiliz Hamas an.
- Ein Video der israelischen Armee zeigt Waffenfund
- Berichte über heftige Kämpfe
- Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu setzt auf Härte gegenüber der Terrororganisation Hamas
- UN-Sicherheitsrat beschließt Resolution zu Gaza
Die israelische Armee hat nach Darstellung eines Militärsprechers im Al-Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen Waffen gefunden. Der Einsatz in der Klinik dauere noch an, hieß es am Mittwochabend. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf einen Reporter berichtet, dass sich die israelische Armee aus dem Krankenhaus zurückgezogen habe.
Der Militärsprecher sagte, in einer Abteilung der Klinik sei ein Zimmer mit spezieller Technologie und Kampfausrüstung der islamistischen Hamas gefunden worden. In einer anderen Abteilung sei ein Einsatzzentrum der Hamas entdeckt worden. Die Funde bewiesen "eindeutig, dass Schifa für militärische Zwecke missbraucht wurde, im absoluten Gegensatz zu internationalem Recht", sagte er. Der Einsatz werde so lange weitergehen, wie nötig.
Video zeigt Waffenversteck hinter MRT
Der Armeesprecher Jonathan Conricus zeigte in einem Video hinter einem MRT-Gerät versteckt eine Tasche mit einem Sturmgewehr, Munition, Handgranaten und einer Uniform. In einem anderen Schrank seien andere Waffen gefunden worden, erklärte er. Eine Ausrüstung sei mit dem Namen des bewaffneten Hamas-Arms, den Kassam-Brigaden, beschriftet gewesen. Es seien auch zahlreiche nachrichtendienstlich relevante Informationen gefunden worden. Alle Funde würden gegenwärtig gründlich untersucht. Die Angaben der Armee ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Hamas dementierte die Berichte als "offensichtliche Lüge und Farce".
Israelische Bodentruppen waren am Mittwoch in das größte Krankenhaus im Gazastreifen eingedrungen. Auf der Grundlage nachrichtendienstlicher Informationen hätten die Soldaten in der Nacht zum Mittwoch "eine präzise und gezielte Operation" gegen die Hamas im Al-Schifa-Krankenhaus durchgeführt, teilte die Armee auf Telegram mit. Hinweise darauf, dass in der Klinik auch Geiseln festgehalten werden, gab es laut Medienberichten aber zunächst keine.
Bei der Aktion wurde nach Aussagen eines Arztes teils heftig gekämpft. Es habe stundenlange Schusswechsel und Bombardements gegeben, berichtete ein Mediziner der Klinik laut "Washington Post". Der Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete von "Dutzenden Soldaten", die sich in der Notaufnahme des Krankenhauses aufgehalten hätten. Zudem seien Panzer in einem Hof des Gebäudekomplexes stationiert worden. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths zeigte sich über den Einsatz des israelischen Militärs am Schifa-Krankenhaus entsetzt.
Das israelische Militär ist davon überzeugt, dass sich unter dem Krankenhaus eine Hamas-Kommandozentrale befindet. Die Hamas bestreitet die israelischen Angaben. Israels Streitkräfte hofften auch, in dem Klinikkomplex zumindest Informationen über den Verbleib der am 7. Oktober bei der Hamas-Terrorattacke aus Israel verschleppten Geiseln zu finden.
Hinweis der Redaktion Die Berichterstattung aus dem Gazastreifen ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige Journalistinnen und Journalisten vor Ort sind. Informationen zu den Kampfhandlungen kommen vor allem von der israelischen Regierung und von der im Gazastreifen herrschenden Terrororganisation Hamas, die nur schwer überprüft werden können.
Netanjahu zeigt Härte
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte Stunden nach der Erstürmung des Al-Schifa-Krankenhauses, sein Land werde sicherstellen, dass es "keinen sicheren Ort" mehr für die radikalislamische Hamas im Gazastreifen geben werde. "Wir werden die Hamas aufspüren und vernichten, und wir werden die Geiseln zurückbringen", sagte Netanjahu beim Besuchs eines Militärstützpunkts in Israel. Diese beiden Missionen seien "heilig", betonte er.
USA bestreiten Verantwortung für Militäreinsatz
Die USA bestritten den Vorwurf der radikalislamischen Hamas, für den israelischen Militäreinsatz im Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza verantwortlich zu sein. "Wir haben kein Okay für ihre militärischen Einsätze rund um das Krankenhaus gegeben", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. Die israelische Armee treffe solche Entscheidungen.
Die US-Regierung hatte am Dienstag unter Berufung auf eigene Erkenntnisse erklärt, dass die Hamas und die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad in dem Krankenhaus einen "Kommando- und Kontrollknoten" betreiben würden. Die USA schlossen sich damit der israelischen Einschätzung an, die von der Hamas zurückgewiesen wird. Biden forderte zugleich einen Schutz der Klinik.
UN-Resolution verabschiedet - Sicherheitsrat fordert ausgedehnte Feuerpausen
Der UN-Sicherheitsrat hat ausgedehnte Feuerpausen für den Gazasteifen gefordert. Eine von Malta vorgelegte Resolution passierte das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen mit zwölf Ja-Stimmen. Es gab keine Gegenstimme. Die USA, Großbritannien und Russland enthielten sich. Es war die erste Resolution zum Nahost-Konflikt seit dem Hamas-Angriff auf Israel. Der Text fordert mehrtägige humanitäre Pausen im Gazastreifen, um Hilfsgüter in das Gebiet zu bringen. Die Hamas wird aufgefordert, sofort alle Geiseln freizulassen. Resolutionen des UN-Sicherheitsrates sind völkerrechtlich bindend und können so international Druck entfalten.
Israel: Keine Feuerpausen ohne Geisel-Freilassung
Israel erklärte in einer ersten Reaktion, man lehne längere humanitäre Feuerpausen im Gaza-Krieg ab, solange 239 Geiseln in der Gewalt der islamistischen Terrororganisation Hamas seien. Das israelische Außenministerium teilte dies am Abend mit. Die US-amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield betonte nach der Annahme einer Gaza-Resolution die Verantwortung Israels in dem Krieg. Sie sagte, die Vereinigten Staaten wollten "keine Feuergefechte in Krankenhäusern, wenn unschuldige Menschen, hilflose Menschen, kranke Menschen versuchen, medizinische Versorgung zu bekommen". Patienten müssten geschützt werden.
dpa, afp (lik/dkn)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 15. November 2023 | 19:30 Uhr