
Mögliche Menschenrechtsverletzung Nach Schlauchboot-Unglück: Frontex ermittelt gegen Griechenland
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28. April 2025, 19:37 Uhr
Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex prüft mögliche Menschenrechtsverletzungen an der griechischen Grenze. Anlass ist ein Vorfall von Anfang April, bei dem mindestens sieben Migranten ertranken. Berichte über gewaltsame Zurückdrängungen von Flüchtlingen gibt es bereits seit Jahren.
- Berichte über gewaltsame Pushbacks an der griechischen Grenze nehmen nicht ab, doch oft fehlt es an klaren Beweisen.
- Frontex untersucht die möglichen Menschenrechtsverstöße – und erwägt Konsequenzen für Griechenland.
- Die CDU-Abgeordnete Lena Düpont fordert mehr Befugnisse für die Grenzschutzbehörde.
Den jüngsten Vorfall, bei dem auch zwei Kinder starben, stuft Frontex als besonders schwerwiegend ein. Insgesamt laufen in der Europäischen Agentur ein Dutzend Untersuchungen wegen möglicher Menschenrechtsverletzungen an der griechischen Grenze.
Doch fehlen häufig klare Beweise, dass griechische Sicherheitskräfte Flüchtlinge gewaltsam in die Türkei oder in türkische Gewässer zurückdrängen. Oft ist auch nicht mehr zu klären, ob ein Boot tatsächlich bereits griechische Hoheitsgewässer erreicht hatte. Athen bestreitet vehement, dass es systematische Pushbacks gäbe und Flüchtlinge über die Grenzen abgeschoben werden, ohne die Chance zu haben, ihre Schutzbedürftigkeit individuell prüfen zu lassen.
Frontex prüft Konsequenzen für Griechenland
Eine solche Verletzung europäischen Rechts hätte selbstverständlich Konsequenzen, sagt Lars Gerdes. Der stellvertretende Exekutivdirektor der EU-Grenzschutzbehörde, schließt in dem Zusammenhang auch aus, dass Frontex bei Menschenrechtsverletzungen bewusst wegschaue: "Unser Menschenrechtsbeauftragter, der unabhängig von der Agentur arbeitet, prüft derzeit Hinweise auf mögliche Verstöße. Verstöße können natürlich Konsequenzen haben und deshalb prüft unser Executive Director Hans Leijtens diese sorgfältig und persönlich."
In der Folge könnte Hans Leijtens die EU-Kommission auffordern, Finanzhilfen einzufrieren oder ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland einzuleiten. Frontex selbst könnte seine Unterstützung reduzieren, beispielsweise einen Teil der Ausrüstung abziehen.
Derzeit stellt die EU-Grenzschutzbehörde Griechenland erhebliche Mittel zur Verfügung, wie Vizedirektor Lars Gerdes erklärt: "Aufgrund der zahlreichen Inseln und der langen Seegrenzen spielt das Land eine wichtige Rolle im Kontext illegaler Migration nach Europa. Daher unterstützt Frontex Griechenland aktuell mit fast 700 Einsatzkräften, Patrouillenfahrzeugen, neun Schiffen und einem Flugzeug." In letzter Konsequenz könnte die EU-Grenzschutzagentur, nach Artikel 46 ihrer Verordnung, die Mission in Griechenland beenden.
CDU-Europaabgeordnete fordert mehr Befugnisse für Frontex
Für die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont ist das keine gute Option, weil in Brüssel dann niemand mehr wisse, was vor Ort passiert. Die Vorsitzende der parlamentarischen Arbeitsgruppe Schengen- und die Außengrenzen, plädiert dafür, Frontex mehr Vollmachten zu geben, um besser auf Menschenrechtsverletzungen der nationalen Sicherheitsbehörden reagieren zu können: "Dass wir der Agentur abgestufte Mittel an die Hand geben, auf belegte Vorwürfe zu reagieren. Damit wir am Ende unsere Augen und Ohren vor Ort behalten, gleichzeitig aber auch sicherstellen können, dass die Agentur nicht in schwierige Fahrwasser kommt."
Die Sicherung der EU-Außengrenzen zu unterstützen und gleichzeitig die Einhaltung der Menschenrechte zu überwachen, ist oft ein Balanceakt für die Frontex-Beamten. Umso mehr, als die Einsatzleitung bisher immer beim jeweiligen EU-Mitgliedsstaat liegt. Griechenland ist da für die EU ein ebenso schwieriger wie wichtiger Partner. Denn: Auch wenn die irregulären Grenzübertritte insgesamt zurückgehen, ist die Route über Griechenland noch immer eine der meistfrequentierten, auf der hauptsächlich Menschen aus Afghanistan, Pakistan und Syrien in die EU kommen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 28. April 2025 | 17:12 Uhr