Nach zwei Wochen Türkei beendet fast alle Rettungseinsätze im Erdbeben-Gebiet

19. Februar 2023, 22:07 Uhr

Im türkischen Erdbeben-Gebiet werden die Rettungseinsätze in neun von elf Provinzen eingestellt, obwohl noch immer zahlreiche Menschen vermisst werden. Über 41.000 Menschen sind tot. Mehr als 100.000 Gebäude wurden zerstört. Gegen rund 400 Personen wird wegen Baumängeln ermittelt. Beim Wiederaufbau sollen Häuser maximal noch vier Stockwerke hoch sein dürfen.

Rund zwei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben mit mehr als 41.000 Toten allein in der Türkei hat das Land die Rettungseinsätze in neun der elf betroffenen Provinzen eingestellt. Wie der türkische Katastrophenschutz mitteilte, sollen nur noch in den Provinzen Hatay und Kahramanmaras nahe dem Epizentrum Rettungsteams eingesetzt werden. Dort laufe die Suche an rund 40 zerstörten Gebäuden vorerst weiter.

Noch immer Tausende vermisst

Zuvor waren mehr als 24 Stunden lang keine Überlebenden mehr gefunden worden. Dennoch werden in der Türkei sowie im benachbarten Syrien noch immer Tausende Menschen vermisst. Ihre Überlebenschancen sind angesichts niedriger Temperaturen und fortschreitender Zeit verschwindend gering. Dennoch war es einem Rettungsteam am Samstag gelungen, drei Menschen im türkischen Antakya nach 296 Stunden lebend zu bergen, darunter ein 12-jähriges Kind, das jedoch nach seiner Rettung starb.

Unter den Opfern in der Stadt Antakya war auch der frühere Fußballnationalspieler Ghanas, Christian Atsu. Wie dessen Manager mitteilte, starb der Fußballer in einem Hochhaus, das erst 2013 nach dem Erlass strengerer Bauvorschriften errichtet worden war. Der für das Hochhaus zuständige Bauunternehmer war vier Tage nach dem Beben am Flughafen in Istanbul festgenommen worden. Er hatte versucht, nach Montenegro zu fliehen.

Mehr als 100.000 Gebäude zerstört

Nach Angaben des türkischen Vizepräsidenten Fuat Oktay hat das Beben mindestens 105.000 Gebäude vollständig oder teilweise zerstört. Experten zufolge kann die Nichtbeachtung von Baustandards die extrem hohe Opferzahl in der Erdbebenregion erklären. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu ermitteln die türkischen Staatsanwaltschaften gegen 400 Personen. Sie sollen wegen möglicher Baumängel Mitverantwortung am Einsturz von Gebäuden tragen. 120 Menschen seien bereits verhaftet worden, hieß es.

Im Internet wurde auch Präsident Recep Tayyip Erdogan eine fahrlässige Politik im Häuserbau vorgeworfen. So wurde unter anderem ein Videoclip gepostet, in dem er im Jahr 2018 Beamte zur Einführung eines Amnestiegesetzes gratuliert hatte, das sechs Millionen Gebäude mit nachweislichen Sicherheitslücken für bewohnbar erklärte.

Erneut strengere Bauvorschriften geplant

Unterdessen kündigte der türkische Minister für Stadtplanung, Murat Kurum, nach Berichten der Tageszeitung "Hürriyet" und des Staatssenders TRT den Baubeginn für neue Häuser im Erdbebengebiet ab März sowie strengere Bauvorschriften an. Demnach sollen unter anderem erdbebensichere Wohnhäuser gebaut werden, die nicht höher als drei bis vier Stockwerke sind. Zudem soll mit Experten ein Masterplan entwickelt werden, der unter anderem die Besiedelung ungeeigneter Gebiete ausschließt.

AFP/dpa (dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. Februar 2023 | 20:30 Uhr

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