Erdbebenhilfe Warum Geldspenden meist mehr nützen als Sachspenden
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09. Februar 2023, 17:38 Uhr
Die Hilfsbereitschaft nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ist groß. Die Deutschen geben gern Sachspenden wie Schlafsäcke oder warme Kleidung. Doch Hilfsorganisationen sagen: Nicht mit Sachspenden, sondern mit Geld kann man den Menschen vor Ort am besten helfen. Grund ist der enorme logistische und personelle Aufwand bei Sachspenden.
- Viele Hilfsorganisationen bevorzugen Geldspenden, da sie effizienter eingesetzt werden können.
- Eine Ausnahme können in Einzelfällen hochwertige Spenden wie Generatoren oder Baumaschinen sein.
- Wer helfen will, sollte eine Hilfsorganisation wählen, die sich in der betroffenen Region auskennt.
Kleidung, Medizin, Lebensmittel – den vom Erdbeben betroffenen Menschen in der syrisch-türkischen Grenzregion mangelt es oft am Nötigsten. Hunderttausende haben nach aktuellen Schätzungen ihr Zuhause verloren. Das Bedürfnis zu helfen ist auch in Deutschland groß: Vielerorts sammeln Menschen Sachspenden. Doch viele Hilfsorganisationen sehen genau die kritisch – und bevorzugen Geldspenden.
Rotes Kreuz: Geldspenden helfen effizienter
"Wir haben aus vielen Krisen und Katastrophen lernen müssen, dass Sachspenden einen enormen Logistikaufwand bedeuten", sagt Kai Kranich, Sprecher des Roten Kreuz Sachsen, dem MDR. Für das Entgegennehmen, das Sortieren oder das Reinigen stehe nicht immer genug Personal zur Verfügung. Mit Geld könne man dagegen die Dinge kaufen, die vor Ort angefordert werden.
Der Chef der Hilfsorganisation Caritas, Oliver Müller, nennt eine Ausnahme: Bei schwierig zu beschaffenden oder hochwertigen Hilfsgütern wie Generatoren oder Baumaschinen könne ein privater Transport im Einzelfall sinnvoll sein. "Aber auch da muss man genau wissen, wo welche Maschinen gebraucht werden. Die Koordination ist entscheidend", mahnt Müller. Transporte nach Syrien seien ohnehin wegen der schwierigen politischen Situation "so gut wie unmöglich".
Sachspenden als psychologisches Bedürfnis
Wer helfen will, dem rät das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) dazu, überlegt zu spenden. Spender sollten sich stets vergewissern, dass eine Hilfsorganisation auch die nötige Kompetenz für effiziente Hilfe in der betreffenden Region besitze. Vertrauenswürdig ist laut DZI etwa das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe, zu dem unter anderem das Rote Kreuz, Caritas und das UN-Kinderhilfswerk Unicef gehören. Auch das DZI rät zu Geldspenden: Sachspenden hätten nur dann ihre Berechtigung, wenn Organisationen gezielt darum bitten.
Weitere Spenden-Adressen und Hilfsorganisationen
Spendenkonto-Übersicht | tagesschau.de
Aktion Deutschland hilft
Islamic Relief
Help: Hilfe zur Selbsthilfe
Welthungerhilfe
Diakonie
Misereor
Johanniter
Warum setzen offenbar dennoch viele Menschen auf Sachspenden? Murat Kaplan, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Hamburg, sieht dafür psychologische Gründe – ein Bauchgefühl, persönlich helfen zu wollen: "Die psychologische Stimmungslage empfinden wir genauso. Aber das hilft nicht wirklich. Textilien gibt es genug in der Türkei. Wer helfen will, kann kurzfristig mit Geld helfen", sagt Kaplan im ZDF-Morgenmagazin. Und er warnt vor nachlassender Hilfsbereitschaft: "Das alles dauert: Es ist keine Aktion von heute, morgen, übermorgen."
MDR (jan) mit AFP, KNA
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 09. Februar 2023 | 16:00 Uhr