Weihnachtsbräuche So feiern unsere Nachbarn in Osteuropa Weihnachten
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24. Dezember 2021, 05:00 Uhr
Andere Länder, andere Sitten: Trotz vieler Ähnlichkeiten haben unsere östlichen Nachbarn auch ihre jeweils eigenen Bräuche zum Weihnachtsfest. Eine kleine Festtagsreise von Polen über Litauen, Russland und Georgien bis nach Serbien.
Polen: Fasten, aber üppig
Sobald der erste Stern am Himmel zu sehen ist (so will es die Tradition), beginnt in Polen ein Zwölf-Gänge-Festtagsschmaus. An der Zahl darf nicht gerüttelt werden – es sind zwölf Speisen, weil es zwölf Apostel um Jesus gab oder (nach einer weltanschaulich neutraleren Deutung) weil das Jahr zwölf Monate hat. Beim Zählen sind die Polen dann allerdings recht großzügig – kann oder will sich die Familie nicht so viele Gerichte leisten, werden auch schon mal Beilagen wie etwa Kartoffeln als eigenständige Speise mitgezählt. Und: Es sind ausschließlich Fastengerichte, nicht ein Gramm Fleisch darf an diesem Tag auf dem Tisch landen. Dafür gibt es Fisch in allen möglichen Variationen: paniert aus der Pfanne, in Essig eingelegt, in Aspik oder unter einer Gemüse-Haube. Zu den Heiligabend-Klassikern zählen außerdem eine kräftige Rote-Beete-Suppe und eine Art Tortellini oder Maultaschen mit Sauerkraut-Pilz-Füllung.
Litauen: An Weihnachten die Zukunft erfahren
Fleißig beten und viel essen – das gehört in Litauen zu Heiligabend. Darüber hinaus gehört Wahrsagen zu den traditionellen Weihnachtsritualen. Heidnische und katholische Symbole gehen so Hand in Hand. Besonders augenfällig ist das beim Weihnachtsheu. Weil das Jesuskind in der Krippe angeblich auf Heu gebettet lag, wird unter die Tischdecke an Heiligabend ebenfalls Heu gelegt. Nach dem Festmahl zieht jeder einen Halm unter der Tischdecke hervor. Dessen Beschaffenheit verrät die Aussichten fürs neue Jahr. Ein kurzer Halm prognostiziert einen nahen Tod. Ein vergilbter Halm – wenig Glück. Nur wer einen grünen Halm zieht, kann sich auf ein gutes Jahr freuen. Beliebt sind auch Orakel zu Liebe und Partnerschaft. Man nimmt zum Beispiel eine Handvoll Nüsse oder ovales Weihnachtgebäck und zählt die Stücke. Eine gerade Zahl bedeutet, dass das neue Jahr eine Partnerschaft bringt, eine ungerade Zahl heißt, dass man weiter Single bleibt. Dasselbe kann man mit Hilfe eines Apfels erfahren: einfach aufschneiden und die Kerne zählen. Ebenfalls verbreitet ist das Wachsgießen. Man lässt Wachs ins Wasser tropfen und beobachtet, welche Form entsteht. Eine gerade Linie steht für ein ruhiges, ausgeglichenes Lebensjahr, eine kurvige für reichlich Abenteuer und eine unterbrochene für Krankheit oder Tod.
Tschechien: "Goldene Schweinchen" sehen
In Tschechien wird vor Heiligabend den ganzen Tag gefastet. Wer es wirklich durchgehalten hat, wird am Abend das "Goldene Schweinchen" sehen. Diese Legende wird Kindern erzählt, damit die Kleinen das Fasten durchhalten. Am Abend können sie dann das "Goldene Schweinchen" über die Wand huschen sehen. Natürlich helfen die Eltern dann ein wenig nach, indem sie mit Hilfe eines Spiegels und einer Schablone aus Pappe das Schweinchen an die Wand projizieren. Etwas zu Essen gibt es dann erst nach Sonnenuntergang. Karpfen und Kartoffelsalat sowie Fischsuppe gehören zum klassischen Weihnachtsschmaus. Nach dem Essen kommt das Jesus-Kind und bringt Geschenke.
Slowakei: auch Haustiere wollen feiern
In der Slowakei (wie auch in den meisten Ländern Osteuropas) ist es guter Brauch, die Tiere am Weihnachtsfest teilhaben zu lassen – zumindest diejenigen, die nicht auf dem Festtisch landen. Kühe, Ziegen, Schafe oder Pferde bekommen zusätzliches Futter, zuweilen teilt der Bauer sogar mit ihnen das traditionelle Weihnachtsgebäck.
Russland: Wenn Väterchen Frost kommt
Zentrale Figur und Überbringer der Weihnachtsgeschenke war bis zur "Großen Sozialistischen Oktoberrevolution" 1917 der in Russland hoch verehrte Heilige Nikolaus. Nach dem Machtantritt der atheistischen Bolschewiki wurde er und mit ihm gleich das gesamte Weihnachtsfest abgeschafft. Alles Religiöse sollte aus dem öffentlichen Leben verschwinden. Weil die Sowjets die althergebrachten Bräuche aber nicht komplett abschaffen konnten, wurden sie auf ein Fest umgedeutet, das keine religiöse Bedeutung hat: Neujahr. Und so wurde der Weihnachtsbaum zum Neujahrsbaum und der Heilige Nikolaus zu Väterchen Frost. Er trägt einen mächtigen weißen Bart, einen langen Mantel und kommt mit einem Pferdeschlitten angefahren, auf dem die Gaben liegen. Begleitet wird er von einem blonden Mädchen, das Schneeflöckchen heißt. Erst seit dem Zerfall der Sowjetunion wird auch Weihnachten wieder gefeiert – aber als religiöses Fest, die Bescherung ist in den meisten Familien weiterhin an Neujahr. Das Weihnachtsfest fällt auf den 7. Januar, da die russisch-orthodoxe Kirche den Julianischen Kalender verwendet. Die Gläubigen versammeln sich am Vorabend zu langen Gottesdiensten in den Kirchen und beschließen den Tag mit einem Festessen.
Georgien: Die Frohe Botschaft von Christi Geburt
Auch in Georgien wird nach dem Julianischen Kalender gefeiert. Dort ist in den vergangenen Jahren ein uralter Weihnachtsbrauch wieder aufgenommen worden, der in der Ära des Sozialismus nicht gepflegt werden durfte und beinahe in Vergessenheit geraten war: der "Alilo". Am 7. Januar, dem ersten Weihnachtstag, ziehen Gläubige und Priester in Prozessionen durch die Straßen der Städte und Dörfer. Sie singen kirchliche Lieder, halten Ikonen, Kreuze und Fahnen in den Händen und teilen sich gegenseitig die "Frohe Botschaft" von der Geburt Jesu mit.
Serbien: Einen Monat feiern
In Serbien wird Weihnachten ausschweifende vier Wochen lang gefeiert. Der christlich-orthodoxe Feiermonat beginnt am 19. Dezember mit einem Brauch, bei dem das Andenken des Heiligen Nikolaus gefeiert wird. Dabei geht es aber nicht nur fromm und gesittet zu. "Slava des Heiligen Nikolaus" heißt das Fest, das mit üppigen Gelagen in großer Runde begangen wird. Am 31. Dezember ist für die Kinder Bescherung, an die sich zwei Neujahrsfeiertage anschließen. Am 6. Januar (Heiligabend in der orthodoxen Kirche) beginnen schließlich die eigentlichen Feiern zu Christi Geburt. Die Gläubigen versammeln sich abends zunächst in den Kirchen und später um große Feuer herum. Am nächsten Tag feiert man im Kreis der Familie weiter. Nach einer kleinen Erholungspause wird am 14. Januar das neue Jahr endgültig eingeläutet. Eine Woche später findet der Feiermonat mit dem "Fest des Heiligen Slawa" sein Ende.
Rumänien: Das große Festschlachten
Weihnachten in der Kirche? Bis 1989 war das in Rumänien undenkbar. Der kommunistische Diktator Ceausescu wollte das Weihnachtsfest als christlichen Brauch aus dem kollektiven Gedächtnis ausradieren. Die Menschen mussten an Weihnachten ganz normal in den Fabriken arbeiten, Wörter wie Weihnachtsmann wurden aus dem Sprachgebrauch gestrichen. Stattdessen war die Rede vom Frostmann und dem Winterbaum. Doch seit dem Sturz des Ceausescu-Regimes gibt die Rumänisch-Orthodoxe Kirche zu Weihnachten wieder den Ton an. Im Vorfeld des Festes erklingen allerorten Weihnachtslieder, Kinder ziehen singend von Tür zu Tür. Die orthodoxe Kirche in Rumänien feiert übrigens am gleichen Termin wie die katholischen und evangelischen Christen. Für ihren Weihnachtsschmaus schlachten die Rumänen auf dem Land oft ein Schwein. Das Fleisch wird zu Wurst, Krautwickel und Sülze verarbeitet. Das Essen fällt an den Weihnachtsfeiertagen besonders üppig aus – nicht nur weil im Vorfeld gefastet wurde. Vielmehr heißt es in Rumänien, dass in den Tagen "zwischen den Jahren" die Seelen der Toten kommen, um mit den Lebenden zu feiern. Und für die isst man dann gleich mit.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 06. Januar 2018 | 19:30 Uhr