Böhmische Schweiz Nationalpark will nach Waldbrand schnellstmöglich für Touristen öffnen

02. August 2022, 14:54 Uhr

Seit über einer Woche wütet ein Brand im Nationalpark Böhmische Schweiz. 1.000 Hektar Wald wurden vernichtet. Inzwischen hat die Feuerwehr die Flammen unter Kontrolle, auch wenn die Löscharbeiten noch andauern werden. Die gute Nachricht: Das berühmte Prebischtor, das tagelang in Rauch und Flammen gehüllt war, ist unbeschädigt geblieben. Nach dem Brand sollen die Wanderwege schnellstmöglich wieder geöffnet werden, sagte Sprecher Tomáš Salov im Interview mit dem MDR.

Wie hoch ist der Schaden, den der Waldbrand im Nationalpark Böhmische Schweiz verursacht hat?

Der finanzielle Schaden kann noch nicht beziffert werden, da haben wir noch zu wenig Informationen. Wir können aber schon sagen, in Mezná, einem Ortsteil von Hřensko, sind drei Häuser abgebrannt und weitere zwei wurden beschädigt. Insgesamt etwa 500 Personen mussten ihre Häuser verlassen. Das ist natürlich unangenehm für die Betroffenen, vor allem auch deswegen, weil sie jetzt in Angst leben, dass das Feuer auch ihre Häuser zerstören könnte.

Prebischtor und Gabrielensteig
Die Felsformation mit dem Namen Prebischtor gilt als Wahrzeichen des Nationalparks Böhmische Schweiz in Tschechien. Bildrechte: IMAGO / agefotostock

Es gibt aber auch positive Nachrichten, denn das Wahrzeichen des Nationalparks – das Prebischtor – ist unbeschädigt geblieben. Das gilt auch für die historische Gaststätte unterhalb des Prebischtors, also auch das Kulturerbe ist hier erhalten geblieben. In der Kamnitz-Klamm könnte es etwas schlechter aussehen, weil in diesem Bereich brennende Baumstämme in die Klamm gefallen sind. Dort müssen wir noch eine Inventur machen, was alles beschädigt worden ist.

Wenn der Brand gelöscht ist – wie wird es dann weitergehen?

Als Nationalpark haben wir vor, sobald der Brand gelöscht ist, eine Inspektion aller Wanderwege vorzunehmen, um festzustellen, ob sie für Besucher sicher sind oder ob sie erst noch sicher gemacht werden müssen. Sobald dieser Schritt abgeschlossen ist, können wir den Bereich, der vorübergehend für die Öffentlichkeit gesperrt ist, wieder freigeben. Das ist uns wichtig, weil die Anwohner hier oftmals vom Tourismus leben und wir wissen sehr gut, dass die Betroffenen eine sehr kurze Saison haben, in der sie ihren Lebensunterhalt sicherstellen können. Denn es gibt hier eigentlich keine Wintersaison. Deshalb wollen wir helfen, dass die Besucher baldmöglichst in die Region zurückkehren können.

Das heißt, man kann damit rechnen, dass Touristen noch in diesem Sommer wieder den Nationalpark besuchen können?

Also ganz sicher nicht überall, aber es wird bestimmt so kommen, dass einige Touristen-Ziele bald wieder zugänglich sind. Wir wissen zwar noch nicht genau, welcher Aufwand auf uns zukommt, aber man kann sagen, dass für die Verkehrssicherung entlang der Wanderwege die Nationalparkverwaltung aufkommen wird. Und was die betroffenen Personen und Hausbesitzer anbelangt, hier wird auch die Öffentlichkeit helfen. Es gibt eine Spendenaktion, da werden Mittel gesammelt, die dann an die Betroffenen weitergeleitet werden.

Was bedeutet der Brand für die Natur im Nationalpark Böhmische Schweiz?

Es ist ein großer Einschnitt für die Natur, aber sie wird sich davon mit Sicherheit erholen können. Ich will das nicht schönreden, aber wir haben Erfahrungswerte vom Brand in Jetřichovice im Jahr 2006. Damals sind 18 Hektar Wald abgebrannt, doch der Wald erholte sich dort sehr schnell. Heute merkt der Besucher eigentlich gar nicht mehr, dass da etwas passiert ist.

Der Wald wird sich außerdem verjüngen und eine ganz andere Struktur haben. Wir hatten hier eine Fichten-Monokultur. Die ist dann durch die Dürre und den Borkenkäfer abgestorben. Anhand von Satellitenbildern können wir sagen, dass diese Flächen vom Feuer betroffen waren. Aber es gibt größere Bestände von Laubbäumen, und diese hat das Feuer nicht so stark beschädigt. Deshalb kann man davon ausgehen, dass der zukünftige Wald gesünder sein wird.

Werden Sie den abgebrannten Wald sich selbst überlassen oder gezielt aufforsten?

Die Aufforstung erledigt die Natur selbst. Das hat der Brand bei Jetřichovice im Jahr 2006 gezeigt. Auf der Fläche hat niemand etwas gepflanzt und innerhalb von etwa fünf Jahren war sie schon voll besiedelt mit Pionierarten wie Birke, Zitter-Pappel, Kiefer…

Diese Fläche künstlich aufzuforsten, würde keinen Sinn ergeben, weil die Natur von sich aus so ein Wachstumspotenzial hat, dass diese Bäume, die wir pflanzen würden, leiden und absterben würden. Das wäre also die reinste, auch finanzielle, Verschwendung. Der Wald kehrt mit Sicherheit von selbst zurück.

Das soll aber nicht unsensibel klingen, denn der Brand ist natürlich ein großes Unglück für die Menschen, da sind viele betroffen. Deshalb möchte ich das keineswegs so darstellen, dass es für die Natur ein großer Vorteil wäre, dass es diesen Brand gab…

… aber die Natur wird sich schneller erholen als die Menschen …

Ich glaube, dass die Natur sich sehr schnell erholt, aber auch die Menschen. Denn hier in Hřensko sind die Menschen an Naturgewalten gewöhnt. Es gab hier mehrere Hochwasser der Elbe, es gab Hochwasser der Kamnitz, also die hier lebenden Menschen sind daran gewöhnt, sich mit Naturgewalten auseinanderzusetzen.

Das Interview führte Cezary Bazydło von der Osteuropa-Redaktion.

Ein Angebot von

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 28. Juli 2022 | 19:30 Uhr

Mehr aus Land und Leute

Mehr aus Osteuropa

Nachrichten

Ein russischer Soldat feuert eine drahtgesteuerte Panzerabwehrrakete 9M113 Konkurs an einem ungenannten Ort ab. mit Video
Ein russischer Soldat feuert eine drahtgesteuerte Panzerabwehrrakete 9M113 Konkurs an einem ungenannten Ort ab. Bildrechte: picture alliance/dpa/Russian Defense Ministry Press /AP | Uncredited

Nachrichten

Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, reagiert während eines Treffens mit dem Schweizer Präsidenten Cassis am Rande des Gipfeltreffens zwischen den USA und Russland. mit Audio
Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, reagiert während eines Treffens mit dem Schweizer Präsidenten Cassis am Rande des Gipfeltreffens zwischen den USA und Russland. Bildrechte: picture alliance/dpa/KEYSTONE | Jean-Christophe Bott