Auf Schatzsuche in Polen Taucher melden Sensationsfund: Bernsteinzimmer am Ostseegrund?
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04. Oktober 2020, 05:00 Uhr
Im Zweiten Weltkrieg wurde das legendäre Bernsteinzimmer aus der Sowjetunion geraubt. Seitdem ist es verschwunden. Eine neue Spur führt nun zu einem Wrack in der Ostsee. Die Taucher sind überzeugt: Es handelt sich um das Bernsteinzimmer!
Seit Jahren sucht das polnische Taucherteam "Baltictech" die Ostsee vor der polnischen Küste nach im Zweiten Weltkrieg gesunkenen Wracks ab. Kürzlich entdecken sie einen Frachter: "Wir sind uns sicher, dass es sich um die "Karlsruhe" handelt", sagt der Leiter Tomasz Szachura, der als einer der aktivsten Wracktaucher in der Ostsee gilt. Die "Karlsruhe" wurde 1945 von sowjetischen Bombern versenkt. Der Fund gilt als Sensation, denn an Bord werden Teile oder das komplette seit dem Kriegsende vermisste Bernsteinzimmer aus dem Königsberger Schloss vermutet.
Das Schiff sollte Flüchtlinge in Sicherheit bringen
Die "Karlsruhe" war eingebunden in die "Operation Hannibal", eine Evakuierungsaktion um Flüchtlinge aus den Ostgebieten ins Deutsche Reich zu bringen. An Bord der "Karlsruhe" befanden sich neben 1.100 Flüchtlingen auch rund 360 Tonnen Fracht, was für ein altes Schiffe viel gewesen sei, so Szachura. Gestartet war es im damaligen Pillau (heute Baltijsk) nahe Kaliningrad, dem früheren Königsberg – dem letzten bekannten Ort des Bernsteinzimmers. Der Umstand, dass der Frachter 1945 unter Begleitung einer starken Eskorte fuhr, lasse auf wertvolle Fracht schließen, so Stachura.
Position des "Karlsruhe"-Wracks bislang unbekannt
Die Position des Wracks war bislang unbekannt. Ein Jahr suchte das Team danach. "Das Auffinden des deutschen Frachters und der Kisten mit derzeit unbekanntem Inhalt auf dem Grund der Ostsee kann für die ganze Geschichte von Bedeutung sein", sagte Tomasz Zwara, Taucher und Mitglied des "Baltictech"-Teams.
Das Wrack liegt mehrere dutzend Kilometer nördlich von Ustka (130km westlich von Danzig) in einer Tiefe von 88 Metern. Es ist nach Angaben von Stachura praktisch intakt: "In seinen Laderäumen entdeckten wir Militärfahrzeuge, Porzellan und viele Kisten mit bisher unbekanntem Inhalt." Die Taucher entdeckten unter anderem Werkzeuge wie Hammer, Ersatzteile, Ordner mit Dokumenten und verstreutes Porzellan mit der Aufschrift "KPM Germany". KPM steht für die 1763 in Berlin gegründete Königlich-Preußische Porzellanmanufaktur.
Schwierige Tauchbedingungen
Vier Taucher der "Baltictech"-Gruppe haben nach eigenen Angaben gesehen, dass ein Teil des Wracks geöffnet, ein Teil verschlossen sei. Das Schiff habe kopfüber gelegen und sei mit einer zwei Meter dicken Schicht aus Schlick bedeckt. Trotz der schwierigen äußeren Bedingungen plant das "Baltictech"-Team demnächst weitere Tauchgänge zum Wrack der "Karlsruhe", um weitere Kisten beziehungsweise ihren Inhalt zu untersuchen. Stachura und seine Leute hoffen, nach mehr als 70 Jahren die Frage beantworten zu können, wo das berühmte Bernsteinzimmer geblieben ist.
Antworten auf die Frage, ob es sich um das Bernsteinzimmer handelt, wird es nach dem Ende der Untersuchungen unter der Leitung des polnischen Meeresamtes in Gdynia geben. Tomasz Szachura aber ist sich sicher, einen Sensationsfund gemacht zu haben.
Polen: Schatzsucher-Nation
Die Polen haben ein Indiana-Jones-Syndrom. Schatzsuche ist dort zu einer Art Volkssport geworden. Und das Bernsteinzimmer löst bei vielen Schatzsuchern eine besondere Faszination aus. Auch wenn die Suche meist erfolglos bleibt wie etwa vergangenen Sommer in dem kleinen Ort Mamerki in den Masuren, wo das Bernsteinzimmer in einer Bunkeranlage vermutet wurde - letztlich aber mal wieder nicht gefunden wurde.
"Baltictech" ist eine Tauchgruppe aus der Dreistadt, Gdansk, Sopot und Gdynia, die Wracks in der Ostsee untersucht. Ihr Ziel ist es unter anderem, das Binnenmeer mit seinen zahlreichen Schiffen auf seinem Grund, als eines der interessantesten Tauchgebiete der Welt zu etablieren. Tomasz Stachura gilt als einer der aktivsten Wracktaucher in der Ostsee. Er hat sich auf die Fotografie von Wracks in großer Tiefe spezialisiert. In diesem Frühjahr erschien sein Buch "Weg des Todes". Aus Anlass des 75. Jahrestages des Untergangs der "Wilhelm Gustloff" zeichnet Stachura darin den Verlauf der "Operation Hannibal" nach.
(adg)
Unterwegs in Sachsen | 23.12.2017 | 18:15 Uhr