Oldtimer-Fans Wartburgfahrer haben "Heimweh" - großes Treffen in Eisenach
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04. August 2023, 20:29 Uhr
Zweitakt-Geruch liegt in der Luft, wenn sich in Eisenach die Wartburgfahrer mit ihren historischen Fahrzeugen auf dem Festplatz Spicke treffen. Bis zu 450 Autos werden dort an diesem Wochenende erwartet. Viele haben ihre Oldtimer jahrelang mit hohem Aufwand restauriert, setzen sie zeittypisch in Szene. Das Treffen bietet Austausch mit Gleichgesinnten. Zum Programm gehören Bewertungen, Filme, Vorträge und eine gemeinsame Ausfahrt.
Um 8 Uhr am Freitagmorgen standen die ersten einhundert bereits Schlange vor dem Tor. Zu denen gehörte auch Rico Kahle aus Elsterwerda, der bereits am Donnerstag mit einer Gruppe im Konvoi angereist ist - sieben Stunden Fahrt, berichtet er. Sein roter Wartburg 311, Baujahr 1961, steht dafür jetzt in der ersten Reihe gleich am Eingang. Dahinter hat er sein "Dübener Ei" aufgebaut, einen Mini-Wohnwagen. Am Vorzelt hängt eine große DDR-Fahne.
Wie er an den Oldtimer gekommen ist? "Naja - über Beziehungen", sagt er und muss lachen, "so wie früher. Hat sich ergeben." Zwei Jahre lang hat er den Wagen restauriert, "bis zur letzten Schraube, sandgestrahlt, lackiert, neue Polster". Das habe er sich für sich gemacht, sagt Kahle, der Wartburg sei sein Hobby.
Ein Liebhaberobjekt mit US-Schönheitspreis
Ganze 19 Jahre lang hat Wilfried Michael aus Rothenburg bei Görlitz an seinem Auto gearbeitet. Der Wartburg 313 Sport, Baujahr 1957/58, sei "Schrott" gewesen, als er ihn bei Ebay ersteigerte. Aber damals war er immerhin noch erschwinglich, sagt Michael. Denn der schnittige Zweisitzer gilt als Liebhaberobjekt. Er wurde nur 469-mal gebaut, heute existieren davon noch rund 300 Exemplare. Aber das Fahrzeug ist nicht nur selten, sagt Wilfried Michael: "Wie Sie sehen, gehört es zu den schönsten Automobilen, die die Deutsche Demokratische Republik jemals hergestellt hat." In den USA habe das Modell 1958 den Preis für das schönste Importfahrzeug aus Europa bekommen.
Wartburg als Tretauto
Neben dem großen roten Wartburg steht eine Miniaturausgabe: ein Tretauto für Kinder, ebenfalls im Internet ersteigert, offenbar einst handgefertigt. Wilfried Michael hat es für seine Enkel hergerichtet und technisch aufgerüstet. Die Kinder können jetzt blinken, Licht an- und ausschalten und vor allem: hupen. Das sei besonders gefragt, sagt der Großvater.
Mit Dachzelt und DDR-Luxus
Rubinrot leuchtet der Wartburg 353 Tourist, Baujahr 1969, obendrauf ein blau-gelbes Dreieck, ein steiles Dachzelt. Im Jahr 2000 hat Maik Günther aus Gohrisch in der Sächsischen Schweiz das Fahrzeug einem älteren Herrn abgekauft und es erstmal als Alltagsauto genutzt. Nach zehn Jahren hatte er 200.000 Kilometer zurückgelegt und beschloss, den Wartburg zu restaurieren. Jetzt wird er etwas mehr geschont und vor allem zu Oldtimer-Treffen hervorgeholt. Stolz ist Günther aber auch auf sein Camping-Polstermöbel-Ensemble, das er unter dem Zeltdach neben dem Auto aufgebaut hat: eine Luxus-Ausgabe aus roten Kunstleder. Zu DDR-Zeiten soll sie mehr als 900 Mark gekostet haben.
Belgischer Händler mit Originalteilen
Da fast alle Wartburg-Besitzer selbst an ihren Fahrzeugen schrauben und restaurieren, sind die Stände der Teile-Händler stets gut besucht. Einer bietet Original-Ersatzteile für den Wartburg 311, und zwar aus eigenem Bestand: Alfons Olbrechts betrieb in Belgien seit 1962 eine Werkstatt, er war Generalvertreter für den Wartburg. Jetzt steht er, ein betagter Mann, mit seiner Frau an einem Stand auf dem Festplatz und freut sich über das große Interesse: "Die suchen das, was es nicht mehr gibt - und ich habe so etwas mit."
Filme, Quiz und Ausfahrt
Die Teilnehmer des Treffens kommen aus ganz Deutschland, aber auch aus Polen und Ungarn, Belgien, den Niederlanden und Norwegen. Drei Wartburg-Fans werden sogar aus Übersee erwartet, aus den USA und Brasilien. Der Veranstalter, der Allgemeine Wartburgfahrerclub Eisenach, hat auch in diesem Jahr wieder Neues im Programm. So ist am Freitagabend in einer exklusiven Preview vorab ein MDR-Film über das "Kultauto Wartburg" zu sehen. Am Samstag wird ein Film aus dem Werksarchiv gezeigt: "Wie fahre ich einen Wartburg?", produziert von der DEFA für den Kundendienst des Automobilwerks.
Die Besitzer können ihre Fahrzeuge von einer fachkundigen Jury bewerten lassen. Am Sonntag erwartet die Teilnehmer ein Quiz rund um den Wartburg - und dann geht hinaus auf eine rund 50-Kilometer-Ausfahrt über Marksuhl und Gerstungen gen Hessen und wieder zurück nach Eisenach. Oldtimerfans können die Fahrzeuge unterwegs anschauen, sozusagen als rollendes Museum, oder auch auf dem Platz bewundern. Der Eintritt ist an allen Tagen frei, auch zum Programm.
MDR (rub/sar)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 04. August 2023 | 18:20 Uhr
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