Eisenbahn-Nostalgie Von der Bierlaune zur ausverkauften Legende: Dampfsonderzug Rodelblitz stampft zum 25. Mal durch Thüringen
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25. Januar 2025, 20:05 Uhr
Seit 1998 dampft der Dampfsonderzug Rodelblitz des Vereins "IGE Werrabahn Eisenach" durch den Thüringer Wald. 23 Jahre lang war er der Höhepunkt des Bahn-Nostalgieprogramms von Thüringen. Doch 2021 war Schluss. Erst konnte der beliebte Rodelblitz wegen der Corona-Pandemie nicht fahren und 2021 stellte das Land das Programm trotz des Erfolgs ein. Nach zwei Jahren Pause veranstaltet nun die IGE Werrabahn auf eigene Faust den Rodelblitz. Diesmal wird das 25-jährige Jubiläum gefeiert.
Am letzten Januar- und an den ersten beiden Februarwochenenden qualmt es wieder mächtig auf dem Rennsteig. Viele Fotografen und Dampflokfans stehen an den Gleisen und warten auf den beliebten Dampfsonderzug Rodelblitz.
Fans sogar aus Schweden oder Finnland: Tickets für Rodelblitz sind ausverkauft
An insgesamt sechs Tagen (immer samstags und sonntags) fährt er vormittags ab Eisenach bis nach Arnstadt und am Nachmittag wieder zurück. Dabei überquert die Lok der Baureihe 41 pro Strecke viermal den Rennsteig. Allein deswegen ist der Rodelblitz bei den Dampflokfans in ganz Europa heiß begehrt. Die Tickets sind auch in diesem Jahr wieder ausverkauft.
Es gibt richtig Vereine und Clubs mit Hardcore-Eisenbahnfans, die sich hier im Rodelblitz treffen.
Teilweise reisen Eisenbahnfans extra aus Schweden, Finnland oder Großbritannien an. "Es gibt richtig Vereine und Clubs mit Hardcore-Eisenbahnfans, die sich hier im Rodelblitz treffen, um ihre Erfahrungen auszutauschen oder eine gute Zeit miteinander zu verbringen. Die kommen dann teilweise mit bis zu zehn Leuten", sagt Werrabahn-Vereinschef Uwe Pfotenhauer.
Rund 1.300 Fahrgäste werden in diesem Jahr laut Verein im Rodelblitz mitfahren. Viele von ihnen stehen wohl wieder dick eingepackt mit Schals und Skibrillen geschützt an den offenen Fenstern im Waggon, um dem besonderen Geräusch der hart arbeitenden Dampflok an den Steigungen zu lauschen.
Dieses Jahr wieder mehr Fahrten mit dem Rodelblitz
Zum Jubiläum hat sich die Interessengemeinschaft Werrabahn (IGE) auch etwas Besonderes ausgedacht, um den Dampflokfans Abwechslung zu bieten: "Wir fahren in diesem Jahr statt an vier Tagen wieder an sechs Tagen. Am letzten Rodelblitz-Wochenende, also am 8. und 9. Februar, fahren wir nicht über Schmalkalden und Steinbach-Hallenberg nach Arnstadt, sondern nutzen die Strecke über Walldorf, Meiningen und Suhl", sagt Pfotenhauer.
"Entstanden ist der Rodelblitz und das Bahn-Nostalgieprogramm eigentlich aus einer Bierlaune heraus", so der Vereinschef. Der damalige zweite Vereinsvorsitzende Stefan Lohr und der damalige Chef der Thüringer Nahverkehrsservicegesellschaft (NVS), Otto Mayer, wollten gerne wieder Dampfsonderzüge auf die Beine stellen - ähnlich der Wandersonderzüge zu Reichsbahnzeiten. "Also entwickelte sich nach und nach das Nostalgieprogramm als Tourismus- und Verkehrswerbung", erzählt Uwe Pfotenhauer.
Wann und wohin fährt der Rodelblitz?
25. und 26. Januar sowie am 1. und 2. Februar 2025: Eisenach-Schmalkalden-Arnstadt und zurück:
Ankunftzeiten Hinfahrt: Eisenach 10:44 Uhr - Arnstadt 13:08 Uhr
Ankunftzeiten Rückfahrt: Arnstadt 16:09 Uhr - Eisenach 19:09 Uhr
8. und 9. Februar Eisenach-Meiningen-Suhl-Arnstadt und zurück
Ankunftzeiten Hinfahrt: Eisenach 10:44 Uhr - Arnstadt 13:10 Uhr
Ankunftzeiten Rückfahrt: Arnstadt 16:09 Uhr - Eisenach 19:09 Uhr
Alles lief gut bis 2021
Lohr habe damals für die IGE Werrabahn finanzielle Mittel erschlossen, um die Dampfloks auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen und so war der Rodelblitz dann ab 1998 fester Bestandteil im Bahn-Nostalgieprogramm von Thüringen. "Alles lief gut und wir konnten jedes Jahr zuverlässig fahren bis 2021", sagt Pfotenhauer stolz.
Dann musste der Rodelblitz jedoch eine zweijährige Zwangspause einlegen. Damals konnte der Sonderzug aufgrund der Corona-Pandemie nicht fahren und auch im Jahr 2022 blieben die Signale erstmal auf "Halt". Das Problem: Das Land Thüringen stellte Ende 2021 das bis dahin erfolgreiche Bahn-Nostalgieprogramm und die damit verbundene Förderung von knapp 500.000 Euro pro Jahr für die Sonderfahrten ein.
Erstmal war das nur ein Versuch, der aber wunderbar funktionierte.
Der Grund: "Das Wirtschafts- und das Verkehrsministerium konnten sich nicht über die Finanzierung und die Zuständigkeiten einigen", sagt der Werrabahn-Vereinschef, der bis heute enttäuscht über die Entscheidung sei. Vom Ende des Programms war nicht nur der Rodelblitz betroffen, sondern auch viele weitere beliebte Sonderfahrten beispielsweise der Rotkäppchen-Express in die historische Winzerstadt Freyburg in Sachsen-Anhalt oder der Altenburg-Express zur dortigen Erlebnisbrauerei.
Rodelblitz-Veranstalter kämpfen mit steigenden Kosten
Vor allem weil viele enttäuschte Fans des Rodelblitzes immer wieder bei der IGE Werrabahn nachgefragt hätten, entschied sich der Verein, den Sonderzug im Jahr 2023 wieder aufleben zu lassen: "Diesmal aber komplett in Eigenregie", sagt Pfotenhauer. "Erstmal war das nur ein Versuch, der aber wunderbar funktionierte. Wir hatten ein System entwickelt, bei dem wir die Fahrkarten erstmal online vorverkaufen, um zu schauen, ob wir kostendeckend arbeiten können. Zum Glück waren genügend Tickets verkauft, sodass wir den Rodelblitz dann 2023 erstmals in Eigenregie durchführen konnten", so der Vereinschef weiter.
Laut IGE Werrabahn reichen die Kosten für den Dampfsonderzug weit in den oberen fünfstelligen Bereich hinein. Allein die Anmietung von drei Waggons aus Chemnitz koste rund 25.000 Euro. Auch die Preise für die Steinkohle seien gestiegen. Außerdem müsse die Dampflok unterhalten, die Waggons zwischen den Fahrten gereinigt und notwendige Reparaturen durchgeführt werden.
Deswegen blieb dem Verein nichts anderes übrig, als auch den Fahrkartenpreis deutlich anzuheben. In dieser Saison kostet ein Ticket ab Eisenach 89 Euro. Kinder zahlen die Hälfte. Doch der Preis schrecke die Eisenbahnfans laut Uwe Pfotenhauer nicht ab: "Uns freut es sehr, dass wir auch im dritten Jahr in Folge, indem wir den Rodelblitz eigenwirtschaftlich betreiben, so einen hohen Zuspruch erfahren."
Unterstützt werde der Verein aktuell vor allem vom Bahnbetriebswerk in Arnstadt, das seine Infrastruktur zur Verfügung stellt, um beispielsweise die Lok zu drehen. "Auch die Erfurter Bahn und die Südthüringenbahn unterstützen uns bei administrativen Aufgaben oder bei der Werbung für den Rodelblitz", sagt Pfotenhauer. Dafür sei der Verein sehr dankbar.
Kritik an fehlender Wertschätzung
Insgesamt fällt die Bilanz vom Vereinschef zum 25. Jubiläum des Rodelblitzes positiv aus. Er sei zufrieden mit der Entwicklung die der Verein in dieser Zeit genommen habe: "Ich klopfe auf Holz, dass wir bis heute einen weitgehend störfreien und sicheren Betrieb unserer Züge anbieten können", so Uwe Pfotenhauer.
Trotzdem bemängele er, dass die investierte Zeit und Arbeit, die in den Dampfsonderfahrten oder im Bahn-Nostalgieprogramm steckten, bis heute keine wirkliche Wertschätzung in der Politik erfahren haben. "Wir fahren seit 25 Jahren aus Eisenach weg und die Stadt oder den Kreis interessiert es eigentlich gar nicht. Zumal dadurch auch Touristen aus Deutschland und ganz Europa in die Region gelockt werden und die Hotels hier füllen", so Pfotenhauer.
Trotzdem freue er sich über den Zuspruch, den es von den Eisenbahnfans gibt: "Das gibt Ansporn, dass wir den Rodelblitz auch in den nächsten Jahren durchführen und damit etwas für Thüringen tun können." Auch die Dampflok der Baureihe 41 aus dem Jahr 1939 sei dank der Mitglieder in einem guten Zustand. Der Vereinschef hofft, dass das "alte Schätzchen" noch einige Jahre ohne größere Reparaturen durchhält.
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 25. Januar 2025 | 19:00 Uhr
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