Blick auf die Wartburg umgeben von blühenden Pflanzen. 5 min
Die Wartburg hat Finanzprobleme, nachdem der Hotelbetrieb eingestellt wurde. Mehr im Audio. Bildrechte: IMAGO / NBL Bildarchiv
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Seit anderthalb Jahren steht das Hotel auf der Wartburg leer. Es besteht Sanierungsbedarf in Millionenhöhe. Mareike Weimann berichtet über Planungschaos in der Eisenacher Stiftung.

MDR KULTUR - Das Radio Di 18.03.2025 06:00Uhr 05:23 min

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Bund und Land sind gefragt Wartburg in der Krise: Finanznot und interner Richtungsstreit

18. März 2025, 04:03 Uhr

Anderthalb Jahre steht das Hotel auf der Wartburg mittlerweile leer. Während die Pachteinnahmen früher für eine vergleichsweise komfortable finanzielle Situation der Welterbe-Stätte in Eisenach sorgten, ist diese Geldquelle versiegt. Nun stellt sich heraus: Eine angemessene Sanierungsrücklage wurde seit der Wiedervereinigung nie angespart. Und aus dem Stiftungsumfeld werden Stimmen laut, das aktuelle Führungspersonal könne die große Aufgabenlast nicht bewältigen.

Auch im 21. Jahrhundert ist die Wartburg ein Ort, der erklommen werden will. Vom Parkplatz aus geht es über viele Stufen hoch zur Burg. Oben dann der weite Blick, über Eisenach und den Thüringer Wald. Hier zu übernachten, das ist etwas ganz Besonderes. Doch seit anderthalb Jahren steht der Sehnsuchtsort Wartburg dafür nicht mehr zur Verfügung.

Im Herbst 2023 schloss das Hotel auf der Wartburg seine Türen. Zunächst mit dem Hinweis, nach ein paar Monaten und kleineren Sanierungsarbeiten wieder zu öffnen. Dann ging der Hotelbetreiber Arcona in die Insolvenz, und die Wirtschaftsbetriebe der Wartburg kündigten aufgrund zahlreicher Unsicherheiten den Vertrag. Seitdem fließt die Hotelpacht nicht mehr – die "Cash Cow" ist Geschichte, die die Wartburg-Stiftung jahrzehntelang mit Geld versorgt und dafür gesorgt hat, dass vergleichsweise wenige Fördergelder für den Erhalt des Weltkulturerbes beansprucht werden mussten.

Millionensumme in Eisenach benötigt

So wird der finanzielle Druck nach Informationen von MDR KULTUR immer stärker. Laut Michael Brodführer, Landrat des Wartburgkreises und Stiftungsrat der Wartburg-Stiftung, besteht mittlerweile Sanierungsbedarf in Höhe von 25 Millionen Euro, um wieder ein hochklassiges Hotel einzurichten: "Diese Summe steht aber nicht zur Verfügung. Und selbst wenn man diese Investition vornehmen würde, wäre nicht gewiss, ob ein Hotelbetrieb mit der begrenzten Zimmerzahl auf der Wartburg auch dauerhaft wirtschaftlich funktionieren würde."

Das Hotel auf der Wartburg.
Bis zur Schließung war das Hotel auf der Wartburg ein Fünf-Sterne-Haus. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Zu viele Ideen für die Wartburg

So ist die Stiftung nun bereits seit anderthalb Jahren dabei, auszuloten, welche Möglichkeiten es für das Hotelgebäude künftig gibt. Pikant: Auf ordentliche Eigenmittel kann sie bei der Sanierung nicht zurückgreifen. Wie verschiedene Seiten bestätigen, wurde in den vergangenen Jahrzehnten keine angemessene Sanierungsrücklage gebildet, die Pachteinnahmen flossen direkt in den Erhalt des Welterbes.

Solange das Hotel geöffnet war, funktionierte dieses Konzept gut – seit der Schließung aber herrscht nach Wahrnehmung mancher Chaos: "Seit anderthalb Jahren tauchen immer neue Ideen auf, was mit dem Hotelgebäude passieren soll. An einem Tag soll es ein Tagungshotel werden, am nächsten eine Airbnb-Unterkunft, am übernächsten ein Museumsdepot", schildert eine Person aus dem Stiftungsumfeld.

"Es ist schon enorm viel Geld und Zeit in diesen Prozess geflossen. Aber wegen unprofessioneller Strukturen innerhalb der Stiftung werden keine Entscheidungen getroffen." Dieses Hin und Her habe bereits einige Investoren abgeschreckt, die Interesse gehabt hätten, sich auf der Wartburg finanziell zu engagieren, so die Person weiter.

Thüringer Stiftung unter Druck

Was ist dran am Vorwurf unprofessioneller Strukturen? Er spielt auf eine Art Machtvakuum an, in dem sich die Wartburg ebenfalls seit rund anderthalb Jahren befindet: Franziska Nentwig, Frau Burghauptmann und damit Chefin der Wartburg-Stiftung, kann aufgrund einer Erkrankung ihre Aufgaben nicht ausreichend wahrnehmen. Ihre Abwesenheit sorgt nach Wahrnehmung verschiedener Menschen aus dem Stiftungsumfeld für Probleme.

Michael Brodführer, Bürgermeister Bad Liebenstein
Michael Brodführer ist seit vergangenem Sommer im Stiftungsrat. Die Hälfte des Gremiums wurde damals neu besetzt. Bildrechte: Stadtverwaltung Bad Liebenstein

So müsse vor allem der Leiter der Wirtschaftsbetriebe, einer ihrer Vertreter, eine Aufgabenlast schultern, die angesichts der derzeitigen Herausforderungen gar nicht zu stemmen sei. Vielleicht deswegen kommen die Impulse für die Zukunft des Hotels mittlerweile aus dem Stiftungsrat, einem Gremium, das eigentlich zur Aufgabe hat, Pläne abzunicken, statt sie selbst zu entwickeln.

Der Landrat des Wartburgkreises, Michael Brodführer, hat gemeinsam mit Eisenachs Oberbürgermeister Christoph Ihling das Zepter in die Hand genommen und eine Vision entwickelt, um wenigstens wieder eine ordentliche Gastronomie auf der Wartburg zu ermöglichen: "Wir brauchen dringend eine Art Welcome-Center, eine gut aufgestellte Gastronomie, die größere Menschengruppen angemessen versorgen kann", so Ihling. "Wir müssen ja davon ausgehen, dass im Stundentakt auch die Reisebusse vorfahren. Auch Feiern, wie zum Beispiel Hochzeiten, sollen endlich wieder möglich sein."

Ob Gasthof kommt, ist nicht sicher

Brodführer und Ihling wollen einen "Gasthof für fröhliche Leut" auf der Wartburg installieren, in Erinnerung an den ersten Namen, den das Gebäude 1914 bei der Eröffnung trug. Mithilfe von bereits zugesagten Fördergeldern in Höhe von fünf Millionen Euro könne man hier bereits viel erreichen, im Jahr 2027 solle der Gasthof eröffnen. Sobald die Gastronomie laufe, könne man dann mit deren Pachteinnahmen Schritt für Schritt die Gästezimmer in den oberen Stockwerken sanieren: "Perspektivisch soll es auf jeden Fall wieder Übernachtungen auf der Wartburg geben, das ist extrem wichtig", betont Ihling.

Die beiden Stiftungsräte sind nun beauftragt, weiter an ihrem Konzept zu feilen. Ob der Gasthof tatsächlich kommt, steht allerdings noch nicht fest. Es wurde bislang kein entsprechender Beschluss gefasst, zudem gibt es im Stiftungsumfeld durchaus Vorbehalte gegenüber der Idee: Man verkaufe die Wartburg mit solch einem Konzept unter Wert, heißt es.

Zudem werfe es Fragen auf: Bekomme man für eine Gasthofspacht nicht nur Kleckerbeträge? Und wie wolle man mit der Gastronomie abends und im Winter Geld verdienen? – "Wir brauchen jetzt vielmehr eine Bündelung der Kräfte und Kompetenzen, um einem einzigartigen Ort ein gutes Aushängeschild zu geben!", heißt es. Noch immer stünden ernstzunehmende Partner aus der Hotelbranche für Gespräche bereit.

Christoph Ihling schaut aus dem Fenster in seinem Büro auf die Stadt Eisenach.
Christoph Ihling ist seit Sommer 2024 Oberbürgermeister von Eisenach. Bildrechte: MDR/Ruth Breer

Wartburg muss sparen

Der Streit geht also weiter. Fest steht nur: Jeder Monat ohne Pacht nagt weiter am Budget der Wartburg-Stiftung. Auch beim neuen Kulturminister, der qua Amt Stiftungsratsvorsitzender ist, ist das Thema angekommen. Christian Tischner bezeichnet die Situation angesichts der notwendigen Investitionen als "angespannt". Alle Beteiligten im Stiftungsrat seien sich ihrer großen Verantwortung bewusst, heißt es in einem Statement. "Die Bereitschaft und Verpflichtung des Landes, seine Verantwortung für eine seiner wichtigsten Kultureinrichtungen wahrzunehmen" zeige sich darin, dass das Land in eine institutionelle Förderung der Stiftung eingetreten sei und damit im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten für die Stiftung einstehe.

Konkretere Aussagen gibt es in Zeiten angespannter Haushaltslagen nicht. So ist auf der Wartburg Sparen angesagt. Aus Kostengründen wird es in diesem Jahr keine neue Sonderausstellung geben. Über die Erhöhung von Eintrittsgeldern oder andere Maßnahmen denkt man momentan laut Wartburg-Stiftung aber nicht nach.

Redaktionelle Bearbeitung: hki, tsa

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 18. März 2025 | 07:10 Uhr

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