Einzelhandel Gegen Leerstand in der Innenstadt: Welche Ideen durch die "Goldschmiede" in Eisenach entstehen

22. August 2023, 15:42 Uhr

Die Innenstädte leiden unter der Krise des Einzelhandels: Ladenlokale stehen leer, Ödnis macht sich breit. Auch in Eisenach ist das so. Die Stadt hatte sich deshalb um Fördermittel aus einem Bundesprogramm beworben und war mit dem "Projekt Goldschmiede" erfolgreich. Nun steht Geld zur Verfügung, um die Innenstadt mit "Versuchslaboren" zu beleben. Es braucht dazu aber auch engagierte Menschen mit Mut und Ideen.

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Die Goldschmiedenstraße in Eisenach ist vor wenigen Jahren saniert und neu gepflastert worden, eine Parallele zur Fußgängerzone in der Karlstraße. Trotz guter Lage und Zustands stehen dort gleich mehrere Ladenlokale leer. Bis zum Frühjahr waren es noch zwei mehr. Im April wurde in der Straße ein Atelier für Kunstkurse und Malevents eröffnet - und im Mai gleich nebenan ein kleines deutsch-arabisches Café.

Baklava und Linsensuppe

Anja Seidel hat das Café "Seiku" gemeinsam mit ihrem Mann eröffnet, der aus Syrien stammt. Sie hat lange in der Gastronomie gearbeitet, erzählt sie, aber stets als Angestellte. Seit Mai hat sich das geändert: sie backt für das eigene Geschäft deutschen Kuchen, ihre Schwägerin arabische Baklava, ein Gebäck mit Nüssen und Pistazien.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Anja Seidel Café-Inhaberin

Ihr Mann sorgt für den Mittagstisch beispielsweise mit Taboulé und Linsensuppe. "Wir wollten uns schon immer selbständig machen", sagt Seidel, "aber haben uns nicht so getraut. Wo dann dieses Projekt Goldschmiede kam, da dachten wir: So - wenn nicht jetzt, wann dann?"

Mietzuschuss für ein Jahr

Für den Mut und als Anschub für das sogenannte "Versuchslabor" gab es einen Mietkostenzuschuss für 12 Monate. Ohne den hätten sie es wohl nicht gewagt, sagt Seidel.

Wie es läuft? Es gebe gute und weniger gute Tage, erzählt die Wirtin, es komme auf das Wetter an. Im Großen und Ganzen aber hätten die Eisenacher das Angebot gut angenommen. Es finden auch kleine Konzerte und Lesungen statt. Noch sei man in der Probe, sagt Anja Seidel. "Aber so, wie die Kurve jetzt nach oben geht, denke ich mal, dass es so weitergeht und wir sehr lange bleiben werden."

Deko-Artikel, Mode und Spielzeug

Auch Beatrice Zackel hat etwas gewagt: Sie hat sich neben ihrem Onlinehandel in ein Ladengeschäft in die Innenstadt getraut. Seit Anfang Juni gibt es in der Alexanderstraße ihren Concept Store "Glückskontur" mit einem breiten Angebot.

Mode aus Musselin lässt sie zum Teil selbst anfertigen in Asien und Italien, kauft Deko-Artikel in den Niederlanden ein und bietet Kinderspielzeug an. Dank ihrer drei Kinder kennt sie sich da gut aus. Dabei macht die Soldatin das alles nebenberuflich mit ihrem Partner - "das ist unser Hobby", sagt sie.

Die Aktion 'Goldschmiede' hat uns geholfen, mutig zu sein.

Beatrice Zackel

Der Mietzuschuss hat auch Beatrice Zackel die Entscheidung für das Ladengeschäft erleichtert, das sie jeden Freitag und alle 14 Tage auch samstags öffnet. "Wir hätten sonst einen Lagerraum gesucht, der außerhalb gewesen wäre. Es ist sonst ja doch recht preisintensiv ist, wenn man es nebenher macht", berichtet Zackel. "Die Aktion 'Goldschmiede' hat uns geholfen, mutig zu sein."

Citymanagerin berät und vermittelt

Mut machen für Ideen, die die Innenstadt beleben und mit den "Versuchslaboren" neue Angebote schaffen, das ist das Ziel des "Projekts Goldschmiede". Citymanagerin Nadia Schwedler begleitet es, berät, vermittelt zwischen Eigentümern und Interessenten.

Auch ihre Stelle wird aus den Projektmitteln finanziert. 330.000 Euro hat die Stadt Eisenach dafür aus dem Bundesprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" erhalten - zehn Prozent zahlt sie als Eigenanteil. Die Kaltmiete für die "Versuchslabore" wird für ein Jahr übernommen, maximal sechs Euro pro Quadratmeter oder bis zu 500 Euro monatlich. 

Umbaubonus für Eigentümer

Für Eigentümer von leerstehenden Ladenlokalen gibt es darüber hinaus einen Umbaubonus. Falls es aus baulichen Gründen schwierig ist, das Geschäft neu zu vermieten, zahlt die Stadt einen Zuschuss von 30 Prozent, maximal 10.000 Euro. Das wurde bereits in Anspruch genommen, berichtet Schwedler.

So half die Stadt, als in einem früheren Telekommunikationsladen ein neuer Boden verlegt werden musste. Heute wird dort Mode verkauft.

Minimalziel bereits erreicht

Ende August endet das erste von drei Jahren Förderung - Nadia Schwedler zieht eine positive Bilanz: Das Minimalziel, nämlich sechs bis acht "Versuchslabore" zu etablieren und Läden zu beleben, sei bereits erreicht.

Neben dem Café, dem Atelier und dem Concept Store zählt dazu auch eine Galerie des Kunstvereins Eisenach am Frauenberg. Die Kunstkurse in dem Atelier in der Goldschmiedenstraße liefen gut, sagt die Citymanagerin.

ThSV mit Fanshop

Im September werden dann voraussichtlich zwei weitere Läden starten. Am Johannisplatz wird ein Geschäft mit internationaler Mode öffnen, kündigt Schwedler an, und der Handballbundesligist ThSV Eisenach kommt mit einem Fanshop in die Marktgasse. Insgesamt haben sich bisher etwa 20 Mietinteressenten mit Ideen gemeldet, 15 Eigentümer zeigten Interesse an dem Vorhaben.

Nadia Schwedler schwärmt: "Zu sehen, dass die bereits geöffneten Versuchslabore gut angelaufen sind, dass die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, das Projekt zu schätzen wissen und froh sind über diese Möglichkeit, gibt uns auf jeden Fall Aufschwung für die nächsten zwei Jahre." 

MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 19. August 2023 | 18:20 Uhr

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