Nach der Ära Montavon Theater Erfurt: Doch keine neue Schauspielsparte bis 2027
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25. März 2025, 03:00 Uhr
Die Pläne für den Neuanfang am Theater Erfurt kommen auf den Prüfstand. So wird es wohl keine neue Schauspielsparte und auch keine Team-Intendanz geben. Der neue Theaterbeigeordnete Steffen Linnert sieht "zu viele Fragezeichen". Er will einen neuen Vorschlag zur Theaterleitung entwickeln und im Stadtrat diskutieren. Außerdem kündigte er an, sich die Theaterfinanzen "noch einmal genauer anzuschauen" und mit Blick aufs Budget etwa bei den Domstufenfestspielen auf "populärere Themen" zu setzen.
- Das Theater Erfurt bekommt vorerst doch keine neue Schauspielsparte.
- Der neue Theaterbeigeordnete der Stadt stellt auch die Leitung des Theaters durch ein Team infrage.
- Für die weitere Neustrukturierung des Hauses müsse die Finanzierung genauer überprüft werden.
Am Theater Erfurt wird 2027 wohl keine neue Schauspielsparte eingeführt. Das sagte der neue Theaterbeigeordnete Steffen Linnert MDR Kultur. Für ihn gebe es derzeit noch zu viele Fragezeichen bei dem Thema, sodass dieses Ziel in der verbliebenen Zeit nicht zu realisieren sei: "Wir müssen erst mal kritisch hinterfragen, inwiefern die ein oder andere Geldzahl in der Kostenkalkulation seriös dahinter steht."
Außerdem sei bislang noch nicht beleuchtet worden, welche Interessenkonflikte durch die neue Schauspielsparte entstehen könnten, so stehe etwa die Konkurrenz zum Jugendtheater "Schotte" im Raum: "Ich glaube deswegen nicht, dass wir den Transformationsprozess schon 2027 umgesetzt haben."
Team-Intendanz für Theater Erfurt steht in Frage
Auch mit dem zweiten in diesem Prozess beschlossenen Ziel, einer künftigen Team-Intendanz, kann sich Linnert nicht anfreunden: "Es gibt zwar diese Vision der kollektiven Führung. Die bildet sich aber im Kommunalrecht nicht ab!" Er sehe hier zwar Möglichkeiten für bis zu drei Werkleitungen, darüber hinaus werde es sehr schwierig.
Es gibt zwar diese Vision der kollektiven Führung. Die bildet sich aber im Kommunalrecht nicht ab!
Denn je mehr Führungspersonal es gebe, desto schwächer werde das einzelne Intendanzmitglied: "Um so mehr ist das dann ein ganz normaler Arbeitnehmer. Den müsste ich dann aber unbefristet beschäftigen, wir müssten uns also von dem Konzept eines Wechsels in der Intendanz alle paar Jahre verabschieden."
Entscheidung für neue Theaterleitung drängt
Linnert will nun konkrete Vorschläge zum Thema Theaterleitung entwickeln und diese in den nächsten Monaten im Stadtrat diskutieren lassen. Hier dränge die Zeit: "Was wir wirklich bald entscheiden müssen, ist, wie die künftige Führung ausgerichtet sein soll: Sucht man da jemanden, der ein Schauspiel aufbauen kann, oder jemanden wie bislang, der nur fürs Musiktheater steht?
Finanziell sieht Linnert das Theater Erfurt mittlerweile gut aufgestellt. Nachdem im vergangenen Jahr Stadt und Land dem Theater noch mit einer Finanzspritze von 1,8 Millionen Euro unter die Arme greifen mussten, ist das laut dem Theaterdezernenten in diesem Jahr nicht nötig. Aktuell gehe man davon aus, dass es kein negatives Ergebnis geben werde. Grund dafür sei unter anderem die neue Finanzierungsvereinbarung, durch die sich die Zuschüsse von Stadt und Land sukzessive erhöhten.
Theater und Geldfragen: "Da gehört Demut dazu"
Grundsätzlich werde er sich das Thema Theaterfinanzen noch einmal genauer anschauen, so Linnert. So sei etwa durch die schlecht verkauften Domstufenfestspiele 2023 klar geworden, dass diese zwar ein großer Ertragsbringer seien, damit aber gleichzeitig auch ein großes Risiko darstellten: "Bei den Domstufen sollte es deswegen in Zukunft eher leichtere und populäre Themen geben – da geht es einfach um die Wirtschaftlichkeit."
Insgesamt, so Linnert, gehe es am Theater darum, mit dem vorhandenen Budget verantwortungsvoll umzugehen: "Solche Aussagen wie 'Es ist nicht genug Geld da' müssen dringend hinterfragt werden! Es geht doch viel mehr darum, mit Sparmaßnahmen mit der Situation umzugehen." Das Theater sei der am höchsten bezuschusste Eigenbetrieb der Stadt, es bekomme mehr als der Nahverkehr: "Der Steuerzahler bezahlt pro Theaterticket 120 bis 150 Euro. Da gehört dann eben auch Demut dazu, mit Rücksicht auf die anderen Institutionen, die mit viel weniger Geld ausgestattet werden."
Solche Aussagen wie 'Es ist nicht genug Geld da' müssen dringend hinterfragt werden!
Neuausrichtung nach Erfurter Theaterskandal: Alles auf Anfang?
Linnerts Vorgänger Tobias Knoblich hatte in einem partizipativen "Theatertransformationsprozess" eine Neuaufstellung des Theaters nach der Ära Montavon erarbeiten lassen. Diese sieht vor, acht Schauspielstellen und eine Spartenleitung am Theater zu schaffen; für drei Eigenproduktionen und eine Jugendtheaterproduktion pro Spielzeit.
Die Gesamtkosten für die neue Sparte belaufen sich laut Konzept auf rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr, dieses Geld soll innerhalb des Theaters an anderer Stelle eingespart werden. Ebenfalls soll eine kooperative Leitungsstruktur geschaffen werden, in der sechs Personen angesiedelt sind. Durch die Turbulenzen des Theaterskandals und den Weggang von Knoblich ist der Transformationsprozess ins Stocken geraten.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 25. März 2025 | 07:30 Uhr