Zweite Heimat Ukrainische Trainer unterstützen Suhler Sportschützen

06. August 2023, 05:00 Uhr

Integration durch Sport. Oft ist es der Sportverein, der Menschen aus anderen Ländern die Tür öffnet, um mit Menschen von hier in Kontakt zu kommen. So ähnlich war es auch bei einem Paar aus der Ukraine, das durch den Schießsport in Thüringen eine zweite Heimat gefunden hat. Nach der Flucht aus der Ukraine leben und arbeiten die beiden mittlerweile in Suhl.

Oleksii und Hanna Denysiuk sind endlich wieder da, wo sie sich wohlfühlen. Ihre Leidenschaft ist das Sportschießen. Als Stützpunkttrainer und Sichtungstrainerin am Suhler Schießsportzentrum haben die beiden eine neue Aufgabe gefunden.

Auch wenn sie in Suhl nun in Sicherheit sind und ein halbwegs normales Leben führen können, ist der Krieg in ihrer Heimat immer präsent.

Jede Rakete in der Ukraine ist wie ein Nagel in meinem Herzen.

Oleksii Denysiuk

"Wir lesen jeden Tag Nachrichten. Und jede Rakete und jedes neue Problem in der Ukraine ist wie ein Nagel in meinem Herzen. Es ist nicht möglich, ganz ruhig zu sein. Hier in Deutschland sind wir über 1.000 Kilometer weit weg. Aber es ist schwer, mental schwer", sagt Oleksii Denysiuk.

Kaum Bewerbungen auf Trainerstellen beim Schützenbund

Schon vor einem Jahr hatte der Thüringer Schützenbund kurzfristig dafür gesorgt, dass Hanna und Oleksii mit der Nationalmannschaft der Ukraine in Suhl trainieren konnten.

Oleksii ist zweifacher Medaillengewinner bei den Paralympics. Nach einem schweren Sturz vor zehn Jahren ist ihm seine Behinderung am Bein noch immer anzusehen. Als Trainer schränkt ihn das aber nicht ein.

Viele Trainer haben ihre Ausbildung noch zu DDR-Zeiten genossen. Diese Trainer gehen jetzt nach und nach in den Ruhestand.

Michael Gohritz

Dass er nun zusammen mit seiner Frau - beide sind sie Diplom-Trainer - in Suhl arbeitet, sei auch für den Thüringer Schützenbund ein Glücksfall, sagt Geschäftsführer Michael Gohritz: "Der Trainermarkt ist absolut leergefegt. Viele Trainer haben ihre Ausbildung noch zu DDR-Zeiten genossen. Diese Trainer gehen jetzt nach und nach in den Ruhestand. Jetzt muss ich sagen, dass ich sehr glücklich bin, dass wir die beiden für uns gewinnen konnten, weil sie ganz einfach unsere großen Baustellen geschlossen haben."

Zwei Jahre hatte der Schützenbund die Stellen ausgeschrieben und so gut wie keine Bewerbung erhalten.

Wichtige Unterstützung für Paralympics 2024

Oleksii ist als Stützpunkttrainer für die Thüringer Nachwuchs-Pistolenschützen zuständig. Hanna ist Sichtungstrainerin für die Disziplinen Flinte und Gewehr. Außerdem unterstützt sie nun auch den aktuell besten Thüringer Paraschützen Cliff Junker.

Für den Mann aus Zella-Mehlis ist das viel wert, denn vorher hat er oft alleine trainiert. "Ein Trainer schaut von außen einfach nochmal anders auf die Abläufe. Hanna kann Fehler erkennen, bevor sie sich in meinen Ablauf einschleichen und verfestigen", sagt Cliff, der im vergangenen Jahr mit dem Team Weltmeister geworden ist und dabei gleichzeitig noch einen neuen Weltrekord aufgestellt hat.

Vor dem 24. Februar 2022 hatten wir viele Pläne.

Hanna Denysiuk

Die Unterstützung von Hanna Denysiuk ist für ihn auch ein wichtiger Faktor auf dem Weg zu den Paralympics im nächsten Jahr in Paris. Auch Oleksii will bei den Paralympics in Paris an den Start gehen. Nach Bronze 2016 in Rio de Janeiro und Bronze 2020 Tokio will er im nächsten Jahr nach Gold greifen. Auf die Spiele vorbereiten will er sich im Suhler Schießsportzentrum.

Zukunft in Suhl ungewiss

Wie lange Hanna und Oleksii danach noch in Suhl bleiben, das wissen sie noch nicht. Seitdem der Krieg in der Ukraine tobt, würden sie nur noch von Tag zu Tag denken, sagt Hanna Denysiuk. "Vor dem 24. Februar 2022 hatten wir viele Pläne. Aber der Tag hat alles verändert. Deswegen haben wir nun verstanden, dass wir im Hier und Jetzt leben müssen", sagt Hanna. Wohlwissend, dass momentan noch keiner sagen kann, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauert.

In den nächsten Monaten wollen die neuen Trainer ihre Thüringer Sportler nach vorn bringen. Und damit auch etwas zurückgeben, für die Gastfreundschaft, die sie in Suhl kennenlernen durften.

MDR (tg/dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 06. August 2023 | 18:20 Uhr

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