Von sieben auf 19 Prozent? Gastronomen zur Mehrwertsteuer: Die Gäste müssten es ausbaden
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10. August 2023, 15:48 Uhr
In der Gastronomie gilt noch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, auch aufs Essen. Allerdings nur bis Jahresende. Dann läuft die Corona-Hilfe aus. Thüringer Gastronomen wollen das allerdings nicht so einfach hinnehmen. Sie befürchten Preissteigerungen. Auch IHK und Dehoga machen Druck. Ansonsten könnten viele Betriebe auf der Strecke bleiben.
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Im "Gastmahl des Meeres" in Suhl läuft das Geschäft. Seit über 50 Jahren kommt hier das "Beste aus dem Meer" auf die Teller. Eine absolute Besonderheit in Suhl. Doch auch Inhaber Markus Ritzmann muss schauen, wie sein Traditionsgasthaus über die Runden kommt.
Der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent könnte dabei hilfreich sein, nicht nur in der Corona-Zeit, sagt Ritzmann: "Diese Unterstützung war überlebenswichtig und viele Betriebe wären vielleicht auch gar nicht mehr da. Aber man muss jetzt auch die Frage stellen, warum es überhaupt einen erhöhten Steuersatz geben sollte."
Nur sieben Prozent Steuer für To-Go-Essen
Diese Frage treibt auch Uwe Hünger um. In seinem kleinen Lokal "Zum Hünger" auf dem Suhler Lautenberg gibt es Hausmannskost. Gerade erst ist er aus dem Stadtzentrum in die neuen Räume gezogen. Seine Stammkunden sind ihm treu geblieben. Außerdem kommen viele Handwerker zum Frühstück oder Mittag vorbei.
Sie verbringen ihre Pause gerne in der gemütlichen Gaststätte. Doch was der Kunde oft gar nicht merkt, ist für die Gastronomen ein wichtiger Teil der Kalkulation. Isst der Gast sein Essen im Restaurant, werden normalerweise 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Wird das Essen mitgenommen, werden nur sieben Prozent berechnet. Der Endpreis für das Essen ist der Gleiche.
Die To-Go-Anbieter kommen mit sieben Prozent davon. Darüber sollte sich die Politik mal Gedanken machen.
Uwe Hünger sieht dadurch vor allem Fast-Food-Ketten im Vorteil, die hauptsächlich To-Go-Essen anbieten, zum niedrigen Steuersatz und dabei auch noch jede Menge Müll produzieren: "Der kleine Mann, der eine Gaststätte besitzt, braucht eine Spülmaschine. Strom, Personal, und Wasser. Und die To-Go-Anbieter kommen mit sieben Prozent davon. Wir halten das alles vor und müssen für Essen im Haus 19 Prozent berechnen. Das versteht kein Mensch. Darüber sollte sich die Politik mal Gedanken machen."
Gastwirt müsste Preise erhöhen
Die Politik hält bis jetzt an den Plänen fest, die Mehrwertsteuer auf das Essen im Restaurant ab Januar 2024 wieder auf 19 Prozent zu schrauben. Die Steuereinnahmen seien für andere Projekte eingeplant, so das Argument. Uwe Hünger befürchtet, dass der Gast das am Ende ausbaden müsste.
Denn bei steigenden Kosten für Strom, Personal und Waren sei das nicht anders finanzierbar: "Da kommen wir nicht drum herum, die Preise zu erhöhen." Auch Markus Ritzmann würde seinen Kunden eine Preissteigerung gerne ersparen. Deswegen fordert auch er, dass die sieben Prozent Mehrwertsteuer beibehalten werden - und zwar dauerhaft.
Thüringens Dehoga-Chef macht Druck
Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) macht in dieser Sache Druck. Geschäftsführer Dirk Ellinger sagte, wenn die Mehrwertsteuer wieder steigt, werde das zwingend zu einer Preiserhöhung führen. Die Frage sei nur, bis wann die Gäste sich einen Besuch im Restaurant dann noch leisten könnten.
Auch Betriebsschließungen seien dann zu befürchten, so Ellinger. Das Argument der Politik, dass die Steuereinnahmen dringend gebraucht werden, lasse er nicht gelten. Viel schlimmer wäre aus Sicht des Thüringer Dehoga-Chefs eine erneute Pleitewelle in der Gastronomie. Dann wären die Steuerausfälle weitaus größer, sagt Ellinger.
Umfrage: Viele Gastonomen bewerten Lage schlecht
Auch die IHK Südthüringen ist kein Freund des erhöhten Steuersatzes in der Gastronomie. Sie fordert, den ermäßigten Steuersatz dauerhaft zu etablieren. Auch um Wettbewerbsnachteile der Gaststätten unter anderem gegenüber Lieferdiensten zu beseitigen. Die Gaststätten seien nach der Corona-Pandemie finanziell noch immer angeschlagen.
Lediglich 16 Prozent der Gastronomen bewerten laut aktueller Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen ihre Geschäftslage als gut, für 40 Prozent ist sie demnach schlecht. Ein "Gastro-Sterben" würde laut IHK auch die gesamte Region zunehmend unattraktiv machen, auch mit Blick auf den Zuzug von Fachkräften.
Eine Entscheidung, ob weiterhin sieben oder bald wieder 19 Prozent aufs Essen in der Gaststätte fällig werden, trifft der Bundestag vermutlich erst Ende des Jahres.
MDR (tig/sar)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 10. August 2023 | 18:00 Uhr
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