Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden in sanft hügeliger Landschaft
Seit der Entscheidung zum Oberzentrums Südthüringen Mitte Januar ist ein Streit darum entbrannt, welche Städte sollen. Bildrechte: MDR/Marco Prosch

Infrastruktur Sollen Schmalkalden und Meinigen dazugehören? Weiter Streit um Oberzentrum Südthüringen

17. Februar 2024, 15:38 Uhr

Seit einem Monat streiten sich Schmalkalden und Meinigen mit anderen Städten der Region darum, ob es sinnvoll ist, wenn sie gemeinsam das Oberzentrum Südthüringen bilden. Noch immer ist keine Einigung in Sicht.

Schock und Wut auf der einen Seite, Freude über die gelungene Lobbyarbeit auf der anderen: Gegensätzlicher hätten die Reaktionen auf einen Kabinettsbeschluss der Thüringer Landesregierung vom 15. Januar nicht sein können. Beschlossen wurde da, dass zu einem künftigen Oberzentrum Südthüringen auch die beiden Städte Schmalkalden und Meiningen gehören sollen.

Suhl, Schleusingen, Zella-Mehlis und Oberhof arbeiten bereits seit fünf Jahren in einer Kommunalen Arbeitsgemeinschaft (KAG) zusammen. Gerade tüfteln sie an einem gemeinsamen Konzept für Wirtschaftsförderung. Der Plan ist beispielsweise, dass Unternehmern künftig ein Ansprechpartner im Namen aller vier Städte zur Verfügung steht. Freie Gewerbeflächen sollen gemeinsam vermarktet werden. All das tun die Städte, um irgendwann vom Land endlich als Oberzentrum eingestuft zu werden.

Keine gemeinsame Grenze mit Schmalkalden und Meiningen

Warum aber ist das für die vier Bürgermeister so ein großes Problem, wenn nun auch noch Schmalkalden und Meiningen in diesen Verbund hinzukommen? "Wir haben mit Schmalkalden und Meiningen keine gemeinsamen Grenzen", sagt Richard Rossel. Er ist parteiloser Bürgermeister in Zella-Mehlis und fungiert als Vorsitzender der KAG. "Viele Projekte, wie beispielsweise das für die Wirtschaftsförderung, funktionieren nicht, wenn die Städte nicht zusammenhängen", ist Rossel überzeugt.

Bürgermeister André Henneberg, André  Knapp (CDU) und Richard Rossel (pl) stehen an einem Tisch.
Seif fünf Jahren arbeiten Suhl, Zella-Mehlis, Oberhof und Schleusingen zusammen hier die Bürgermeister von Schleusingen André Henneberg(FW), von Suhl André Knapp (CDU) und Zella-Mehlis Richard Rossel (pl). Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Außerdem sei so ein dezentrales Städtekonstrukt schon einmal grandios gescheitert. "Wir wollen nicht noch einmal die gleichen Fehler machen." Rossel meint den einstigen "Städteverbund Südthüringen". Damals waren neben Suhl, Schleusingen, Zella-Mehlis unter anderem auch Schmalkalden, Meiningen sowie die Kreisstadt Hildburghausen im Boot. 2008 löste sich der Städteverbund auf, das Projekt Oberzentrum wurde begraben.

Schmalkaldens Bürgermeister betont Bereicherung der Region

In Schmalkalden sieht man das anders. "Ein Oberzentrum ist für die Landesregierung vor allem ein planerisches Konstrukt und muss nicht zwingend zusammenhängen", sagt Bürgermeister Thomas Kaminski (SPD). Viel wichtiger sei, dass die Städte auch bestimmte Funktionen erfüllen. Schmalkalden bringe beispielsweise eine Fachhochschule samt wissenschaftlicher Bibliothek mit ein, Meiningen das Staatstheater sowie die Landespolizeischule.

Schleusingen, Oberhof und auch Zella-Mehlis hätten da vergleichsweise wenig zu bieten. Ein Oberzentrum sollte laut Kaminski einen wirtschaftlichen und kulturellen Kern haben, der stark in die ganze Region ausstrahlt.

Thomas Kaminski (parteilos), Bürgermeister von Schmalkalden im Wohngebiet Walperloh in Schmalkalden.
Schmalkaldens Bürgermeister Thomas Kaminski (SPD) hält ein dezentrales Oberzentrum nicht für problematisch. Bildrechte: picture alliance / Christoph Soeder/dpa | Christoph Soeder

"In Südthüringen haben wir diesen Kern nicht. Und den haben wir auch nicht, wenn Suhl, Zella-Mehlis, Oberhof und Schleusingen das zusammen machen. Die bilden vielleicht 40 Prozent dieser Bedingungen ab und wenn Schmalkalden und Meiningen dabei wären, würden die die anderen 60 Prozent dazugegeben", so Kaminski.

"Und wenn ich dann davon lese, dass sich Suhl beispielsweise eine Fachhochschule oder ein Technologie- und Gründerzentrum wünscht… Da frage ich mich schon: Wie viele Fachhochschulen oder TGFs verträgt Südthüringen?", fährt er fort. Hier gehe es nicht um die nächsten fünf Jahre. Bei einem Oberzentrum liegen die Planungszeiträume laut Kaminski bei 20 Jahren. "Ich möchte einfach nicht, dass jetzt die Weichen falsch gestellt werde", so Kaminski.

Zum Aufklappen: Was ist ein Oberzentrum?

Oberzentren sind zentrale Städte oder Gemeindezusammenschlüsse in einer Region, die vom Land festgelegt werden. Sie haben bestimmte Funktionen innerhalb ihrer Region und stellen damit auch mehr Infrastruktur für die Bürger zur Verfügung als andere Orte. In der Regel beheimaten Oberzentren Hochschulen, Veranstaltungshallen oder bedeutende Einrichtungen und Behörden.

Oberzentrum soll Städte zukunftsfähig machen

Man treffe dann auf Landesebene die Entscheidung, wo Behörden angesiedelt werden, wo Hochschulen und kulturelle Angebote in Zukunft entwickelt werden. "Und dahin fließt dann natürlich auch das Geld für diese Zwecke. Und wenn man nicht Teil dieses Zentrums ist, läuft man Gefahr, dass man diese Funktionen mittelfristig und langfristig verliert", erklärt der Schmalkaldener Bürgermeister.

Deshalb werden er und sein Meininger Amtskollege Fabian Giesder (SPD) auch weiter vehement für einen Beitritt zu dem künftigen Oberzentrum Südthüringen kämpfen. Auch Landrätin Peggy Greiser (parteilos) und der größte Teil der Kreisräte des Landkreises Schmalkalden-Meiningen unterstützen das.  

Zella-Mehlis: Wollen niemandem die Fachhochschule nehmen

"Wir wollen niemandem eine Fachhochschule oder ein Theater nehmen", versichert das Zella-Mehliser Stadtoberhaupt Rossel. Doppelstrukturen wolle man auf jeden Fall vermeiden. Er biete Schmalkalden und Meiningen maximal eine Kooperation an. Wie die aussehen und vor allem wie weit sie gehen könnte, soll bei einem ersten Gespräch aller beteiligten Bürgermeister Ende Februar besprochen werden - erst mal nichtöffentlich. Die Meinungen lägen noch zu sehr auseinander.

Stadträte wollen Punktepapier gegen dezentrales Oberzentrum unterschreiben

Zuvor - und zwar am Dienstag, 20. Februar - gibt es nicht nur eine außerordentliche, sondern auch eine durchaus außergewöhnliche Stadtratssitzung. Damit alle Platz finden, wird sie in der Mehrzweckhalle in Zella-Mehlis stattfinden. Die Stadträte von Suhl, Schleusingen, Oberhof und Zella-Mehlis sollen gemeinsam ein Positionspapier unterzeichnen. Mit den folgenden drei Punkten:

  1. Der Bürgermeister wird beauftragt, sich im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zum zweiten Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) auf allen notwendigen Ebenen für ein Oberzentrum Südthüringen bestehend aus den Städten Suhl, Zella-Mehlis, Schleusingen und Oberhof einzusetzen.
  2. Die landesplanerische Etablierung eines dezentralen, räumlich unzusammenhängenden Oberzentrums Südthüringen in Form eines losen Städteverbundes lehnen die Stadträte ab.
  3. Der im regionalen Entwicklungskonzept "Oberzentrum Südthüringen" vom 15. Juni 2021 beschriebene und bereits beschrittene Weg der engen Anbindung der Städte Meiningen und Schmalkalden durch rechtsverbindliche Kooperationsvereinbarungen ist konsequent weiter anzustreben.

Es bleibt also spannend. Nach besonders großer Kompromissbereitschaft sieht es nicht aus. Auf beiden Seiten.

MDR (ost)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 17. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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