Justiz Nach gewalttätigen Corona-Protesten in Schmalkalden: Geldstrafen für drei Angeklagte
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21. Dezember 2023, 11:09 Uhr
Das Meininger Amtsgericht hat sich erneut mit einem Angriff von Corona-Demonstranten auf Polizisten in Schmalkalden im Jahr 2021 beschäftigt. Bei dem Prozess am Mittwoch wurden drei Personen zu einer Geldstrafe verurteilt.
Zweieinhalb Jahre nach einer eskalierten Polizeikontrolle bei einem Corona-Protest in Schmalkalden sind am Mittwoch weitere Urteile gefallen. Im zweiten Prozess mussten sich drei Angeklagte - zwei Männer und eine Frau - vor dem Meininger Amtsgericht verantworten.
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Die Angeklagten hätten Polizisten angegriffen und verletzt. Der Vorfall wurde auf Handyvideos festgehalten, die später im Internet kursierten.
Angeklagt sind insgesamt zehn Personen, das Verfahren wurde in drei Prozesse mit jeweils drei und vier Angeklagten getrennt. Anders als im ersten Prozess, der vergangene Woche stattfand, erschienen die Angeklagten am Mittwoch zur Verhandlung. Die zwei 53 und 45 Jahre alten Männer aus Schmalkalden, sowie die 51 Jahre alte Frau aus Fambach sagten umfassend aus. Die vier involvierten Polizisten waren als Zeugen geladen.
Vorfall bei unangemeldeter Corona-Demonstration
Auslöser der gewaltsamen Auseinandersetzung am 26. April 2021 war der Versuch der Beamten, die Identität des 53-jährigen Angeklagten festzustellen. Er war als augenscheinlicher Versammlungsleiter ausgemacht worden. Rund 60 Menschen hatten sich an dem Tag in der Innenstadt von Schmalkalden zum Protest getroffen. Der 53-jährige Angeklagte weigerte sich jedoch, seinen Personalausweis zu zeigen.
Im Gericht argumentierte er, er habe damals auf die Frage nach der rechtlichen Grundlage keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Die Staatsanwältin hielt dem entgegen, es habe mit dem Anfangsverdacht des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz sehr wohl eine Handlungsgrundlage gegeben.
Angeklagte verteidigen ihr Verhalten
Zur Eskalation kam es, als sich andere Demonstrationsteilnehmer in den Streit einmischten. Erst verbal, teils mit wüsten Beschimpfungen, wie "Faschisten", dann auch körperlich. Ein Mann - der Prozess gegen ihn steht noch aus - schlug einem der Beamten unvermittelt mit der Faust gegen den Hals. Als zwei der Polizisten daraufhin versuchten, ihn zu fixieren, wurden sie von weiteren Demonstranten - darunter auch den Angeklagten - angegangen.
Alle Drei verteidigten ihr Verhalten vor Gericht. Sie gaben an, sie seien in Sorge um ihren Bekannten gewesen. Dieser habe gerufen, er bekomme keine Luft. Daher hätten sie versucht, ihn aus dem Griff der Beamten zu befreien. Auch von der Bestrebung, die Lage zu deeskalieren, war die Rede.
Polizist berichtet von psychischen Folgen
Die Polizisten hingegen gaben vor Gericht an, bis zu dem besagten Tag seien vergleichbare Fälle der Identitätsfeststellung immer ohne größere Probleme abgelaufen. Von den Demonstranten, die eindeutig in der Überzahl waren, sei an dem Tag von Beginn an eine hohe Aggression ausgegangen. Mindestens ein Polizist ging infolge der Rangelei zu Boden.
Von dem Einsatz trugen die Beamten Schürfwunden, Prellungen und verletzte Finger davon, wie ärztliche Gutachten bestätigten. Einer der Polizisten - derjenige, der den Faustschlag auf den Hals abbekommen hatte - berichtete von anhaltenden psychischen Folgen. Menschenmengen hätten ihm nach dem Vorfall Schwierigkeiten bereitet. Bis heute könne er keine Kleidung tragen, die ihn im Halsbereich einengt.
Angeklagte zu Geldstrafen verurteilt
Die Handyvideos waren im Prozess zentrales Beweismaterial. Nach zwei Jahren verstrichener Zeit, und damit auch beeinträchtigter Erinnerung aller Beteiligten, stellten die Bilder wertvolle Belege der Ereignisse dar. Auch im Gerichtssaal wurden die Aufnahmen nochmals abgespielt, um Verantwortlichkeiten für konkrete Aktionen nachzuvollziehen.
Der Richter sah schließlich in Bezug auf die beiden männlichen Angeklagten die Tatbestände der Nötigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erfüllt. Der 53-Jährige hatte einen Polizisten von hinten an den Schultern gezogen und seine Arbeit behindert. Der 45-jährige Angeklagte hatte versucht, den Bekannten, der von den Polizisten am Boden gehalten wurde, aus ihrem Griff zu lösen.
Im Fall der Frau sah der Richter zusätzlich den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung als erwiesen an. Sie hatte den Videoaufnahmen zufolge einen Beamten nach hinten gezogen, sodass dieser das Gleichgewicht verlor und stürzte. Die Freiheitsstrafen wurden in Geldstrafen mit 60, 100 und 160 Tagessätzen á 35, 20 beziehungsweise 40 Euro umgewandelt. Die Verurteilten müssen demnach 2.000, 2.100 sowie 6.400 Euro Strafe zahlen.
Richter fordert mehr Respekt ein
In der Urteilsverkündung zeigte sich der Richter auch entsetzt über den gänzlich fehlenden Respekt der Demonstranten vor den Beamten. Auch nur an der Kleidung der Polizisten zu zerren, sei eine erhebliche Grenzüberschreitung.
Mit Bezug auf die wiederkehrenden Kommentare der Angeklagten, die Polizeikontrolle an sich sei unverhältnismäßig gewesen, sagte der Richter, Ansichten dazu seien für den Prozess nicht relevant. Relevant seien Straftaten und die hätten sich an dem besagten Tag nach der verweigerten Kontrolle abgespielt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Binnen einer Woche können die Angeklagten Berufung oder Revision einlegen. Im Januar folgt der dritte Prozess im Zusammenhang mit dem Vorfall. Dann müssen sich weitere drei Personen verantworten.
MDR (med/ost)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 20. Dezember 2023 | 18:35 Uhr