Agrarpolitik Landwirte und Spediteure protestieren gemeinsam - Verkehrsbehinderungen in Teilen Thüringens
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11. Januar 2024, 14:56 Uhr
Auch am Donnerstag mussten sich Autofahrer in Thüringen auf Verkehrseinschränkungen einstellen. Hintergrund waren Proteste der Spediteure und Landwirte. Ein Demonstrationszug mit rund 150 Lkw führte von Erfurt nach Jena. Zudem gibt es weitere lokale Proteste.
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Auch am Donnerstag gehen in weiten Teilen Thüringens Proteste weiter. Neben den Blockaden und Kundgebungen der Landwirte haben auch Spediteure protestiert. Einen Überblick über aktuelle Sperrungen in Thüringen gibt es hier.
Lkw-Protestfahrt von Erfurt nach Jena
Der Protest der Spediteure und Landwirte mit einem Korso von Erfurt nach Jena ist beendet. Der Konvoi hatte bis zum Mittag zu kurzzeitigen Verkehrsproblemen in Erfurt, Weimar und Jena und auf der Bundesstraße 7 geführt. Auch der Busverkehr war beeinträchtigt. Nach Angaben der Polizei gab es keinerlei Zwischenfälle.
Um 7 Uhr war der Lkw-Konvoi vom Güterverkehrszentrum bei Vieselbach gestartet. Insgesamt seien 150 Lkw sowie Traktoren auf einer Länge von fünf Kilometern unterwegs gewesen, teilte die Polizei mit. Nach einer Fahrt durch Erfurt rollte der Konvoi weiter über die B7 nach Weimar und Jena. Das Hupkonzert hallte weit durch die Städte. An den Motorhauben ihrer Fahrzeuge war abzulesen, worum es den Lkw-Fahrern geht: "Die Maut ist hoch, der Diesel teuer, wir zahlen 2 x CO2-Steuer." Martin Kammer vom Thüringer Verkehrsgewerbe sagte, die Unternehmer seien über die Verkehrspolitik im Land frustriert. Nun wollten sie sich Gehör schaffen. "Ohne uns geht gar nichts. Ohne uns bleiben die Regale leer", sagte Kammer.
Bei dem Protest der Spediteure ging es unter anderem um die höheren CO2-Abgaben. Der von der Bundesregierung eingeführte Zuschlag soll Anreize setzen, auf klimafreundlichere Modelle umzusteigen.
Bauernproteste gehen lokal weiter
Nachdem bereits am Mittwoch Landwirte in einigen Teilen Thüringens ihre Proteste gegen Sparpläne der Bundesregierung fortgesetzt hatten, gab es auch am Donnerstag lokal Protestaktionen.
Am Morgen wurde bereits durch Demonstranten ein Kreisel in Vacha im Wartburgkreis und die Auffahrt zur A71 am Gewerbegebiet in Erfurt-Stotternheim blockiert. Dabei war es auch zu erheblichen Behinderungen auf der B84 und B62 in Vacha gekommen. Nach Angaben der Polizei hatten rund 20 Fahrzeuge die Kreuzung beider Bundesstraßen blockiert. Damit war für Berufspendler kein Durchkommen mehr. Die Demonstration habe sich gegen 8 Uhr wieder aufgelöst, sagte eine Polizeisprecherin.
Auch in Südthüringen haben Bauernproteste erneut den Verkehr an einigen Orten lahmgelegt. Kein Durchkommen ist nach Angaben der Polizei nach wie voran der Auffahrt der A73 in Schleusingen. Mehrere Traktoren blockieren dort die Zubringer. Seit 13 Uhr ist will der Konvoi offenbar in Richtung Hildburghausen unterwegs. Seit 7 Uhr hatten die Landwirte auch für gut eine Stunde die A71-Autobahnauffahrt Meiningen-Nord blockiert. Der angemeldete Protest endete dort nach Angaben der Polizei am späten Vormittag.
Auf der B19 zwischen Meiningen und Walldorf habe sich eine Kolonne aus rund 50 Fahrzeugen mittlerweile aufgelöst, teilte die Polizei mit. Dort war die Kreuzung auf der Höhe des Baumarkts Toom zeitweise dicht. Am Morgen hatten Landwirte außerdem für eine Stunde die A71-Autobahnauffahrt Meiningen-Nord blockiert.
Im Norden von Gera hatten Landwirte seit dem frühen Donnerstagmorgen wichtige Zufahrtsstraßen blockiert. So gab es Behinderungen an den Kreiseln der B2 Richtung Leipzig und in Gera-Leumnitz am Globus-Markt sowie in Richtung B7 Ronneburg. Somit konnten Autofahrer auch nicht zur Autobahnauffahrt Leumnitz kommen. Nach Angaben der Bauern vor Ort dauerten die Blockaden bis zum Mittag an.
Zudem ist in Niedertrebra im Weimarer Land am Mittag ein Korso von Landwirten gestartet. Über die B87 fuhren die Bauern nach Apolda und über Niedertrebra zurück bis nach Escherode. Dort haben die Landwirte eigenen Angaben zufolge ein Mahnfeuer entzündet und ihre Forderungen an die Politik überreicht.
Das Südthüringer Handwerk hat sich zudem mit den Bauern-Protesten solidarisiert. Wie die Handwerkskammmer mitteilte, herrsche auch in der eigenen Branche Verdruss über die Ampel-Koalition in Berlin. Der Präsident der Handwerkskammer Südthüringen, Mike Kämmer, sagte, die Sorgen der Landwirte seien begründet und auch Handwerker seien verunsichert. Vor allem Bäcker, Fleischer und Konditoren hätten Existenzsorgen. Die Südthüringer Handwerker wünschten sich Bürokratieabbau und geringere Energiepreise.
Traktorenkorso durch Nordhausen
Auch in Nordthüringen muss am Nachmittag auf den Straßen mit Problemen wegen anhaltender Bauernproteste gerechnet werden. In Nordhausen soll mit Traktoren der Verkehr blockiert werden. Nach Angaben der Kreisbauernverbandes treffen sich die Landwirte auf dem Scheunenhofgelände. Ab 16 Uhr ist in der Stadt deshalb mit erheblichen Verkehrsbehinderungen zu rechnen. Der Traktorenross fährt durch die Stadt bis zum Autobahnrasthof Werther an der A 38. Die Autobahn selbst solle nicht blockiert werden. Zuerst hat die "Thüringer Allgemeine" berichtet.
Laut Thüringer Bauernverband sind zudem am Freitag Mahnfeuer entlang der Autobahn 71 möglich.
Misthaufen vor Parteibüros
Erneut ist vor einem Parteibüro der Grünen Mist abgeladen worden. Unbekannten sollen die etwa zehn Kilogramm Mist in der Nacht zu Donnerstag vor dem Eingang des Büros in der Bahnhofstraße in Ilmenau hinterlassen haben. Es ist nicht der erste derartige Vorfall in dieser Woche. So haben Unbekannte einen Dunghaufen in der Nacht zu Mittwoch ebenfalls vor einem Büro der Grünen in Gera abgeladen. Am Montag wurden Misthaufen vor den Wahlkreisbüros von Linke, Grüne, SPD und FDP in Suhl entdeckt.
Warum die Bauern protestieren
Die Proteste der Landwirte richten sich gegen geplante Subventionskürzungen der Bundesregierung. Schrittweise abgeschafft werden soll danach die Steuerbegünstigung auf Agrardiesel. Dass die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reicht dem Bundesbauernverband nicht aus. Am Montag hatten rund 6.500 Menschen an einer zentralen Kundgebung in Erfurt teilgenommen.
Neue Kommission für Bauern kein Lösungsansatz
Am Mittwoch hatte der Thüringer Bauernverband (TBV) mit Skepsis auf einen Vorschlag reagiert, für die Landwirtschaft ein der Kohlekommission ähnliches Gremium einzurichten. "Es gab ja zum Beispiel die Borchert-Kommission und die hat aufgehört, obwohl sie gute Arbeit geleistet hat", sagte die Pressereferentin des Thüringer Bauernverbands, Katja Förster, am Mittwoch. Wie zielführend eine weitere Kommission sei, sei also fraglich.
Zuvor hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) angesichts der anhaltenden Proteste von Landwirten ein solches Gremium vorgeschlagen. In der "Rheinischen Post" hatte er gefordert, dass der Bund eine Kommission mit relevanten Vertretern zur Zukunft der Landwirtschaft einberufe. Auch der Thüringer CDU-Fraktionschef Mario Voigt schloss sich dieser Idee an. Es brauche jetzt ein "belastbares Format für eine vernünftige Lösung für unsere Landwirtschaft", schrieb Voigt auf der Plattform X.
Auch Zugverkehr weiter stark eingeschränkt
Parallel zu den Protesten der Bauern dauert der Streik der Lokführergewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn auch in Thüringen an. Bis Freitag wird mit Beeinträchtigungen vor allem im Fernverkehr, aber auch im Regionalverkehr der Deutschen Bahn gerechnet. Züge anderer Anbieter wie Abellio, Vogtlandbahn, Südthüringen Bahn oder Erfurter Bahn fahren hingegen in Thüringen zu großen Teilen weiter.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 10. Januar 2024 | 19:00 Uhr