Kleinstadthelden Skatepark Pößneck: Ort der erfüllten Träume
Hauptinhalt
09. Juli 2020, 12:51 Uhr
Wer nicht von hier ist, hat es nicht leicht, ihn zu finden. Wer zum Skatepark in Pößneck im Saale-Orla-Kreis möchte, muss schon genau wissen, wo er hin will. Die Suche lohnt sich aber. Hinter den Bäumen und Wiesen des ehemaligen Landesgartenschaugeländes versteckt sich ein kleines Paradies für junge Menschen, die gern skaten oder BMX fahren.
"Der Skatepark war mein erstes Kind", sagt Tobias Ludwig. Seine Augen leuchten, wenn er das sagt. An diesem sonnigen Tag geht er durch "seinen" Skatepark und schwelgt in Erinnerungen. Vor 15 Jahren hat er gemeinsam mit Freunden begonnen, die verkommene Rampe auf dem ehemaligen Landesgartenschaugelände in Pößneck im Saale-Orla-Kreis wiederherzurichten. Eine Erfolgsgeschichte.
Das Erbe von Tobias
Denn worauf er hier nun blickt, ist die Erfüllung eines kleinen Jugendtraums: Ein gepflegter Skatepark mit mehreren Rampen unterschiedlicher Größen und Schwierigkeitsgrade, dazu Sitzbänke zum Zuschauen, Abhängen oder Ausruhen. Das alles gehüllt im grünen Mantel des noch immer sehr gepflegten ehemaligen Landesgartenschaugeländes. Gefüllt wird der Skatepark mit einer Geräuschkulisse aus Stößen der auf dem Boden landenden Räder und Boards und Stimmen junger Skater und BMX- und Scooter-Fahrer, die nun das Erbe von Tobias mit Leben füllen.
Tobias selbst ist jetzt 34 Jahre alt, hat zwei Kinder. Als er mit dem Skaten vor 26 Jahren begonnen hat, war er ungefähr so alt wie die jüngsten hier. Geübt wurde damals aber auf der Straße oder auf Parkplätzen. "Unser Wunsch war damals, die Möglichkeiten des Skatens zu verbessern." Nach Gesprächen mit der Stadt, haben er und seine Freunde begonnen sich um das verlassene Gelände zu kümmern: "Teilweise haben wir den gesamten Sommer nur gebaut. Es hat aber einfach Spaß gemacht, selbst Rampen zu bauen nach eigenen Vorstellungen", erinnert er sich.
Ein Verein der Freundschaft: Die Rollbande e.V.
An dem kleinen gemeinsamen Traum hat eine kleine Gruppe von sieben Freunden geschraubt. Nach ungefähr zwei Jahren des gemeinsamen Bauens und Skatens, haben sie beschlossen eine Gemeinschaft zu bilden: Den Verein Rollbande e.V., den es auch heute noch gibt. Gemeinsam mussten sie sich einigen Herausforderungen stellen: "Am Anfang mussten wir alle zwei Jahre die Beläge neu machen", sagt der Vereinsmitbegründer. Das habe daran gelegen, dass sie noch nicht über die finanziellen Mittel oder die Erfahrung verfügt haben, um nachhaltiger zu bauen.
Aber darum geht's oft auch, nicht an Olympia zu denken, sondern Sachen für sich zu bauen und kreativ zu sein, auszuprobieren.
Dass es den Park überhaupt gibt, sei nicht ohne der Unterstützung der Stadt Pößneck möglich gewesen, betont Tobias Ludwig. Damals haben sie als Jugendliche einen Streetworker zur Unterstützung bekommen, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite stand. "Ich hoffe, dass wir auch so etwas für die nächste Generation sein können", sagt der Pößnecker. Und fügt hinzu: "Wenn der Skatepark mein erstes Kind war, dann war die Stadt Hebamme", sagt er und lacht. "Nein, im Ernst: Es gibt Städte, da läuft es anders, das weiß ich."
Auch die Stadt Ranis hat ihren Anteil an der Erfolgsgeschichte des Vereins. Hier ist nämlich im Laufe der Jahre ein Jugendclub entstanden - die "Kombüse". Wie beim Skatepark hat die Stadt auch hier die Fläche zur Verfügung gestellt. Hier wird seit jeher geprobt, gefeiert, aber auch geskatet. Der Club hat nämlich eine Indoor-Rampe, damit man auch im Winter üben kann. Zudem haben sich die jungen Menschen für eine Förderung der Bosch-Stiftung beworben und gewonnen. Davon konnte zum Beispiel eine weitere Rampe im Skatepark gebaut werden.
Die Stadt hat ja Interesse daran, dass die Jugend nicht nur auf der Straße rumlungert und mitmacht.
Auch wenn Tobias mittlerweile nicht mehr viel Zeit zum Skaten hat, ist ihm das Lebensgefühl eines Skaters nicht verloren gegangen. Sein Kleidungsstil und die lockere, offene und herzlichen Art, mit der er Menschen gegenübertritt, sprechen dafür. Dieses Lebensgefühl hat er auch auf den gesamten Verein übertragen, wie aus den Worten von Shirin Wanka zu hören ist.
Jüngere Generationen ziehen nach
Shirin ist 2018 dazu gestoßen. Was sie daran besonders schätzt: "Es war von Anfang an sehr offen alles und man wurde so genommen, wie man ist." Mit 22 Jahren gehört sie bereits zur Nachfolgegeneration. "Der Skatepark war damals noch ein paar Meter weiter. Es war für mich irgendwie schon immer da. Ich bin damit groß geworden, war öfter dort und hab zugeschaut."
Zum Skaten selbst sei sie durch ihren besten Freund gekommen, der sie auch Tobias vorgestellt habe, der ihr dann wiederum das Skaten beibrachte. So sei das Engagement bei ihr ganz allein gekommen, dem Verein beizutreten. "Ich mach sehr gerne mit, mag alle Leute sehr gerne. Wir fungieren sehr gut zusammen, auch wenn es manchmal Diskussionen gibt. Aber es ist schön, weil jeder Mitspracherecht hat. Wir werden alle gefragt und können uns alle daran beteiligen."
Am Verein schätzt sie aber noch eine weitere Sache: "Bei uns ist veranstaltungstechnisch nicht mehr so viel los und hier werden auch mal Veranstaltungen gemacht. Aber auch ohne kann man sich hier treffen und einfach sein Ding machen."
Keine Selbstverständlichkeit
Einfach sein Ding machen, dazu kommt Tobias selbst heute nicht mehr so häufig. Als Familienvater habe er andere Verpflichtungen. Deshalb sei nun die folgende Generation gefragt. Er wünscht sich: "Dass die jüngeren Generationen wertschätzen, dass der Skatepark nicht einfach nur da ist, sondern, dass sich Leute drum bemüht haben und dass es weitergehen muss. Und dass sie die Wertschätzung haben, das sauber zu halten und mit Hand anzulegen, mitzudenken, versuchen uns zu unterstützen oder uns komplett die Arbeit abzunehmen, dass sie es wirklich selbst in die Hand nehmen und neue Rampen bauen. Das wär klasse."
Mehr zur Rollbande und dem Skatepark Pößneck finden Sie auf dem Instagram-Account Kleinstadthelden.