Bürgerbeteiligung Volles Haus bei Infoveranstaltung: Zeiss zeigt Pläne für neuen Standort in Jena-Isserstedt
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29. Januar 2025, 20:45 Uhr
Der Hightech-Konzern Zeiss hat am Dienstagabend einen ersten Entwurf für den neuen Produktionsstandort in Jena-Isserstedt vorgestellt. Er soll auf einem neuen Gewerbegebiet neben dem örtlichen Einkaufzentrum entstehen. Die Stadt will die Bürger so früh wie möglich in die Planungen einbeziehen.
Mit viel Optimismus soll es in fünf bis sechs Jahren den ersten Spatenstich für den neuen Zeiss-Produktionsstandort im Jena Stadtteil Isserstedt geben. Weil derzeit aber noch Änderungen an Flächennutzungs- und Bebauungsplan gemacht werden, gab es auf der ersten Informationsveranstaltung im Historischen Rathaus nur wenig zu sehen. Und doch war der Saal rappelvoll. Die viel gepriesene Jenaer Bürgerbeteiligung funktioniert.
Viele Isserstedter waren gekommen, um aus erster Hand zu erfahren, was das Hightech-Unternehmen Zeiss vor hat. Aufgeschlossen ist man hier, wenn es um Zeiss geht, schließlich sind Stadt und Unternehmen seit 150 Jahren so etwas wie siamesische Zwillinge.
Zeiss will Produktionsstandort "skalierbar" bauen
Auf rund 30 Hektar Fläche südwestlich des Isserstedter Einkaufzentrums sollen bis zu ein Dutzend Produktionshallen und Verwaltungsgebäude entstehen - wahrscheinlich in schlichter Industriearchitektur und entlang einer Mittelmagistrale. Zeiss will schrittweise bauen, um auf Konjunktur und Geschäftsentwicklung reagieren zu können. Skalierbar nennt das der Konzern.
In der ersten Ausbaustufe entstünde so Platz für etwa 1.000 Mitarbeiter. Alle zehn Jahre könnte weitergebaut werden. Ist alles fertig, etwa nach 20 Jahren ab dem ersten Spatenstich, könnten in Isserstedt bis zu 3.000 Menschen arbeiten. Neue Arbeitsplätze sollen aber vorerst nicht entstehen. Zeiss will seine Mitarbeiter lediglich vom alten Standort in Lichtenhain zu den neuen am Westbahnhof und Isserstedt umverteilen.
Zeiss setzt auf öffentlichen Nahverkehr und Radwege
Die Mitarbeiter sollen nicht nur mit dem Auto kommen, sondern auch mit dem Rad oder Bus und Bahn. Das Unternehmen will daher nur halb so viele Parkplätze wie Mitarbeiter vorhalten und setzt auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs - der Bahnhof von Großschwabhausen ist nicht weit.
Auch ein neuer Radweg soll nach Isserstedt gebaut und der bereits bestehende Mühltalradweg verlängert werden. Zeiss verspricht zudem, dass das kleine Naturschutzgebiert nebst Biotop südlich des neuen Industriegebiets erhalten bleibt. Die Stadt hatte bereits vor einiger Zeit dafür gesorgt, dass die Umgebung nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird, um eine "Pufferzone" zu schaffen.
Verkehrsaufkommen besorgt Anwohner
Wie gesagt: Die Jenaer und auch die Isserstedter finden es grundsätzlich gut, dass Zeiss vor ihren Türen baut. Aber einige Sorgen bleiben dennoch. Wichtigster Punkt ist der zunehmende Verkehr, der durch und dicht an Isserstedt vorbeirollen könnte. Von rund 1.000 Autos mehr pro Tag ist die Rede. Marc Weimann, Mitverantwortlicher für das Zeiss-Projekt, versuchte zu beruhigen: Viele Mitarbeiter, die in Isserstedt arbeiten sollen, kämen gar nicht aus Jena, sondern aus dem Weimarer Land. Sie würden den Ort somit gar nicht passieren.
Stadtentwicklungsdezernent Christian Gerlitz (SPD) ging im Historischen Rathaus sogar noch einen Schritt weiter. Die Ansiedlung würde die bislang aufgeschobene und von den Isserstedtern herbeigesehnte Ortsumgehung beim Bund neu priorisieren. Heißt übersetzt, Zeiss werde in Sachen Verkehr keine Belastung, sondern Entlastung bringen - quasi durch die Hintertür.
Wie sich das alles wirklich entwickelt, wird sich zeigen. Die derzeitige Ackerfläche muss zunächst weiter zu Gewerbe- und Industriegebiet umgewidmet werden. Gutachten zu Umwelt, Verkehr, Immissionsschutz und Wasserversorgung sind teils fertig, teils noch in Arbeit. Und auch die abgeschlossenen könnten in den nächsten Jahren immer wieder aufgeschnürt werden, wenn eine Neubewertung der Situation es verlangt. Es wird also noch eine Menge Abende im Historischen Rathaus geben, bis der erste Bagger neben dem Einkaufszentrum steht.
MDR (one/cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 28. Januar 2025 | 22:00 Uhr