Landkreis Greiz "Wir planen den Wald der Zukunft": 24-Jährige erfüllt sich als Försterin einen Traum
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20. Juli 2023, 19:26 Uhr
Nach dem Studium in die Heimat zurückkehren bleiben - für den einen unvorstellbar, für den anderen ein Traum. Für eine junge Frau aus dem Landkreis Greiz ging genau dieser Traum in Erfüllung. Amelie Wohlleben liebt den Wald und ihre Heimat - ist nun mit 24 Jahren die neue Revierförsterin in Großebersdorf.
- Amelie Wohlleben ist die neue Revierförsterin in Großebersdorf.
- Kein Bewerbermangel beim Thüringenforst: Junge Menschen interessieren sich für den Wald.
- Der Borkenkäfer ist derzeit der größte Feind für alle Försterinnen und Förster.
"Ich werde einfach geerdet, bin nicht aufgeregt, ich höre die Vögel, rieche die Natur, das ist einfach ein erdendes Gefühl. Ich bin total ruhig", sagt Amelie Wohlleben. Gemeinsam mit ihrem neun Monate alten Cocker Spaniel Quinto läuft die junge Frau in grüner Forstkleidung eine Brachfläche ab. In ihrer Hand piepst das Handy und zeichnet die GPS-Daten auf, um die Fläche exakt zu vermessen. Um ihre Füße herum wuselt der Jagdhund-Azubi, das Fell voller Kletten, die Schnauze schnüffelnd am Boden.
Ich wollte nie nur im Büro arbeiten. Da würde ich mich fragen: Was mache ich hier eigentlich?
Das "Weihnachtsmannhaus" gehört nun zum Revier
Erst Anfang Juli hat Amelie Wohlleben das Revier Großebersdorf übernommen: "Ich wollte nie nur im Büro arbeiten. Da würde ich mich fragen: Was mache ich hier eigentlich?" Die 24-Jährige ist nun verantwortlich für 2.000 Hektar Waldfläche rund um ihren Heimatort Münchenbernsdorf. Jeden Baum kenne sie natürlich noch nicht - trotz der zweimonatigen Übergabe mit ihrem Vorgänger, der nun in Rente ist. Dafür findet sich Amelie schon seit Kindertagen im Wald zurecht.
"Das Haus hier in der Nähe war das Weihnachtsmannhaus. Bis mein Papa mir erzählt hat: Den Weihnachstmann gibt's nicht. Wir sind hier viel Fahrrad gefahren, haben hier als Kinder gespielt, mit Freunden sind wir hier lang gelaufen, durch die Wälder gestöbert", erinnert sich die junge Frau und fragt: "Warum weit weg gehen, wenn es zu Hause schön ist?!"
Das hier ist nur Markieren und Abholzen, das ist keine Kunst, das tut weh.
Nun ist Amelie für den heimischen Wald verantwortlich und das Küken des Weidaer Forstamts. Doch nach mehreren Praktika und dem Forststudium in Erfurt arbeitete Wohlleben bereits zwei Jahre für Thüringenforst. "Mit dem Studium und dieser Anwärterausbildung kann jemand in die Welt geschickt werden. Der hat das Rüstzeug, auch selbstständig ein Revier zu führen", ist sich Forstamtsleiter Karsten Schröder sicher. Und freut sich, dass sich offenbar viele junge Menschen für den Wald interessieren.
Denn weder bei den Forstarbeitern noch bei den Revierförstern könne sich Thüringenforst über einen Bewerbermangel beklagen. "Und vielleicht hilft ja auch, dass wir in Weida so viele Praktika anbieten für Schüler und Studenten, das spricht sich rum", ist Schröder sichtlich stolz auf die Nachwuchsarbeit im Forstamt Weida. Und von der jungen Revierförsterin in Großebersdorf erhofft er sich auch neue Ideen.
Borkenkäfer sind der größte Feind
Der Borkenkäfer sei für alle Förster derzeit der größte Feind, sagt der Forstamtsleiter. Gleich in ihren ersten Tagen hat seine junge Revierförsterin eine große Baumfällaktion starten müssen. Nun läuft Amelie schon wieder suchend durch die Baumreihen. Immer wieder entdeckt sie das Bohrmehl an den Stämmen und markiert die Stämme schließlich mit einem grellen K. Borkenkäfernester suchen und das zügige Fällen organisieren - die Käferlarven fressen rund 50 Prozent von Amelies Arbeitszeit: "Das macht ja keiner gern, den ganzen Wald abholzen. Eigentlich muss ich auswählen, gucken, was kann noch wachsen, was hat eine gute Qualität, was hat eine gute Stabilität. Was sieht vital aus? Und dann möchte man gestalten. Das hier ist nur Markieren und Abholzen, das ist keine Kunst, das tut weh."
Wir Förster planen den Wald der Zukunft.
Die gerade abgemessene kahle Fläche soll bald wieder bepflanzt werden. Da will Wohlleben Neues probieren. "Einfach mal paar neue Baumarten ins Revier einbringen. Baumhasel gibt's hier noch nicht. Dazu Roteiche und Douglasie. Ich weiß noch nicht, wie genau ich die verteile, wahrscheinlich truppweise. Und dann die vorhandene Kraft der Natur nutzen, schauen, was von sich aus wächst", überlegt Amelie, "wir Förster planen den Wald der Zukunft." Bald bespricht sie ihre Pläne mit Forstamtsleiter.
Revierförsterin bis zur Rente?
Und wie sieht der Großebersdorfer Forst in 30, 40 Jahren aus? "Keine Kahlflächen mehr, klimastabiler Mischwald, viele Baumarten, viel Natur", überlegt die Försterin. Auch in Zukunft sollen Kinder wie damals die kleine Amelie mit Freunden und Familie durch den Wald toben können. Am liebsten will sie miterleben, wie sich "ihr Wald" entwickelt. Sie kann sich vorstellen, bis zur Rente ihren Heimatwald zu betreuen: "Ich möchte die Veränderungen sehen und miterleben. Bäume wachsen ja langsam. Wer schnelle Erfolge sehen will, ist in der Forstwirtschaft fehl am Platz."
MDR (hey/cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 20. Juli 2023 | 19:00 Uhr
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