Talsperre Zeulenroda im Winter von oben.
Die Talsperre Zeulenroda umfasst ein Einzugsgebiet von etwa 100 Quadratkilometern. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Bauprojekt 1.800 Lkw-Ladungen Sediment: Neuer Unterwasserdamm soll Talsperre Zeulenroda reinhalten

12. Januar 2024, 05:00 Uhr

Wie viele Äste, Steine, Sand und Blätter werden wohl in 50 Jahren durch Bäche und Flüsse in eine Talsperre geschwemmt? An der Talsperre Zeulenroda wurde das in den vergangenen Monaten sehr deutlich: 1.800 Mal mussten die Lkw rollen, um die Sedimente aus der Vorsperre Riedelmühle abzutragen. Künftig soll das Beräumen leichter werden - dank eines neuen Unterwasserdamms, der Ablagerungen zurückhält.

Klirrende Kälte liegt über der Vorsperre Riedelmühle. Es riecht ein bisschen nach Algenmief - wie an der Küste. Zwei Bagger schichten dampfende Erdhügel um. Diese Erdhügel lagen bis vor kurzem noch unter Wasser und bestehen aus teils jahrzehntealten Sedimentschichten.

Seit die Vorsperre 1973 in Betrieb genommen wurde, haben sich tausende Kubikmeter Sediment in der Riedelmühle abgelagert: darunter abgestorbene Äste und Blätter, Erde, Steine und Geröll, die durch Bäche und Flüsse aus dem gut 100 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet der Talsperre angeschwemmt wurden. Bis zu 1,30 Meter dick war die Sedimentschicht.

Vorsperre Die Vorsperre Riedelmühle ist der Talsperre Zeulenroda vorgelagert. Sie schützt den Stauraum der Hauptsperre vor Verlandung, hält Nährstoffe zurück und verhindert ein Trockenfallen der Stauwurzel.

40.000 Kubikmeter Sediment

Mit Hilfe schwerer Maschinen beräumten Arbeiter in den vergangenen Monaten eine rund 82.000 Quadratmeter große Fläche - das ist etwa ein Drittel der Vorsperre. Etwa 1.800 Lkw-Fahrten waren nötig, um 40.000 Kubikmeter Sediment abzutragen. Damit will die Thüringer Fernwasserversorgung erreichen, dass auch künftig wieder möglichst sauberes Wasser in die Talsperre Zeulenroda strömt.

Ein Bagger schaufelt gefrorene Erde
Zahlreiche Baustraßen wurden seit dem vergangenen Frühsommer in der Talsperre angelegt - und teilweise durch Regen wieder weggespült. Bildrechte: Franziska Heymann/MDR THÜRINGEN

Doch wohin mit dem jahrzehntealten, nährstoffreichen Matsch aus der Stauwurzel der Vorsperre? Wegen der Zusammensetzung aus kleinen und großen Steinen, Sand und Schluff, Ästen und Wurzeln ist das Sediment nicht als Dünger für die Landwirtschaft zu gebrauchen. "Das Hauptproblem bei diesen Sedimenten ist der hohe organische Gehalt", erklärt Quent Mehlhorn, Fachingenieur für Talsperren. "Durch den großen Prozentsatz organischer Inhaltsstoffe neigt das Sediment zur Verflüssigung und lässt sich sehr schwer technologisch transportieren und verdichten."

Sechs Meter hohe Halbinsel aus Erdresten der Talsperre

Das Sediment mit dem Lkw zur nächsten Deponie zu fahren, wäre also nicht so einfach gewesen. Außerdem fand sich keine Deponie in der Nähe, die so große Erdmengen aufgenommen hätte. Die wirtschaftlichste Lösung für die Fachleute war also, das Sediment direkt an der Vorsperre zu lagern. Dafür wurde eine gut sechs Meter hohe und mehr als zwei Fußballfelder große Halbinsel direkt an der Vorsperre aufgeschichtet, die im Frühjahr begrünt werden soll.

Wasser ist schlimmer als Kälte

Den Fahrern der schweren Maschinen machte dabei weniger der Frost der vergangenen Tage zu schaffen. Schlimmer seien der feuchte Herbst und die starken Niederfälle mit Hochwasser zur Weihnachtszeit gewesen, sagt Bauleiter Markus Oehme: "Da säuft uns alles ab, durchweicht die Baustraßen. Die Sedimente laufen davon. Durch die schweren Geräte und diese Massen, die wir hier bewegen und im Untergrund, sacken die Straßen nach unten, uns sackt zu den Seiten alles weg."

Zwei Männer lesen einen Plan auf einer Baustelle
Bauleiter Markus Oehme (links) und Ingenieur Quent Mehlhorn haben einen Plan. Ende Februar sollen Arbeiten an der Vorsperre weitgehend abgeschlossen sein. Bildrechte: Franziska Heymann/MDR THÜRINGEN

Grund dafür sei der schwierige Baugrund aus Lehm und Ton. "Das ist wie Brei. Oder Knete", ergänzt Ingenieur Mehlhorn. Und darum dauern die Arbeiten in der Vorsperre nun zwei Monate länger als geplant. Ende Februar will man weitgehend fertig sein, damit die seit Herbst 2022 trockengelegte Vorsperre mit den Winterzuflüssen wieder aufgestaut werden kann. Der aktuelle Frost beschert den Arbeitern um Bauleiter Oehme zum Abschluss quasi perfekte Bedingungen: "Das macht das Arbeiten einfach, denn die neue Halde wird derzeit profiliert und kann jetzt befahren werden. Im Dezember sind wir hier versunken."

Unterwasserdamm soll Sedimente zurückhalten

Damit die Vorsperre künftig leichter von Schlick beräumt werden kann, hat sich die Fernwasserversorgung etwas Neues einfallen lassen und Thüringens ersten Unterwasserdamm aufgeschichtet. Von außen betrachtet sieht der wenig spektakulär aus: ein gut ein Meter hoher und mehr als 200 Meter langer trapezförmiger Steinhaufen mit drei dicken Rohren, der die Ufer der Vorsperre verbindet.

"Der Damm ist durchströmbar. Er staut also nicht vollkommen auf, sondern Wasser kann durchdringen, nur die Sedimente werden zurückgehalten", erklärt Quent Mehlhorn. Diese sogenannte Grundschwelle liegt künftig etwa 90 Zentimeter unter dem Wasserspiegel und verhindert, dass sich Sedimente in der gesamten Vorsperre verbreiten können.

Unterwasserdamm Zeulenroda von oben
Der Unterwasserdamm kann vom Wasser durchströmt werden und hält lediglich die Ablagerungen zurück. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Thüringens erster Unterwasserdamm

Laut Mehlhorn ist die Vorsperre Riedelmühle die erste in Thüringen, in der ein solcher Unterwasserdamm gebaut wurde. Die anderen Vorsperren werden wohl nach und nach folgen, wenn auch bei ihnen Zeit ist für eine Sedimentberäumung. Für die Vorsperre Riedelmühle rechnet der Fachmann damit, dass in 20 bis 30 Jahren wieder Schlick aus der Stauwurzel geräumt werden muss.

Dann muss wohl nicht mehr die gesamte Talsperre Zeulenroda - und vor allem nicht die ganze Vorsperre in den Niedrigwassermodus gehen - es reicht, den Bereich hinter dem Damm trocken zu legen. Das spart Zeit und Kosten. Für die aktuellen Bauarbeiten mit der Sedimentberäumung und der Erneuerung von Zwischenauslässen wurden laut Thüringer Fernwasserversorgung insgesamt rund drei Millionen Euro investiert.

MDR (ost, hey)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 12. Januar 2024 | 19:00 Uhr

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