Wahlkampf Rauer Ton in Gera vor Stichwahl zum Oberbürgermeister
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06. Juni 2024, 17:43 Uhr
Am Sonntag entscheidet sich, wer die Stadt Gera in den nächsten Jahren als Oberbürgermeister führen wird: Amtsinhaber Julian Vonarb oder Kurt Dannenberg, derzeit Erster Beigeordneter und Finanzdezernent. Die gegenseitigen Angriffe werden schärfer und persönlich.
Das Ergebnis des ersten Wahlgangs vom 26. Mai war denkbar knapp. Gerade mal 414 Stimmen trennen den Erstplatzierten Kurt Dannenberg (CDU) vom derzeitigen, parteilosen Amtsinhaber Julian Vonarb. Dass er als Zweitplatzierter in die Stichwahl gehen würde, damit hatte Vonarb vor der Wahl nicht gerechnet. Er ging von einem Sieg im ersten Wahlgang aus.
Sein Kontrahent Dannenberg, seit zehn Jahren Erster Beigeordneter und Finanzdezernent, war ebenfalls vom knappen Ausgang überrascht. Er hatte Vonarb vorn gesehen. Seit knapp zwei Wochen läuft in Gera der Wahlkampf weiter. Und er wird zunehmend härter geführt. Vor wenigen Tagen sorgten neue Plakate vom "Team Vonarb" für Diskussionen in der Stadt. "10 Jahre CDU im Ordnungsamt sind genug", heißt es dort. Außerdem habe "Er" - also Dannenberg - als Verantwortlicher für Ordnung und Sicherheit in Gera keine Ergebnisse vorzuweisen.
Wahlkampagne von Vonarb-Team gegen Dannenberg in der Kritik
Bei dem einen oder anderen steht Vonarb nun als schlechter Verlierer da. "Damit hat er sich ein Eigentor geschossen", sagt ein Mann in der Fußgängerzone. Er habe auch für andere Plakataussagen Vonarbs kein Verständnis.
Auch der Stadtverband der Linken ist irritiert. Geschäftsführerin Margit Jung schreibt auf MDR THÜRINGEN-Anfrage: "Wir als Linke stehen für eine politische Kultur, die die Menschen in Gera eint und nicht spaltet. Der Wahlkampf in der Stichwahl trägt nicht dazu bei. Unwahrheiten auf Plakaten und im Netz verbreitet, tragen nicht dazu bei."
Facebook-Post von Dannenberg sorgt für Diskussion
Aber auch Dannenberg hat vor der Stichwahl noch mal nachgelegt. Er kreidet dem Amtsinhaber das fehlende Personalkonzept für die Stadtverwaltung und das nicht vorhandene Sicherheitskonzept mit der Polizei an, außerdem Versagen bei früheren Wahlkampfversprechen wie der Reaktivierung des früheren Horten-Kaufhauses in der Fußgängerzone Sorge oder der Gründung einer Bürgerstiftung, um die Innenstadt zu beleben.
Für Diskussionen sorgte auch ein Facebook-Post mit Wahlwerbung Dannenbergs vor dem ersten Wahlgang. Auf der Facebook-Seite des Schwimmvereins Gera, dessen Vorsitzender Dannenberg ist, wurde ein Beitrag von Dannenberg geteilt, bei dem der OB-Kandidat verspricht, die Planungen für ein neues Freibad voranzutreiben. Der Landessportbund prüft derzeit Vorwürfe, dass Dannenberg gegen das Neutralitätsgebot von Sportvereinen verstoßen hat.
Hier hofft Vonarb auf mehr Stimmen
Für die beiden Kontrahenten dürfte der Stichwahlabend spannend werden. Vor allem die Frage, woher mögliche zusätzliche Stimmen kommen könnten, wird derzeit heiß diskutiert. Viele gehen davon aus, dass das Potenzial für Julian Vonarb bereits erschöpft ist. Der Amtsinhaber rechnet allerdings mit zusätzlichen Stimmen von Jung- oder Erstwählern. Immerhin mehr als 30.000 Menschen hatten insgesamt in Gera im ersten Durchgang auf ihr Wahlrecht verzichtet.
Die Geraer Ortsverbände der großen Parteien halten sich mit Wahlempfehlungen zurück. Eine Anfrage von MDR THÜRINGEN wurde nur von der Linken und der AfD beantwortet. Beide geben keine Empfehlung ab. Für die AfD ist offiziell keiner der beiden Kandidaten wählbar, weil keiner für einen nötigen Politikwechsel stehe, so ein Sprecher. Allerdings habe die Politik der Spaltung und Ausgrenzung des Amtsinhabers die Menschen polarisiert und der Stadt Schaden zugefügt.
Die Linke will den Stichwahlsieger daran messen, wie aktiv er sich für die Stadtgesellschaft einsetzt, und wie respektvoll er sich in der Arbeit mit dem neu gewählten Stadtrat zeigt. Arbeitsplätze, bezahlbarer Wohnraum und barrierefreier ÖPNV sind weitere Kriterien für die Linke. Außerdem erwarten sie vom Wahlsieger klare Kante gegen Rechts.
Ausgeschiedener AfD-Kandidat und Rechtsextremist rufen zur Wahl Dannenbergs auf
Von dort könnte Kurt Dannenberg am Sonntag viele Stimmen ziehen. Offen empfehlen die beiden Unterlegenen, Wieland Altenkirch (AfD) und der parteilose Yves Berlinghoff, die Wahl Dannenbergs. Auch der rechtsextreme Christian Klar ruft unter anderem in Sozialen Medien zur Wahl Dannenbergs auf. Der muss sich nun gegen den Vorwurf wehren, er distanziere sich nicht genug von rechten Unterstützern. In einer Pressemitteilung kontert der CDU-Kandidat: "Ich bin schon vor Monaten der Initiative 'Weltoffenes Thüringen' beigetreten." Weiter heißt es: "Wir wären damit an einem Punkt angekommen, an dem ich mich für die Meinung dritter Personen rechtfertigen muss. Ein ziemlich durchschaubares Manöver, um von eigenen Schwächen, fehlenden Plänen für die Zukunft und großen, nicht eingehaltenen Versprechungen abzulenken."
Spannend bleibt, wie es für den Unterlegenen nach der Wahl weitergehen wird. Julian Vonarb könnte als einfaches Stadtratsmitglied - er erhielt dort die meisten Stimmen unter allen Stadträten - weiter Lokalpolitik in Gera machen. Für Kurt Dannenberg dürfte die weitere Arbeit als Erster Beigeordneter nach dem hart geführten Wahlkampf mit seinem Chef Julian Vonarb schwierig werden.
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 06. Juni 2024 | 21:00 Uhr
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