Offener Brief Gymnasium Pirna: Streit um OB-Teilnahme am Schulfest

03. Juni 2024, 18:59 Uhr

Mit einem offenen Brief haben sich ein Teil der Schüler, deren Eltern und Absolventen des Friedrich-Schiller-Gymnasiums Pirna für die Ausladung des AfD-nahen Oberbürgermeisters Tim Lochner zum Schulfest ausgesprochen. Sie fordern eine klare Haltung gegen Diskriminierung und Rassismus. Lochner will dort hingegen "Vorurteile und Fehlwahrnehmungen" ausräumen.

In einem offenen Brief haben sich etwa 100 Schülerinnen und Schüler, deren Eltern und Absolventen des Friedrich-Schiller-Gymnasiums Pirna gegen die Teilnahme des AfD-nahen Oberbürgermeisters Tim Lochner an ihrem Schulfest ausgesprochen.

Lochner soll ausgeladen werden

In dem am Wochenende veröffentlichten Schreiben haben sie die Schulleitung aufgefordert, das Stadtoberhaupt wieder auszuladen. Sie verwiesen darauf, dass der parteilose Lochner als Kandidat einer Partei zum Oberbürgermeister gewählt wurde, deren sächsischer Landesverband vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird.

Lochner vertrete Positionen, die sich in keiner Hinsicht mit dem erst vor wenigen Monaten beschlossenen Leitbild der Schule vereinbaren ließen, heißt es in dem Brief. Bereits im Wahlkampf habe Lochner rassistische und verschwörungsideologische Mythen vertreten. An einer "Schule ohne Rassismus" dürfe menschenfeindlichen Aussagen keine Bühne geboten werden. Erst vor wenigen Tagen war Lochner wegen Vergleichen zwischen Regenbogenfahnen und Symbolen der Nazi-Propaganda scharf kritisiert worden.

Ein Regenbogen steht über dem Schulgebäude des Schillergymnasiums in Pirna.
Das Pirnaer Friedrich-Schiller-Gymnasium ist das einzige Gymnasium in Deutschland mit einem deutsch-tschechischem Bildungsprofil. Bildrechte: Marko Förster

Schulleiter verteidigt Einladung

Schulleiter Kristian Raum hatte die Einladung bereits zuvor verteidigt, gleichzeitig die Diskussion um die Person des Oberbürgermeisters eingeräumt. In einem Schreiben an die Schüler, Lehrer und Eltern heißt es: "Es gibt mehrere Wege des Umgangs miteinander und ich habe mich für den schwierigeren Weg entschieden, weil er aus meiner Sicht der richtige ist: miteinander reden, einen Diskurs anbieten und den Oberbürgermeister als den für Pirna Verantwortlichen in die Verantwortung nehmen."

Es reiche nicht, vor der Schule eine Regenbogenfahne zu hissen. Man müsse auch mutig sein und sich dem Gegenüber stellen, wenn man Demokratie leben wolle.

Kristian Raum ist der Schulleiter des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Pirna.
Kristian Raum, Schulleiter des Friedrich-Schiller-Gymnasiums, hält an der Einladung des OB fest. Bildrechte: Daniel Förster

Oberbürgermeister will im Gespräch bleiben

Oberbürgermeister Tim Lochner (parteilos) will trotz der Kritik am Schulfest teilnehmen, auch "um medial und auf andere Weise angereicherte Vorurteile und Fehlwahrnehmungen abzubauen", wie es am Montag aus seinem Büro hieß. "Denn im Gespräch zu bleiben, auch zu kontroversen Themen, liegt im Interesse der gesamten Stadtgesellschaft." Dies gelte gerade vor dem Hintergrund, dass es immer stärker hervortretende Tendenzen zur Verächtlichmachung und Dehumanisierung politisch Andersdenkender gebe.

Tim Lochner
Pirnas Oberbürgermeister Tim Lochner will an dem Schulfest teilnehmen, um - so wörtlich - "medial und auf andere Weise angereicherte Vorurteile und Fehlwahrnehmungen abzubauen". Bildrechte: picture alliance/dpa/Robert Michael

Ihm sei bewusst, dass sein Erscheinen beim Schulfest "zwar nicht auf einhellige Zustimmung" stoße, aber als "nützlicher Beitrag zum fairen Miteinander" verständlich gemacht werden könne.

MDR (tfr)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 03. Juni 2024 | 18:30 Uhr

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