Familienbetrieb Eine der Ältesten seiner Zunft: Friseursalon Brückner in Gera feiert 115-Jähriges
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30. Juni 2021, 18:16 Uhr
In Gera befindet sich einer der ältesten Friseursalons in Thüringen. 115 Jahre schneiden, waschen und stylen die Brückners jetzt schon Haare. Inzwischen wird der Familienbetrieb von Nicole Brückner-Kieselbach geführt.
Sie liebt ihren Beruf und ihre Kunden. Sorgen bereitet ihr aber, dass wegen der Corona-Tests und der Maskenpflicht viele Leute noch nicht wieder zum Friseur gehen.
"Perfekt - wie immer!" Stammkundin Carmen Held ist froh, dass sie endlich wieder in ihren Lieblings-Friseur-Salon gehen kann. Und ihre Friseurin Nicole Brückner-Kieselbach genießt das Lob. Nicht für ihre Kunden da sein zu können, war für sie das Schlimmste in den vergangenen Monaten. Denn schon als kleines Mädchen wollte sie Friseurin werden - kein Wunder, schließlich führten ihre Großeltern schon damals einen Familienbetrieb mit langer Tradition. 115 Jahre schneiden, waschen und stylen die Brückners jetzt schon Haare in Gera.
Schon Karl-Heinz Brückner folgte der Tradition
1905 wurde die Familientradition begründet, Kurt Brückner gründete damals sein Geschäft. Dessen Enkel, Karl-Heinz Brückner sagt: "Schon mein Großvater war Friseur, mein Vater - alle in unserer Familie waren Friseure". Er selbst hatte von 1945 bis 1951 seine Lehre gemacht, kam dann 1956 nach Gera, weil hier ein Friseur-Salon frei wurde. Seine Frau Edith erinnert sich: "Wir hatten nichts damals. Mit fünf Mark in der Tasche hat er den Salon eröffnet". Aber es hat funktioniert. Edith Brückner ließ sich auch zur Friseurin ausbilden und sie arbeiteten zusammen.
Eine Generation übersprungen
Enkelin Nicole war schon als kleines Mädchen immer im Laden. Sie frisierte die Modell-Köpfe, half beim Waschen, säuberte die Lockenwickel. Und so waren ihre Eltern auch nicht überrascht, als sie tatsächlich eine Lehre zur Friseurin begann. Mutter Bärbel Brückner: "Mein Mann und ich hatten andere Interessen. Schön, dass Nicole den Familienbetrieb weiterführt". Und das kann Nicole Brückner-Kieselbach, weil sie gleich nach der Lehre auch ihre Meister-Ausbildung erfolgreich absolvierte. Im Juni 2001 übernahm sie das Geschäft von ihrem Opa. Der war froh darüber: "Es ist schon schön, wenn das in der Familie bleibt. Aber ich wollte dann auch endlich aufhören".
Eigene Ideen und Spaß am Beruf
"Das Erste, was ich damals zu meinem Opa gesagt habe, war, dass ich alles anders machen würde" erinnert sich Nicole Brückner-Kieselbach. "Und für ihn war das völlig in Ordnung." Für Fragen hatte er immer ein offenes Ohr, eingemischt hat er sich nie. Das Verhältnis der beiden ist entsprechend eng. Überhaupt ist den Brückners der Familienzusammenhalt wichtig. Auch Schwester Mandy arbeitet im Salon.
Begeisterung für den Friseur-Beruf ist der Schlüssel
Friseurin ist für die beiden nicht nur ein Beruf, sondern wirklich Berufung. Das sieht man auch im Salon. Die praktischen Utensilien, die sehr persönliche Deko, dazu ein wirklich familiärer Umgangston. Aber Nicole Brückner-Kieselbach erinnert sich, dass der Anfang wirklich schwierig war: "Beispielsweise hatte ich alle acht Angestellten vom Opa übernommen. Da musste ich als junge Chefin mich erstmal durchsetzen. Aber als sie gesehen haben, wie hart ich arbeite, war das kein Thema mehr".
Hoffnung auf die Zukunft
Die Corona-Pandemie hat Nicole Brückner-Kieselbach recht gut überstanden, die Rücklagen sind jetzt allerdings aufgebraucht. "Ich war froh, dass wir immer recht sparsam gewirtschaft haben." Sorgen bereitet ihr aber, dass wegen der vorübergehenden Testpflicht und der immer noch gültigen Maskenpflicht viele Leute noch nicht wieder zum Friseur gehen. "Ich hoffe aber, dass sich das bald wieder ändert. Ein Friseurbesuch ist ja auch eine kleine Auszeit".
Täglich steht Nicole Brückner-Kieselbach selbst gern am Stuhl, ist glücklich, wenn sie Kunden beraten und frisieren kann. Und auch der Nachwuchs ist ihr wichtig. Auszubildende Maria Handke wird sie auch übernehmen. Aus Liebe zu ihrem Beruf engagiert sie sich auch seit Jahren in der Friseurinnung. Ihre eigene Tochter will übrigens keine Friseurin werden. "Ich würde sie auch nie dazu zwingen. Aber wer weiß, vielleicht ändert sie ihre Meinung ja noch" schmunzelt die Chefin und wendet sich wieder ihrer Kundin zu.
Aus der Geschichte des Friseurhandwerks
Schon 6.000 v. Chr. förderten archäologische Funde Rasiermesser zutage und 3.000 Jahre v. Chr. soll es schon die ersten professionellen Friseure in Ägypten gegeben haben. Bekannt ist auch, dass schon 1.400 Jahre vor Christus Henna zur Färbung von Haaren benutzt wurde. Im Jahr 1.800 v. Chr. gab es die erste überlieferte berufsständische Organisation der Barbiere in Mesopotamien und die ersten Berichte über Klatsch in Friseurläden.
Um die Jahrtausendwende herum begann sich das Friseurhandwerk auch im antiken Griechenland und Rom zu verbreiten und es gibt Nachweise für die Existenz von Friseurschulen. Im alten Rom wurde vor allem die Badekultur besonders hochgeschätzt und zelebriert. Auch die Behandlung des Kopfhaares fand hier statt.
Im 19. Jahrhundert entstand der Zweig der Perückenmacher. Auch der Rasierhobel wurde im gleichen Jahrhundert erfunden. Der machte es vielen Männern einfacher, sich selbst zu rasieren. Die Rasur beim Barbier wurde immer seltener und die Barbiere spezialisierten sich mehr und mehr auf die Kopfhaare der Herren und später auch der Damen.
Die heutigen Friseure widmen sich nur noch selten der Bartpflege, aus der sie entstanden sind. Dafür wird sich umso mehr um jegliche Belange des Kopfhaares gekümmert. Im 19. Jahrhundert bildet sich dann der eigentliche Berufsstand des Friseurs heraus, der damals noch nicht im eigenen Salon die Kunden bediente, sondern zu ihnen nach Hause kam.
Im Jahr 1888 wurden Zwangsinnungen, Gesellen- und Meisterprüfungen eingeführt und erste Handwerkskammern gegründet. Ein Jahr später etablierte sich der Verband der Barbier-, Friseur- und Perückenmacher. 1907 wird der erste Salon eröffnet und ab 1916 kam es zu ersten Modenschauen speziell für Frisuren. Die Erfindung des Föhns, der ersten richtigen Lockenwickler, des Dauerwellapparates und der Trockenhaube brachte die Professionalisierung des Friseurhandwerkes maßgeblich voran. (Quelle: Vi Tva Hairshop Blog)
Quelle: MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 30. Juni 2021 | 15:40 Uhr