Fünfte Generation "Wir gehen zu Farben Vintz": Unternehmen in Mühlhausen feiert 150 Jahre Firmengeschichte
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16. Januar 2025, 15:07 Uhr
Farben Vintz in Mühlhausen kann auf eine 150 Jahre Unternehmensgeschichte zurückblicken. Am 15. Januar wurde das Jubiläum gefeiert. Vor allem mit persönlicher Beratung und einem breiten Angebot will sich das Unternehmen heute von Baumärkten abheben. Ein Blick auf ein Thüringer Familienunternehmen in fünfter Generation.
Das Familienunternehmen Farben Vintz OHG in Mühlhausen hat am 15. Januar 2025 sein 150-jähriges Bestehen gefeiert. Die 36-jährige Julia Grasse-Stitz leitet das Unternehmen seit acht Jahren in fünfter Generation gemeinsam mit ihren Eltern Susanne und Rene Stitz. Seit 32 Jahren hat die Firma ihren Stammsitz im Gewerbegebiet An der Trift.
Mehr als 100 Jahre war Farben Vintz im Stadtzentrum in der Jüdenstraße zu Hause, wo es schließlich zu wenige Parkplätze und Lagerflächen gab. Zum Unternehmen gehören insgesamt zehn Mitarbeiter; es setzt auf persönliche Beratung und ein Angebot, das sich von dem der Baumärkte abhebt.
Zum Aufklappen: Die Firmengeschichte
Johann-Carl Vintz (1848 - 1922) trat damals in das Farben-, Polster- und Drogeriengeschäft Fischer in Langensalza ein, zog aber ein Jahr später nach Mühlhausen. Im November 1876 wurde die Firma Fischer & Vintz aufgelöst und ebenfalls nach Mühlhausen verlegt. Bereits acht Jahre später wurde ein Grundstück in der Wahlstraße 22 in Mühlhausen erworben; heute ist dieser Teil der Straße die Jüdenstraße.
Im Jahr 1912 übergab Carl Vintz die Geschäfte an seinen Sohn Gustav-Paul Vintz (1882-1954) und verabschiedete sich ein Jahr später in den Ruhestand. Am 9. November 1938, dem Tag der Reichspogromnacht, stellte sich der damalige Firmenbesitzer Paul Vintz vor den Nationalsozialisten auf sagte angesicht der Fackeln, dass es gefährlich sei, das Nachbarhaus anzuzünden. Schließlich seien Unmengen an Farben und Lacken gelagert. Die Synagoge, die sich bis heute in einem Hinterhaus befindet, wurde trotzdem geschändet und stark beschädigt. Angezündet wurde sie nicht.
1947 folgten in 3. Generation Ernst-Martin Vintz (1922-2017) und Joachim Vintz (1924-2012). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Firmenbesitz beschlagnahmt. Ab 1992 folgten in vierter Generation Ulrich und Margit Vintz sowie Susanne (geborene Vintz) und Rene Stitz. Nach dem Abschied von Ulrich und Margit Vintz ist seit 2017 Tochter Julia Grasse-Stitz dabei.
Bereits 1968 war der Umzug von der Wahlstraße 28 in die 22 erfolgt. Nachdem das Unternehmen in 1970er-Jahren als Kommissionshändler zugelassen wurden, wurden 1991 die neuen Geschäftsräume in der Jüdenstraße (ehemals Wahlstraße 22) eröffnet. Im Gewerbegebiet An der Trifft baute die Familie 1993 eine Verkaufs- und Lagerhalle; auch um den Großhandel zu erweitern. In der Innenstadt in Mühlhausen war zu wenig Platz zum Lagern und für Lkw. Der neue Firmensitz wurde Im März 1993 mit einer Hausmesse eröffnet.
Das Erfolgsrezept des Unternehmens
Im neuen Firmensitz stehen auf 1.000 Quadratmetern Verkaufsfläche rund 30.000 Artikel zur Auswahl. Vier von fünf Kunden sind Firmen, alle anderen sind private Stammkunden. Sie können zwischen Maler- und Dekorationsbedarf, Tapeten, Farben, Fußböden, Wandputz und Werkzeugen wählen.
Besonderes Angebot: Ein Tapetenbuch mit 150 Sorten und weitere 100 Tapetenkollektionen zum Anschauen; die Tapeten sind auf Lager und können sofort mitgenommen werden.
Die Kunden fühlen sich bei uns gut aufgehoben. Wenn sie das Geschäft zufrieden verlassen, sind wir es auch.
Den Markt öffnet die Familie täglich ab 6 Uhr, damit die Handwerker noch vor ihrer Arbeit auf der Baustelle oder beim Kunden das benötigte Material holen können. Kunden kommen aus der gesamten Region; ausgeliefert wird im Umkreis von 100 Kilometern.
Von Baumärkten will sich das Familienunternehmen auch durch gute Beratung abheben. "Wir rennen nicht vor Kunden weg", sagt Ehefrau Susanne Stitz "Die Kunden fühlen sich bei uns gut aufgehoben. Wenn sie das Geschäft zufrieden verlassen, sind wir es auch."
Farb-Sonderedition zum Jubiläum
Zum Jubiläum ist eine Sonderedition an Farbe erschienen. Mit einem Farbscanner und -mischer können sich Kunden ihren persönlichen Farbwunsch mischen lassen. Die Kundenwünsche und das Sortiment haben sich laut Rene Stitz besonders in den letzten 30 Jahren verändert.
Zu DDR-Zeiten seien die Kunden froh gewesen, wenn sie überhaupt etwas bekommen haben und freuten sich zum Beispiel über Rauhfasertapete. Jetzt gibt es alles.
Seit 2017 drei Gesellschafter
Seit 2017 ist die damals 28-jährige Julia Grasse-Stitz dabei, die Tochter von Susanne und Rene. Die Firma kennt sie von Kindesbeinen an. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium erwarb sie die Gesellschafteranteile von Tante und Onkel. Hier sei viel Abwechslung, gutes Klima zu finden und nun auch die Nachfolge gesichert, sagt sie. Als Tochter Eva mal krank war, habe man sich gut absprechen können. "Wir sind ein gutes Team", bestätigen alle drei Gesellschafter.
Hinter allen Zahlen stehen Menschen und ein gutes Team.
Trotz der vielen Arbeit komme der Spaß nicht zu kurz. Beim Empfang anlässlich des Firmenjubiläums waren rund 70 Freunde, Partner, Kunden und Lieferanten dabei. Der Mühlhäuser Bürgermeister Jan Riemann (FWG) sprach vom Markenzeichen "Farben Vintz". Bis heute sage niemand "Wir gehen Tapete oder Farbe kaufen", sondern "wir gehen zu Farben Vintz".
Julia Grasse-Stitz hat beim Empfang an die nicht immer einfache Firmengeschichte erinnert, an ihre Vorfahren. "Hinter allen Zahlen stehen Menschen und ein gutes Team", sagte die 36-Jährige. "Unsere besondere Stärke ist die Verbindung von Innovation und Tradition".
Die Produkte von Farben Vintz gebe es überall; aber nicht die Beratung. Da mache sich auch die enge Verbindung zu den Lieferanten bemerkbar. Das habe sich auch bei der jährlichen Hausmesse gezeigt. Günther Richter vom Bundesverband des Mittelstädtischen Wirtschaft (BVMW) sprach vom großen Glück der Firma, dass es immer Kinder gebe, die das Unternehmen weiterführen.
Jüngster Gast beim Jubiläumsempfang war Julias Tochter Eva. Sie wird auch in der Firma groß, sagt Mutter Julia. Eva hilft gern beim Verpacken von Werbegeschenken oder Briefumschläge zuzukleben, sagt die Achtjährige. Sie wolle später auch mal bei Farben Vintz arbeiten. Ob das eintritt, bleibt abzuwarten. Wenn nicht, sei es auch nicht so schlimm, sagt ihre Mutter.
MDR (cgo/cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 15. Januar 2025 | 18:00 Uhr
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