Nordhausen Schmutziges Geheimnis im Keller: Staatliche Berufsschule kämpft gegen Verfall
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15. Februar 2024, 10:52 Uhr
Einsturzgefährdete Fassaden, alte Fenster, Schimmel und DDR-Charme - die Schulleitung des Staatlichen Berufsschulzentrums kritisiert den Zustand einiger Gebäudeteile. Mit dieser Infrastruktur sei man nicht zukunftsfähig. Seit Jahren ist in der Berufsschule des Landkreises wenig passiert.
Das Staatliche Berufsschulzentrum Nordhausen hat viel Licht, wirft aber auch dunkle Schatten. Das weiße Gebäude mit seiner klassizistischen Fassade mitten in Nordhausen gehört zu den Vorzeigeobjekten der Berufsschule. Der Standort hat hohe Fenster, breite Gänge und ein vergleichsweise modernes Ambiente. "Hier laden wir gerne hohen Besuch ein, etwa aus den Erfurter Ministerien. Der andere Standort ist nicht vorzeigbar", sagt der stellvertretende Schulleiter Mathias Wiegleb.
Dieser andere Standort, von dem Wiegleb spricht, befindet sich am Stadtrand. Hier werden technische, gewerbliche und kaufmännische Berufe ausgebildet. Zumindest von der Straße aus wirkt auch dieser Schulteil normal. Gelbliche Fassade, weiße Fenster und blaue Türen. Schäden sind für Betrachter kaum zu erkennen. Doch wer den Weg in den Hof wagt, lernt die maroden Teile der Schule kennen.
Seit den 1980ern nichts passiert
Dort steht ein grauer Kasten, der noch zu DDR-Zeiten in Plattenbauweise errichtet wurde. Die meisten Fensterrahmen bestehen aus Holz. Die Fassade ist sichtlich in die Jahre gekommen und wurde stellenweise ausgebessert. Seit den 1980er-Jahren soll hier nichts mehr passiert sein.
Der graue Kasten ist über einen Zwischenbau mit dem Hauptgebäude verbunden. Auch dieser Gebäudeteil ist marode. Die Fassade des Zwischenbaus gilt als brüchig. Deshalb stehen Bauzäune davor, damit niemand dem Gebäude zu nahe kommt und von herabfallenden Teilen getroffen wird.
Selbst von innen mussten die Fensterwände des Zwischenbaus abgesichert werden. Absperrungen, die wie überdimensionale Holzpaletten wirken, wurden vor die Fenster geschraubt. Den Grund erklärt der stellvertretende Schulleiter Mathias Wiegleb: "Die Fassade und die Fenster sind teilweise einsturzgefährdet, sodass sie niemand berühren darf. Deshalb haben wir diese Absperrung hier auch von innen."
Kulisse für einen Ostalgie-Film
Auch jenseits der gravierenden Mängel wirken die Klassenzimmer und Flure in die Jahre gekommen. Gummiartige Fußböden, alte Tapeten und hölzerne Fenster wirken aus der Zeit gefallen. "Wenn man nochmal einen Ostalgie-Film drehen möchte, kann man das hier machen", sagt Schulleiterin Ines Börner ironisch. Trotzdem wurde auch modernisiert.
Fast alle Klassenzimmer haben W-Lan und große Bildschirme für den Unterricht erhalten. Doch die schlechte Gebäudesubstanz lasse weitere Modernisierungen kaum zu, so Börner. Das störe bereits Unternehmen, die ihre Azubis an das Staatliche Berufsschulzentrum schicken. Die Technik im Unterricht hänge bereits der Technologie der Ausbildungspartner hinterher.
Doch nicht nur die Gebäude am Stadtrand haben Probleme. Auch das Vorzeigeobjekt innerhalb der Stadt birgt ein schmutziges Geheimnis hinter seiner klassizistischen Fassade. Im Keller des Standortes schimmelt es über mehrere Räume hinweg. Feuchtigkeit dringt dort seit Jahren ungehindert in die ehemaligen Klassenzimmer ein. Kristin Krauß, Leiterin der Gesundheitsberufe, sagt: "Dort wächst der Schimmel nicht nur als Flecken an der Wand. In den Räumen wachsen richtige Schimmelpilze - mit Stiel und Schirm."
Schleuse und Luftentfeuchter gegen den Schimmel
Spätestens seit 2009 ist das Problem bekannt. Damals wurde der Trakt samt allen Klassenzimmern versiegelt. An der einen Seite des Flurs wurde sogar eine Schleuse hochgezogen. Die andere Flurseite wurde abgeschottet. Davor steht ein Luftentfeuchter, der gegen die Feuchtigkeit ankämpft.
Vergebens: Denn die Wände bilden sichtbare Feuchtigkeitsblasen. Selbst durch die Steinplatten am Boden ziehen sich dunkle Wasserflecken. Das Wasser kämpft sich langsam weiter in das Gebäude vor. An dieser Stelle müssen die Schülerinnen und Schüler vorbei, wenn sie in der Aula zu einer Veranstaltung müssen.
Grund für diesen Verfall war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen Landkreis und einem Planungsbüro. Landrat Matthias Jendricke (SPD) schilderte beim Kreistag im Februar das Problem. Wegen der Gerichtsprozesse musste der verschimmelte Trakt quasi als Beweislast erhalten werden. In dieser Zeit konnten die Pilze weiter wachsen.
Das Ergebnis vor einem Jahr war, dass der Landkreis Nordhausen keinen Anspruch auf Wiedergutmachung erhielt. "Die Mittel zur Sanierung müssen vom Landkreis kommen, das ist mittlerweile klar. Und dazu braucht es eben ein Bekenntnis zum Berufsschulstandort Nordhausen", so Matthias Wiegleb, stellvertretender Schulleiter.
1.100 Schüler lernen am Berufsschulzentrum
Trotz der Mängel sei man auch stolz auf die Stärken des Staatlichen Berufsschulzentrums. Man bilde eine breite Palette an Berufen aus, die die wirtschaftliche Grundlage des Landkreis Nordhausen bilden. Pflegeberufe, Metall- oder Fahrzeugtechnik bis hin zu Wirtschaft und Verwaltung werden angeboten. Doch der Zustand der Gebäude droht, zukünftige Generationen an Schülern und Lehrern abzuschrecken.
Noch sei man eine der größten Schulen der Region, mit 1.100 Schülern. Doch bei den Lehrkräften spüre man den demografischen Wandel bereits. Einige Stellen könnten kaum nachbesetzt werden. "Wenn wir weiter Auszubildende und Lehrer anziehen und konkurrenzfähig bleiben wollen, müssen unsere Gebäude modernisiert werden", sagt Schulleiterin Börner.
Eine mögliche Lösung für die Situation wurde bereits im Nordhäuser Kreistag diskutiert. Im vergangenen Jahr beschloss das Kreisparlament ein neues Konzept für das Berufsschulzentrum. Dem Beschluss zufolge sollen die unterschiedlichen Standorte zu einem Campus zusammengefügt werden. Dazu soll am Standort in der Innenstadt auch ein Ersatzneubau entstehen. In dem Beschluss heißt es: "Für die weitere Sicherung des Berufsschulstandortes Nordhausen ist es zwingend erforderlich, eine attraktive Berufsschule auf hohem technischen Ausstattungsniveau vorzuhalten."
Landkreis Nordhausen ist pleite
Problematisch ist allerdings, dass der Landkreis Nordhausen pleite ist. Der Kreis befindet sich in der Haushaltskonsolidierung. Für die Berufsschule sind für 2024 zwar 70.000 Euro für den verschimmelten Keller eingeplant und 250.000 Euro bis zum Jahr 2025.
Doch im neuesten Haushaltsentwurf sind keine Kredite eingeplant. Selbst investieren kann der Landkreis kaum. Die grundlegende Neugestaltung des Staatlichen Berufsschulzentrums Nordhausen hängt allein von Fördermitteln ab. Und, dass diese auch beantragt und gewährt werden.
MDR (aku/sar)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 15. Februar 2024 | 08:30 Uhr
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