Kyffhäuserkreis Friedrichsrode: Ein Thüringer Dorf zwischen Stromausfall und Funkloch
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18. Juli 2023, 19:33 Uhr
Friedrichsrode im Kyffhäuserkreis ist eine handyfreie Zone. Zumindest was den Mobilfunk angeht. Wenn dann noch der Strom ausfällt, gehen auch Internet-Router und Telefone aus. Bei Notfällen kann das gefährlich werden. Doch das Funkloch hat nicht nur Gegner.
Der jüngste Stromausfall ist zwei Wochen her. Nicht für einige Minuten, sondern zwei Stunden war Friedrichsrode ohne Elektrizität. Ortsteilbürgermeisterin Christiane Wiesemann sagt, das sei nicht ungewöhnlich: "Im Frühjahr hatten wir einen Stromausfall, der dauerte drei bis vier Tage".
Nach Friedrichsrode fließt der Strom teilweise oberirdisch. Über Masten, deren Leitungen anfällig für umstürzende Bäume sind. Bei Gewittern und Stürmen verliert der Ort schon mal die Verbindung. Selbst bei Baumfällarbeiten wurde die Stromzufuhr schon gekappt.
Zwar wird das Dorf bei einem Stromausfall über einen Generator versorgt, doch dieser muss angeliefert werden. Das kann dauern. Ortsteilbürgermeisterin Wiesemann bereiten diese Stunden Bauchschmerzen: "Bei einem Stromausfall können medizinische Notfälle oder ein Feuer wirklich gefährlich werden. Wir könnten höchstens mit dem Auto Hilfe holen oder eine Viertelstunde auf ein Feld hinauslaufen. Dort gibt es etwas Funk."
Glasfaser-Internet ohne Mobilfunk
Friedrichsrode schlängelt sich an einer Hauptstraße zwischen grünen Hügeln. Einen Kilometer vor dem Ort ist kein Mobilfunknetz mehr verfügbar, einen Kilometer danach erscheinen die Balken wieder auf dem Handy. Das ganze Tal ist ein einziges Funkloch.
Bis zu 70 Einwohner leben hier. Größter Arbeitgeber ist die Putenfarm, Dorfzentrum der Kunsthof mit seinem Schullandheim. Jedes Jahr strömen unzählige Menschen zu Veranstaltungen wie dem Kunstmarkt. Friedrichsrode versteht sich als Künstlerdorf.
Obwohl der Ort Probleme mit Mobilfunk hat, ist er nicht offline - im Gegenteil. Bereits vor zehn Jahren wurden Glasfaserkabel verlegt. Die Gemeinde kämpfte mit vielen Telefonaten um den Internetanschluss, sagt Christiane Wiesemann. Die Putenfarm baggerte selbstständig 800 Meter Graben für die Leerrohre aus. Heute laufen die Router problemlos, solange es Strom gibt. Der Kunsthof bietet sogar einen kostenlosen WLAN-Hotspot an.
Hilfe rufen per Handy nicht einfach so möglich
Ein Problem wird das Funkloch nicht nur bei Stromausfällen für Anwohner, sondern auch für Autofahrer und Pendler. Friedrichsrode ist ein Durchfahrtsdorf mit einer zentralen Straße. Annika Gast, Leiterin des Kunsthofs, erinnert sich an einen Motorradfahrer der kürzlich vor ihrer Tür stand. Der Mann fluchte, er sei mit seiner Maschine oben im Wald liegen geblieben. Er suchte ein Telefon, um eine Werkstatt zu kontaktieren.
Trotzdem kann Annika Gast dem Funkloch auch etwas Gutes abgewinnen: "Das ist wie digitaler Detox hier. Auf unseren Veranstaltungen habe ich beobachtet, dass die Menschen eben keine Videos aufnehmen, um sie gleich ihren Freunden zu schicken. Man ist voll auf die Musik konzentriert. Nirgendwo piept es."
Schüler blicken verdutzt aufs Smartphone
Auch für das Schullandheim im Kunsthof hat das Funkloch gute Seiten. Zumindest Lehrer freuen sich regelmäßig, wenn die Schüler verdutzt auf das Smartphone starren. Zumindest solange, bis die Kids den WLAN-Hotspot entdecken.
Trotzdem ist sich Annika Gast der Gefahren bewusst: "Wenn hier mal ein Allergiker im Wald von einer Biene gestochen wird, zählt jede Minute. Darum hab ich auch größtes Verständnis, wenn wir endlich ans Mobilfunknetz angeschlossen werden", sagt die Kunsthofleiterin.
Das könnte in naher Zukunft passieren. Zumindest dank des 2018 beschlossenen "Sondervermögens Digitale Infrastruktur" der Bundesregierung sollen die weißen Flecken auf den Mobilfunk-Karten bald verschwinden. Ortsteilbürgermeister Christiane Wiesemann hofft auf diesen Tag.
MDR (aku/mm)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 18. Juli 2023 | 18:05 Uhr
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