Bundeswehr-Übung Ohne Logistik geht's nicht: Versorgungsbataillon aus Thüringen unterstützt kämpfende Truppe
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05. Juni 2022, 20:08 Uhr
Seit Monaten bereitet sich die Panzergrenadierbrigade 37 "Freistaat Sachsen" auf eine spezielle Aufgabe vor. Im Jahr 2023 wird sie Leitverband der schnellen Nato-Eingreiftruppe VJTF sein, deren Aufgabe es ist, Angreifern auf das Nato-Bündnisgebiet als erste entgegenzutreten. Mitte Mai hat die Brigade mit insgesamt 7.500 Soldatinnen und Soldaten in der Lüneburger Heide ein weiteres Mal trainiert. Im Fokus stand dabei die Unterstützung der Kampftruppen durch Logistiker und Versorger.
Langsam fährt der Bergepanzer "Büffel" an die Panzerhaubitze heran. Kurz vor dem Geschütz stoppt er, und Soldaten nehmen das Ungetüm an den Haken. Langsam setzen sich die beiden Stahlkolosse in Bewegung, der "Büffel" schleppt die Haubitze zum nahegelegenen Reparaturplatz. Dort kommt kurze Zeit später der Kran des Bergepanzers zum Einsatz. Mit seiner Hilfe heben Soldaten die zentnerschwere Motorabdeckung der Panzerhaubitze ab. Deren Motor muss repariert werden.
Deutsche, Belgier, Norweger und Niederländer arbeiten zusammen
Auf dem Reparaturplatz, den das Versorgungsbataillon 131 der Bundeswehr aus Bad Frankenhausen hier auf dem Truppenübungsplatz Bergen in der Lüneburger Heide aufgebaut hat, herrscht einiger Betrieb. Überall stehen Fahrzeuge - Lkw, Leopard-Panzer, Marder-Schützenpanzer, sogenannte Geschützte Kranfahrzeuge mit Panzerung, und eben auch eine Panzerhaubitze 2000. Während sich einige Soldaten des Thüringer Bataillons an dem Geschütz, das derzeit wegen des Ukrainekrieges in aller Munde ist, zu schaffen machen, stapeln gegenüber andere Soldaten mit einem Gabelstapler Lkw-Reifen. Es sind Belgier.
Sie gehören zu einer Logistikeinheit der belgischen Armee, die dem Kommandeur des Versorgungsbataillons 131, Oberstleutnant Sven Heidel, zeitweise unterstellt ist. Denn Heidel ist auch Chef des multinationalen Logistikbataillons der Nato-Eingreiftruppe VJTF23. Dabei handelt es sich um die sogenannte Speerspitze der Nato Response Force, einer Eingreiftruppe des westlichen Militärbündnisses. Ihre Aufgabe: Als erste Truppe einem Angreifer, der die Nato auf deren Bündnisgebiet attackiert, entgegentreten. Leitverband der "Speerspitze" VJTF ist im Jahr 2023 die Panzergrenadierbrigade 37 "Freistaat Sachsen", zu der auch das Versorgungsbataillon in Bad Frankenhausen gehört.
Das gesamte Bataillon ist im Einsatz
In der Lüneburger Heide - es ist Mitte Mai - übt die Brigade gemeinsam mit Einheiten aus acht weiteren Ländern unter anderem Artilleriegefechte und die logistische Sicherstellung eines Kampfeinsatzes. Denn Geschütze brauchen Munition, Fahrzeuge Sprit und Soldaten Ausrüstung. Sie damit zu versorgen, ist die Aufgabe von Heidels Truppe. "Wir sind jetzt hier im Rahmen der Übung mit weit über Tausend Soldaten. Der Bereich der Logistik ist immer ein großer Bereich, weil wir das gesamte Spektrum sicherstellen müssen - die klassische Betankung, Munitionsversorgung, Instandsetzung, der ganzen Transporte." Das gesamte Bataillon aus Thüringen ist hier im Einsatz, hinzu kommen Versorger und Logistiker aus Belgien, Norwegen und den Niederlanden.
Die Zusammenarbeit sei sehr gut, lobt Heidel. "Wir führen alles gemeinsam durch, gemeinsame Transporte, gemeinsame Instandsetzungsarbeiten. Die Soldaten schrauben hier auf der Platte gemeinsam am Gerät." Es sei für ihn schön zu sehen, wie professionell die beteiligten Nationen im Bereich der Logistik zusammenarbeiteten.
Drei Viertel unterstützen ein Viertel
Heidels Vorgesetzter ist Brigadegeneral Alexander Krone. Der Kommandeur der Panzergrendierbrigade 37 verweist auf die große Bedeutung, die die sogenannten Unterstützungseinheiten haben. Allein 2.000 der hier bei der Übung eingesetzten 7.500 Soldatinnen und Soldaten seien nur für die Logistik zuständig. Hinzu kämen Pioniere, die beispielsweise Brücken über Gewässer bauen, ABC-Abwehrtruppen, die zum Einsatz kommen, wenn ein Gegner atomare, biologische oder chemische Kampfstoffe einsetzt, Sanitäter, Feldjäger und viele weitere Bereichen. Am Ende sorgten drei Viertel der Truppe dafür, dass ein Viertel - die eigentliche Kampftruppe - ihre Aufgabe erfüllen könne, sagt Krone.
Deren Arbeit steht auch im Zentrum dieser Übung hier in der Lüneburger Heide, erläutert der General. Es handele sich um eine sogenannte Feldeinsatzübung. Das bedeutet, dass die beteiligten Truppenteile nicht nur allein auf dem Übungsplatz selbst trainieren, sondern auch in der angrenzenden Region unterwegs sind. "Das Gebiet reicht von Lüneburg im Norden bis Hannover im Süden." Der Sinn dahinter: "Sie brauchen einfach auch mal reale 50 Kilometer Weg, um den Transport über längere Strecken zu üben", sagt Krone.
Instandsetzung bei "Bauer Schulze auf dem Hof"
Ein weiterer Effekt, den sowohl Krone als auch Heidel ganz offen benennen: Die Bundeswehr sei wieder mehr sichtbar. Man habe Instandsetzungspunkte "beim Bauer Schulze auf dem Hof", sagt Krone, und Bataillonskommandeur Heidel verweist auf Dorfgemeinschaftshäuser, in denen Soldaten untergebracht seien. Dadurch gebe es enge Kontakte mit der Bevölkerung. "Wir sind überall herzlich willkommen gewesen", sagt Heidel. "Und das merkt man auch bei den Kindern, die an der Straße winken, weil die einfach mal Soldaten auch hautnah erleben können."
General Krone meint, diese Präsenz in der Fläche fördere auch den Dialog und das Verständnis zwischen Militär und dem zivilen Bereich. "Wir nehmen das auch als Chance." Die Bundeswehr zeige nun wieder, dass sie sich nicht in Kasernen und auf Übungsplätzen verstecke. Kontakte mit der Bevölkerung ermöglichten einen Dialog, in dem auch kritische Fragen an das Militär gestellt würden. "Das ist vollkommen normal und man kann das miteinander besprechen", sagt Krone. "Ich glaube, das bringt uns allgemein weiter und bringt auch so ein Bewusstsein, dass nicht das Militär auf der einen Seite und die zivile Gesellschaft auf der anderen Seite steht". Es sei vielmehr "ein Räderwerk, das ineinandergreift".
MDR (dr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 05. Juni 2022 | 19:00 Uhr
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