Ehrenamt Katastrophenschutz: "Das Schönste ist, wirklich helfen zu können"
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20. Mai 2022, 15:34 Uhr
Fast 3.000 Menschen arbeiten in Thüringen ehrenamtlich beim Katastrophenschutz. Eine davon ist die 29-jährige Franziska Tielsch aus Weimar. Unzählige Stunden für Ausbildung, Übungen und Einsätze stehen dem befriedigenden Gefühl gegenüber, Menschen wirklich helfen zu können.
Franziska Tielsch wollte eigentlich immer Soldatin werden. Als Jugendliche war sie bei der Freiwilligen Feuerwehr, später ging sie tatsächlich zur Bundeswehr. Als sie dann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dort arbeiten konnte, brach für sie eine Welt zusammen.
Neue Heimat beim Katastrophenschutz gefunden
Ihre ehrenamtliche Arbeit in der DLRG half ihr damals ungemein und ein Besuch beim Katastrophenschutz änderte dann alles: "Ich wollte eigentlich nur mal gucken, hatte auch Muffins für die Kameradinnen und Kameraden gebacken. Aber als ich dann hier war, gesehen habe, wie die arbeiten, war ich sofort hin und weg!"
Franziska ist für uns eine echte Bereicherung.
Die Kameradschaft, das Arbeiten Hand in Hand, die klaren Hierarchien - all das ließ Franziskas Herz höher schlagen und noch am gleichen Abend rief sie bei Zugführer Stefan Keck an: "Ich hab ihm gesagt, dass ich da unbedingt mitmachen muss!" Aufgrund der guten Vorkenntnisse, die Franziska von der Bundeswehr mitbrachte, ging dann auch alles ganz schnell. Stefan Keck: "Franziska ist für uns eine echte Bereicherung".
Zwei Jahre ist das jetzt her. Es folgten Weiterbildungen, Übungen, Qualifizierungen und Einsätze. Franziskas Begeisterung ist in dieser Zeit noch größer geworden, die Zeit, die sie in ihr Ehrenamt investiert, kann und will sie nicht so genau beziffern. Genausowenig kann sie sagen, welche Aufgaben besonders spannend sind.
Das Schöne ist einfach, dass man seine Fähigkeiten einsetzen kann, um zu helfen.
Egal, ob die Absicherung des Weimarer Stadtlaufes, Hilfe bei Dreharbeiten, Einsätze als Rettungsschwimmerin am Alperstedter See, Hilfe für die Flutopfer im Ahrtal oder Übungen im Sandsack-Stapeln - Franziska begeistert sich für alles. "Das Schöne ist einfach, dass man seine Fähigkeiten einsetzen kann, um zu helfen. Dafür lohnen sich auch die vielen Wochenenden, die ich mit Schulungen verbringe."
Franziska ist inzwischen nicht nur Rettungsschwimmerin und Sanitäterin, sie ist mittlerweile zuständig für die Prüfung der Ausrüstung des Katastrophenschutzes in Weimar. Einmal im Jahr müssen die Gurtsätze, die Seile und Verbindungen kontrolliert werden.
Den Weimarer Katastrophenschützern reicht das allerdings nicht. Hier wird das vor und nach jeder Übung und jedem Einsatz gemacht: "Meine Kameraden verlassen sich ja darauf. Im Ernstfall hängt ihr Leben davon ab", sagt Franziska.
Derzeit lässt sie sich zur Strömungsretterin ausbilden, soll außerdem bald Assistentin des Zugführers werden. Auch wenn das wieder viele Stunden Schulung erfordert, freut sich die 29-Jährige darauf: "Ich will auch gefordert werden, ich finde es wichtig, bis an die persönliche Grenze zu gehen und herauszufinden, wo die überhaupt liegt."
Auch privat enge Verbindungen
Wenn man so viel Freizeit gemeinsam verbringt, wächst man natürlich auch privat zusammen, erzählt Franziska: "Ich würde schon sagen, das ist ein bisschen wie Familie. Als mein Keller zu Hause mal unter Wasser stand, hab ich beispielsweise nicht meinen Vater angerufen, sondern meine Kameraden."
Und ganz oft sitzen sie nach dem Training auch noch zusammen zum Quatschen. Und das, obwohl die Altersspanne beim Katastrophenschutz in Weimar von 18 bis 60 Jahren reicht.
Zahlen und Fakten zum Thüringer Katastrophenschutz
Gemäß Thüringer Katastrophenschutzverordnung werden für die Wasserrettung zwei Wasserrettungszüge aufgestellt, deren Teileinheiten sich über den gesamten Freistaat dezentral verteilen.
Im Jahr 2021 wurden insgesamt neun Rettungsboote inkl. Trailer mit ca. 90.000 Euro pro Boot & Trailer vom Freistaat Thüringen beschafft.
Im ehrenamtlichen Bereich sind ca. 2.500 bis 3.000 Helfer des Katastrophenschutzes in Thüringen tätig. Diese setzen sich aus den Angehörigen der Feuerwehren und der privaten Hilfsorganisationen und anderer privater Organisationen zusammen.
Der Freistaat Thüringen hat für einheitliche Standards im Katastrophenschutz erstmals im Jahr 2010 eine Thüringer Katastrophenschutzverordnung (ThürKatSVO) erlassen. Diese Verordnung wurde im Jahr 2020 erstmals umfassend geändert. Mit der ThürKatSVO werden die Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes in Thüringen einheitlich beschrieben.
Jährlich werden vom Land Thüringen ca. acht bis neun Millionen Euro für Investitionen in den Katastrophenschutz bereitgestellt. Dies umfasst neben den Fahrzeugbeschaffungen auch Beschaffung von Materialien für die Katastrophenschutzlager sowie deren Bewirtschaftung. Für die Kosten der Aus- und Fortbildung im Katastrophenschutz werden zudem Mittel durch die Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule bereitgestellt.
Der Katastrophenschutz ist eine Aufgabe der Länder. Die jeweiligen Ausrichtungen in der Organisation, Ausstattung und Planung im Katastrophenschutz sind von verschiedenen Voraussetzungen abhängig, die je nach Land unterschiedlich ausfallen können. Beispielsweise sind die jeweiligen Hauptgefahren in den Bundesländern sowie die kommunalen Strukturen der Gefahrenabwehr maßgeblich für die Ausrichtung des Katastrophenschutzes (Stichwort "Hochwasserschutz aufgrund von großen Flussläufen", "Küstenstaat" etc.).
Auch die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr in Weimar und der Stadt funktioniert hier absolut reibungslos, ergänzt Zugführer Stefan Keck: "Die wissen, was wir können und alarmieren uns im Fall der Fälle sehr schnell.
Und auch wenn im Falle einer solchen Alarmierung Franziska gerade beim Grillen sitzt oder auf dem Sofa liegt und liest - sie stellt die Benachrichtigung vom Katastrophenschutz nie leise und macht sich sofort auf den Weg. Um Menschen zu retten, auch wenn sie dafür an ihre Grenzen gehen muss.
MDR (gh)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | exactly | 25. April 2022 | 08:00 Uhr
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