Hochschule für Musik Franz Liszt "Voices of Women": Projekt in Weimar will Komponistinnen sichtbarer machen
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12. April 2024, 17:57 Uhr
Frauen, die komponieren, sind noch immer unterrepräsentiert. Das EU-Projekt "Voices of Women" will das ändern und bringt Musik-Studierende und Lehrende aus Weimar, den Niederlanden und Norwegen zusammen. In Konzerten, Vorträgen und Diskussionen haben sich die Teilnehmenden bei einer Konferenz in Weimar den Biografien und Werken weiblicher Komponistinnen gewidmet – auch um die Vielfalt im Repertoire der Musikschulen zu erhöhen.
- In Weimar hat die internationale Konferenz "Voices of Woman" stattgefunden, die Musikerinnen stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken will.
- Sowohl Frauen im Jazz als auch Komponistinnen des 18. Jahrhunderts standen dabei im Fokus.
- "Voices of Women" will vor allem an Musikhochschulen mehr Gleichberechtigung bewirken.
Eine musikalische Ausbildung war bis ins 20. Jahrhundert in Europa hauptsächlich der Mittel- und Oberschicht vergönnt. Sie war teuer und fand häufig nur im privaten Raum statt. Frauen durften außerdem nicht beruflich tätig sein, sollten den Haushalt führen statt zu komponieren.
"Es gab erst ab 1843 eine öffentliche Musikhochschule in Leipzig, die überhaupt Frauen aufgenommen hat", sagt Lena Haselmann-Kränzle, Professorin für Gesang und Stimmbildung an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar und Projektleiterin von "Voices of Women". Trotz dieser Umstände sind einige Kompositionen von Frauen entstanden.
So veröffentlichte Fanny Hensel, die Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy, einige Stück unter dem Namen ihres Bruders. Das mache es jetzt natürlich schwieriger, die Kompositionen zuzuordnen, erklärt Haselmann-Kränzle. Doch der Aufwand, länger nach Noten weiblicher Komponisten zu graben, würde sich lohnen, so die Professorin.
Konferenz in Weimar rückt Musikerinnen in den Fokus
Haselmann-Kränzle möchte weibliche Komponistinnen mit "Voices of Women" in den Fokus rücken. Das Projekt wird von der EU finanziert und ist eine Kooperation mit Forschenden aus den Niederlanden und Norwegen. Begonnen hat es im Januar 2022, die Tagung in Weimar ist bereits die zweite. In Vorträgen und Diskussionen haben sich die Teilnehmer mit der Materie auseinandergesetzt.
So referierte die Weimar Master-Musikwissenschaftsstudentin Constanze Zacharias über Frauen im Jazz. Frauen seien dort zwar von Anfang an vertreten gewesen, aber würden in der Geschichtsschreibung nicht erwähnt, so Zacharias. "Als die USA in den Zweiten Weltkrieg eintraten und die Männer eingezogen wurden, wurden die Bigbands ausschließlich mit Frauen besetzt. Es gab wirklich hunderte", sagt Zacharias. Doch die Geschichtsschreibung umzukehren, sei schwierig, so die Studentin.
Frauen in der Musik des 18. und 19. Jahrhunderts
Professorin Lise Meling aus dem norwegischen Stavanger referierte über weibliche Komponistinnen im 18. und 19. Jahrhundert in England. Und zeigte anhand von sogenannten "subscription lists", dass sich auch damals schon Männer für die Werke von Frauen interessierten.
"Die 'subscription lists' waren eine Art Abo-System, bei dem Interessierte im Voraus für Kompositionen bezahlt haben. Und da gab es eben viele Männer, die die Kompositionen von Frauen abonniert haben. Das heißt, sie mochten die Kompositionen der Frauen – sonst hätten sie nicht im Voraus dafür bezahlt", so Meling.
Außerdem hätten die Frauen mehr Macht über die Musik in ihrem Haus gehabt, als man vielleicht denke. Sie hätten Salons veranstaltet und die Kompositionen ausgewählt, die gespielt wurden, erklärt die Professorin.
Gleichberechtigung – ein andauernder Kampf
Weitere Vorträge gab es unter anderem zum Geschlechterverhältnis im Kompositionsunterricht an der Weimarer Musikhochschule, sowie zur Opernsängerin Jenny Fleischer-Alt. Außerdem wurden mehrere "Meisterkurse" abgehalten, bei dem Gesangsstudierende verschiedene Stücke von Frauen vortrugen.
Projektleiterin Lena Haselmann-Kränzle möchte die Studierenden für die Geschichte der Frauen in der Musik sensibilisieren und dabei auch den Kampf für Gleichberechtigung thematisieren. "Da sind viele Einzelfiguren am Werk gewesen, die ihr ganzes Leben aufgegeben haben, um dafür zu kämpfen. Und ich glaube, es geht jetzt darum, eine Gleichberechtigung immer wieder zu hinterfragen und zu schauen, dass es nicht auch wieder in eine andere Richtung geht", so Haselmann-Kränzle.
Das "Voices of Women"-Projekt läuft noch bis zum Dezember diesen Jahres. Eine Fortführung ist geplant.
Redaktionelle Bearbeitung: vp
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Nachmittag | 12. April 2024 | 14:45 Uhr