Menschen sitzen auf einer Theaterbühne.
Sie haben sich auf die Fahne geschrieben, Goethes "Werther" emissionsfrei in Weimar auf die DNT-Bühne zu bringen. Bühnenbildner Philip Rubner (von links); Bühnenbildassistentin Sara Drasdo, DNT-Nachhaltigkeitsmanager Jakob Ripp. Bildrechte: Sophie Hartmann/MDR THÜRINGEN

Theater Klimaneutrale Theaterinszenierung: Wie Goethes Werther emissionsfrei auf die DNT-Bühne kommt

18. Januar 2024, 13:47 Uhr

Mit einer vollständig klimaneutralen Theaterproduktion von Goethes "Werther" will das Deutsche Nationaltheater Weimar die nächsten Schritte in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Der Realitätscheck zeigt: Ohne Kompromisse geht es nicht.

In diesem Jahr feiert Goethes "Die Leiden des jungen Werther" sein 250. Jubiläum. Das Deutsche Nationaltheater Weimar (DNT) widmet dem bekannten Briefroman über den jungen Mann, der aus Liebe eine Verzweiflungstat begeht, eine Neuinszenierung. Dass es sich hierbei um eine Jubiläumsausgabe handelt, geht aber hinter einem anderen Aspekt deutlich unter: Der neue "Werther", unter Regie von Swaantje Lena Kleff, wird klimaneutral produziert.

Nachhaltigkeitsmanager extra für Produktion angestellt

Die Produktion soll vollständig ohne CO2-Ausstoß auskommen - ein hochgestecktes Ziel. Nachhaltigkeit in dieser Form verdoppele die Kosten einer normalen Produktion, heißt es beim Theater. Unterstützung gibt es deswegen von der Bundeskulturstiftung und deren Förderprogramm "Zero". Für das Projekt wurde extra eine Stelle für einen Nachhaltigkeitsmanager am DNT geschaffen.

Aus Schaumstoff gemachtes Toastbrot für Schauspiel
Aus der Requisitenwerkstatt: Schaumstoffreste bekommen als Toastbrot ein zweites Leben. Bildrechte: Sophie Hartmann/MDR THÜRINGEN

Farben aus Sägemehl und weniger Plakate sparen Emissionen ein

Eine große Herausforderung sind die genutzten Materialien und die Ausstattung. Im DNT wird deshalb recycelt, was das Zeug hält. Stoffreste, alte Kostüme, übriggebliebene Hölzer und Pappen - alles kommt dem "Werther" zugute. In den Werkstätten ersetzen Naturfarben aus Sägemehl die Acrylfarben, Hölzer werden nicht mit Hochglanzlack, sondern mit Wachs beschichtet.

Auch die PR-Abteilung macht mit: Gedruckte Handzettel gibt es dieses Mal keine, stattdessen steht im Theaterfoyer nur ein Platzhalter. Ganz ohne eine Print-Kampagne will das DNT dann aber doch nicht die Aufführung starten und wirbt weiterhin mit Plakaten. Auch diese seien aber stark reduziert worden, wird versichert.

Menschen arbeiten in einer Bühnenbildner-Werkstatt.
Hier entsteht ein weiterer Teil des Bühnenbildes - das Christiane-Zimmer. Die Naturfarbe enthält unter anderem Sägemehl, auf Acryl wird vollständig verzichtet. Anstelle von Hochglanzlack wird das Holz mit Wachs beschichtet. Bildrechte: Sophie Hartmann/MDR THÜRINGEN

Besonders viel experimentiert wird beim Bühnenbild. Schon seit Monaten tüftelt Bühnenbildner Philip Rubner, wie das nachhaltig und trotzdem hochwertig sein kann. Denkbar sei zum Beispiel der Bau einer sogenannten Fundus-Bühne gewesen, erklärt er. Dabei werden bereits genutzte Requisiten und Bestandteile aus anderen Stücken wiederverwendet. Das sieht dann aber sehr "zusammengewürfelt" aus, findet Philip Rubner. "Uns war wichtig, dass man der Bühne nicht ansehen kann, dass es eine nachhaltige Produktion ist."

Wandteppich entsteht in Eigenproduktion

Bei einem der wichtigsten Bestandteile legt er deshalb selbst Hand an. Seit etwa einem Monat ist Philip Rubner täglich im E-Werk - einer der Spielstätten des DNT -, um dort einen Teppich herzustellen. Entstehen soll ein 41 Quadratmeter großer Wandteppich in der Optik einer grünen Wiese. Dafür haben er und Bühnenbildassistentin Sara Drasdo in kurzer Zeit die Tufting-Technik lernen müssen, mit der sie an guten Tagen zwei Quadratmeter schaffen.

Plan für Anfertigung eines Teppichs als Bühnenbild
So soll der getuftete Teppich aussehen, wenn er fertig ist. Insgesamt wird er 41 Quadratmeter groß sein. An einem guten Tag schaffen Philip Ruge und Sara Drasdo zwei Quadratmeter. Bildrechte: Sophie Hartmann/MDR THÜRINGEN

Der Grund dafür, dass sie den Teppich selbst herstellen: Wenn sie selbst tuften, können sie besser kontrollieren, welche Materialien sie verwenden und wo diese herkommen. Statt Acrylwolle wird für den Teppich ausschließlich Schafwolle benutzt. Aber ganz ohne CO2-Emissionen gehe es eben doch nicht, sagt Bühnenbildner Philip Rubner. Das beginne schon bei der Bestellung und Lieferung des Materials: "Nur, wenn ich das Schaf selbst schere, die Wolle selbst spinne und färbe, kann ich sicher sein, dass ich genau das habe, was ich möchte."

Der Unterboden eines Teppichs ist aufgehängt und auf ihm ist das Muster aufgezeichnet, mit dem er bestickt werden soll.
Tuften nach Zahlen. Für die spezielle Herstellungstechnik braucht man eine ruhige Hand. Weil die Tufting-Pistole sehr schwer ist, wird sie mit einem Seil gehalten. Bildrechte: Sophie Hartmann/MDR THÜRINGEN

Künftige nachhaltige Produktionen sollen von Erfahrungen profitieren

Die Emissionen, die sich nicht vermeiden lassen, sollen später kompensiert werden. Bei diesem Projekt gehe es aber vor allem ums Ausprobieren und darum, neue Möglichkeiten zu entdecken und diese zukünftig besser auszuschöpfen, sagt Nachhaltigkeitsmanager Jakob Ripp. Aus Erfahrungen, ebenso wie aus Fehlern, soll für zukünftige Schauspielproduktionen gelernt werden. Fakt ist: Der nachhaltige "Werther" soll kein einmaliges Leuchtturmprojekt bleiben. Am 10. Februar feiert das Stück in Weimar Premiere.

MDR (ost, soh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Morgen | 20. Januar 2024 | 09:00 Uhr

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